
Leiden Stücke der Nierenarterie durch eine eingebundene Kanüle,
so dass die Nierennerven durchschnitten waren, ohne dass den
Nieren der Zufluss des Blutes abgeschnitten war. Die hierauf
innerhalb mehrerer Stunden aus dem Ureter aufgefangene Flüssigkeit
war roth und theilte sich in fibröses Gerinnsel und Serum.
Die Wiederholung dieses Versuchs gab dieselben Resultate. Dagegen
hat die Durchschneidung der Nervi vagi keinen Einfluss
auf die Urinsecretion.
Ich habe neulich mit Dr. P eipers über diesen Gegenstand
eine Reihe von Versuchen angestellt. Wir unterbanden die Nie-
rengefässe mit Ausschluss des Harnleiters bei Thieren (Schafen
und Hunden) so fest, dass die damit einbegriffenen Nierennerven
(wie die Nerven gewöhnlich durch die Ligatur) mortificirt
werden mussten. Darauf lösten wir die Ligatur wieder, so dass
die Circulation 'des Blutes ■Wieder durch die Nieren stattfand.
Der Hai nleiter wurde nach aussen geleitet und ihm ein Röhrchen
angebunden. In den meisten Fällen wurde darauf gar kein
Harn mehr abgesondert, selbst in dem Fall nicht, nachdem dieselbe
Operation auch an der zweiten Niere eines Schafes gemacht
worden, wo man aber die Ligatur, um die Absonderung
auf dieser Seite unmöglich zu machen, liegen liess. Nur in einem
einzigen Falle (Schaf) dauerte die Absonderung fort, wurde
blutig und Hr. VOttstock. fand in dem Secret, ausser den Bestandteilen
des Blutes, Hippursäure (Harnbenzoesäure). Merkwürdig
war die in diesen oft wiederholten Versuche sich immer
einstellende Erweichung des Gewebes der Nieren nach jener
Mortification der Nerven. Siehe P eipers de nervorum in secretiones
actione. Berol. 1834.
Der Einfluss der Nerven kann, nun bei ^eder Drüse entweder
verschieden und eigenthümlich sevn, oder er ist, was wahrscheinlicher
ist,, bei allen Drüsen gleich, und es bedarf zur Belebung
durch ihn bloss, dass die specifische Drüsensubstanz chemisch
wirksam wird. Auch die täglichen Lebenserfahrungen geben
vielfältige Beweise von dem Einflüsse der Nerven auf die
Absonderung. Man weiss, dass Minderung des Nerveneinflusses
in dem Froststadium der Fieber alle Absonderungen nicht bloss
vermindert, sondern sie auch arm an ihren natürlichen Bestandte
ilen macht, und dass sich diese mit dem Wiedereintritt des
Turgors auch wieder einstellen. Man weiss, dass die Trockenheit
der Schleimhäute und der Haut oft Zeichen eines verminderten
Einflusses der Nerven in den akuten Krankheiten sind.
Hierzu kommen die häufigen Erfahrungen über den Einfluss der Leidenschaften
auf die Absonderung, z. B. der Thränen, der Galle, der
Milch, ja selbst der Gemüthsbewegungen auf die Beschaffenheit der
Secretion und des Zustandes der Wunden. Vgl. oben pag. 370.
Man hat sogar behauptet, dass die Gegenwart des Füllens auf die
Milchsecretion der Mutter Einfluss habe. Ohne auf die Erzählungen
von der giftigen Wirkung des Speichels nach Bissen von gereizten
Thieren irgend einen Werth zu legen, da die Erscheinungen
im Allgemeinen vielleicht nur die der Bisswunden überhaupt sind,
so ist doch die Thatsache bekannt genug und unzweifelhaft, dass
nicht allein durch die Gegenwart der Speisen im Munde die Secretion
des Speichels vermehrt wird, sondern dass auch die Vorstellung
leckerer Speisen die Secretion des Speichels bethätigt.
Wäre es möglich, den Einfluss der Nerven eines absondernden
Organes ganz aufzuhehen, so würde man vielleicht wie nach Durchschneidung
des Nervus vagus in Hinsicht des Magensattes, immer
finden, dass die Bildung der specifischen Secrete durch den mangelnden
Nerveneinfluss gänzlich aufgehoben wird. Ich bin weit
entfernt zu glauben, dass die von dem Leben abhängende chemische
Wirksamkeit der Drüsensubstanz nicht einen eben so
grossen Einfluss auf die Secretion • der Drüsen habe; aber diese
chemische Wirksamkeit der Drüsensubstanz, welche in verschiedenen
Drüsen verschieden ist, kann sich wahrscheinlich nur unter
dem Einflüsse der Nerven unterhalten.
Auf den ersten Blick scheinen sowohl Cerebrospinalnerven
als sympathische Nerven zur Regulation der Absonderung fähig
zu seyn. Bekannt ist die Verzweigung des Lingualis in der Sub-
maxillardrüse und Sublingualdrüse, des Nervus glossopharyngeus
in den Tonsillen, eines Zweiges des Nervus tibialis in der Kapsel
des Kniegelenks. Am merkwürdigsten ist das Factum, dass die
Milchdrüse des Weibes ihre Nerven nicht vom Sympathicus direct
sondern, wie ich sehe, nur vom driften und vierten Brustnerven
erhält. Indessen' werden auch die Cerebrospinalnerven
höchst wahrscheinlich von Fasern des Sympathicus begleitet, wie
wenigstens R etzius vom zweiten Aste des N. trigeminus bei Thieren
gezeigt hat, und wie bei den.Thieren an den vielen grauen
Nerven zu sehen ist, welche vom Ganglion oticurn über den Nervus
buccinatorius hingehen. Nach halbseitigen Lähmungen des
Gehirns und Röckenmarks ist die Absonderung der Haut auf der
leidenden Seite bald verändert, bald nicht verändert.
3. Von den Veränderungen der Absonderung.
Die Absonderung kann von örtlichen sowohl als allgemeinen
Ursachen verändert werden.
Der Zustand eines absondernden Organes modificirt nicht
bloss die Quantität, sondern auch die Qualität der Absonderung,
der Harn ist nach Nervenzufällen wässrig und arm an den näheren
Bestandtheilen; der Schleim ist in den verschiedenen Stadien
des. Schnupfens verschieden, anfangs wässrig und salzig, später
consistent;, endlich hebt die Entzündung in der Regel in jedem
Absonderungsorgane die specifische Absonderung, wie in jedem
Organe die Function auf. In Beziehung aut Reiz verhalten sich
die Absonderungsorgane eigenthündich; derselbe vermehrt anfangs
die Absonderung. Dieser Zustand vermindert sich in demselben
Grade, als die Reizung in Entzündung übergeht. Im erschlafften
Zustande der Absonderungsorgane mit Auflockerung, vermehren
die Absonderungen sich in der Regel, wo jedoch das Secret an
Consistenz verliert. Im erschlafften Zustande mit Verdichtung
des Gewebes des Absoriderungsorgans ward die Absonderung vermindert.
Diess wiederholt sich in allen Absonderunasoraanen,