
verschiedensten Dinge nur in der gleichen Eigenschaft als Reize
einwirken.
I. lieber die Wirkung der Reize auf die Nerven.
Alle Reize, sowohl die inneren organischen als die unorganischen,
wie die chemischen, mechanischen, caustischen, elektrischgalvanischen,
bewirken, auf empfindliche Theile und empfindliche
Nerven angewandt, Empfindungen, so lange die Nerven mit dem
Rückenmarke und Gehirn in unversehrter Verbindung stehen.
Alle diese verschiedenen Reize verhalten sich darin gleich; in
einem gewissen Grade angewandt, bewirken sie nur Erscheinungen
der Empfindung, im höhern Grade angewandt, bewirken
sie Veränderungen der Empfindungskraft selbst. Alle Reize, sowohl
die inneren organischen als die unorganischen, wie die chemischen,
mechanischen, caustischen, elektrisch-galvanischen, bewirken,
auf Muskelnerven oder Muskeln selbst applicirt, Zusammenziehung
der Muskeln, in welche sich der gereizte Nerve
verbreitet, und diese erfolgt, wenn der Reiz auf einen Nerven
applicirt wird, der mit dem Gehirn zusammenhängt, sowohl;
als wenn derselbe schon vom Gehirne oder Rückenmark getrennt
ist. Die Nerven haben daher durch ihre, Reizbarkeit die Eigenschaft,
Zuckungen zu erregen in den Muskeln, worin sie sich
verbreiten; sie thun diess, so lange jene leben und nach dem
Tode ihre eigene Reizbarkeit dauert. Zu den Zusammenziehungen
der Muskeln von Application der Reize auf die Nerven
seihst ist es nöthig, dass das gereizte Nervenstück bis zum
Muskel unversehrt ist, wenn auch die Verbindung dieses Nerven
mit dem Gehirn oder Rückenmarke aufgehoben ist. Anderseits
bewirken alle Reize in einemfganzen oder verstümmelten
Nerven Empfindung, so lange noch das gereizte Stück des Nerven
eine unversehrte Verbindung mit dem Rückenmarke oder
Gehirn hat.
1. Mechanische Beize.
Jede Art mechanischen Reizes, Zerrung, Druck, Stechen, bewirkt
in den Empfindungsnerven unter den schon erwähnten Bedingungen
Empfindungen, so lange die Nervenkraft nicht durch die
Heftigkeit der Einflüsse (Druck) selbst aufgehoben wird. Die Empfindung
erfolgt, wenn man die Nervenenden oder dieAeste, oder
den verkürzten Stamm mechanisch irritirt, so lange die Verbindung
mit dem Rückenmarke und Gehirn stattfindet. In den
Gefühlsnerven des Rumpfes und ihren Theilen bewirken mechanische
Reize nur Empfindungen des Gefühls, nämlich Schmerz,
Tastgefühl, in dem Gesichtsnerven und der Markhaut dagegen
nach Magendie’s Beobachtung kein Schmerzgefühl,: sondern wie
Jeder weiss Lichtempfindung, wie beim Druck und Schlag auf
das Auge. In den Gehörnerven bewirkt der mechanische Eindruck,
wie das Zittern der schallleitenden Medien und die mechanische
Erschütterung des Kopfes und Ohrs heim langen Fahren
Tonempfindung; dagegen scheint dieser Nerve kein Schmerzgefühl
zu haben.
2. Reizbarkeit der Nerven. Wirkung der Reize. 619
Eben so wenn man einen Mnskelnerven mit der Nadel zerrt,
sticht, quetscht, anzieht und dehnt, erfolgt jedesmal Zusammenziehung
des Muskels, und zwar so heftig, als irgend ein galvanischer
oder elektrischer Reiz Muskularcontraction bewirken kann.
Der mit den Muskeln zusammenhängende Theil des Nerven behält
diese Kraft, so sehr man ihn auch verkürzt^ dagegen erfolgen
niemals Zuckungen, wenn man das andere Ende der durchschnittenen
Nerven, welches mit dem Rückenmarke und Gehirn
zusammenhängt, mechanisch irritirt.
Die Bewegungen, welche von den mit Cerebral- und Spinalnerven
versehenen Muskeln abhängen, sind auf den mechanischen
Reiz dieser Muskeln oder ihreY Nerven bloss Zuckungen, die
so lange dauern, als der Reiz dauert; in nen Muskeln dagegen,
welche vom Nervus sympathicus abhängen, wie am Magen, Darm,
Uterus,’ Ductus choledochus, Ureter, Harnblase, sind die. Bewegungen,
die auf mechanischen Reiz der Muskelfasern erfolgen,
keine Zuckungen, sondern anhaltend, und dauern sehr viel länger
als der Reiz dauert. Das Herz reagirt auch viel länger als
der Reiz dauert, und der Rythmus der Schläge verändert sich
auf lange Zeit, wenn man das Herz nur vorübergehend mechanisch
reizt. Es ist daher eine empirisch festgestellte Eigenschaft
der dem N. sympathicus unterworfenen Muskeln, dass die Re-
action, viel länger als der Reiz dauert, während in den animalischen
Muskeln die Reaction grade so lange als der Reiz dauert,
und oft schon aufhört, wenn der Reiz noch anhält.
Wenn mechanische Reize 'seljr heftig wirken, so dass die
zarte Substanz der Primitivfasern leidet, so wird die Fähigkeit
der Nerven, Empfindungen zu erregen, dadurch aufgehoben, sobald
die leidende Stelle zwischen dem Gehirn und dem Reiz ist;
auch wird ein Muskelnerve unfähig durch jede Art von Reizung
Bewegungen zu veranlassen,sobald derNerve zwischen der Stelle der
Reizung und dem Muskel gedrückt, gequetscht wird, und es ist
eben so güt, als ob. der Nerve durchschnitten würde. Die Empfindungskraft
des Nerven wird daher durch jede mechanische
Zerstörung des Nerven zwischen Gehirn und Reizung, die motorische
durch jede mechanische Zerstörung zwischen Reizung und
Muskel unterbrochen. Allein die mechanische Zerstörung durch
Druck lähmt nur örtlich die Kraft der Nerven, und ein Nerve
hat Empfindung noch an jeder andern Stelle zwischen der Quetschung
und Gehirn, und erregt Bewegungen bei Reizung jeder
andern Stelle des Nferveii zwischen der Quetschung und dem
Muskel. Wenn man aber einen Mnskelnerven in seiner ganzen
Länge ausdehnt, so verliert dieser Nerve oft seine Reizbarkeit in
seiner ganzen Länge, und selbst der Muskel hat zuweilen seine
Cpntractionskraft auf jede Art der Reize verloren.
2. Temperatur.
Die Wärme und die Kälte erregen auch Empfindungen und
Muscularcontractionen.
Wenn man einen Muskelnerven oder den Muskel selbst
brennt, so erfolgen Contractlonen desselben; diese sind ausserordentlich
heftig, wenn man den Nerven durch die Flamme eines