
stoffs in das Blut sehr wahrscheinlich, mag nun die eine oder
die andere Theorie statthaft seyn. Der ins Blut übergehende
Sauerstoff, welcher es hellroth macht, scheint in demselben gebunden
zu werden, weil er sich nach neueren Versuchen nicht
daraus entwickeln lässt. Der Stickstoffgehalt der Atmosphäre
wird durch das Athmen nicht wesentlich verändert. Der Sauerstoff
und die .Befreiung des Blutes von einem Theil von Kohlenstoff
sind daher die Ursache, welche das arterielle Blut zu dem
alleinigen Reiz der belebten Organe machen. Venöses Blut, welches
diese Veränderung nicht erleidet, wirkt auf die belebten
Organe und besonders das Nervensystem tödtlich ein und nimmt
ihre Erregbarkeit, .gleich wie Kohlensäure, Schwefel Wasserstoff,
Kohlenwasserstoffgas und andere Gasarten, welche die trreghar—
heit der Organe aufheben und meist das hellrothe Blut dunkel
machen. Cuvier ( Vergl. Anat. 4. p. 147.) nimmt zugleich an,
dass die arterielle Beschaffenheit im Blute schon auf dem Wege
durch den Körper bis zu den Capillargefässen durch materielle
Umwandlung abnehme, und erklärt daraus die geringere Vitalität
der vom Herzen entfernteren Theile. Wir befinden uns hier
wieder in einer völligen Ungewissheit, ob das venöse dunkelrothe
Blut deswegen unfähig ist das Lehen zu erhalten, weil es etwas
nicht hat, was das arterielle hat, oder weil es eine beider Wechselwirkung
des arteriellen Blutes mit den Organen entstandene
schädliche Combination der Elemente erlitten, die bei dem Alh-
men und durch Ausscheiden der Kohlensäure wieder hergestellt.
wird. ■ Es bleibt immer sehr merkwürdig, dass das venöse Blut
des Embryo der Säugethiere, obgleich er nicht im eigentlichen
Sinne athmet, diesen schädlichen, gleichsam erstickenden Einfluss
auf das Leben'nicht hat, mag es nun seyn, dass diese schädliche
Beschaffenheit des venösen Blutes, wegen des Mangels des Ath-
mens und des Mangels der Wechselwirkung wahrhaft arteriellen
Bluts mit den Organen, noch nicht sich bilden kann, oder weil
das Athmen durch die Verbindung des Embryo mit der Mutter
ersetzt wird.
Da das Blut durch das Athmen beständig Kohlenstoff, verliert,
so scheint hiedurch die relative Menge des Stickstoffs irn
Körper zuzunehmen. Cuvier glaubt, dass hiedurch die Animali-
sation der thierischen Stoffe zunehme, weil der Charakter der
Thierheit der Azotgehalt der Substanzen ist. Wenn diess richtig
wäre, so müssten die Theile eines lebenden Thieres mehr
Stickstoff enthalten, als das Fleisch der Thiere$ von dem sich
ein anderes Thier nährt, was ein Widerspruch Ist. Bei den
.Fleischfressern wäre das Athmen in dieser, Hinsicht kein Vortheil,
und die Pflanzenfresser müssten mehr Athmungsbedürfniss
haben als die Fleischfresser, weil ihre Nahrungsstoffe weniger
Stickstoff enthalten. Allein die bei dem Athmen durch Ausscheidung^
von Kohlenstoff relativ steigende Menge des Stickstoffs im
thierischen Körper bleibt überhaupt nicht, denn beständig wird
in dem Harn mit dem Harnstoff und der Harnsäure, welche
mehr Stickstoff enthalten, als irgend ein thierischer, Stoff, ein
Ueberfluss von Stickstoff aus dem Körper ausgeschieden.
Den Einfluss der Milz, Nebennieren, Schilddrüse und Thymusdrüse
auf die Blutbereitung kennt man durchaus nicht. Siehe
das Nähere im 2. Buch 4. Abschn. •• ■ ‘ ' ,,,
Die Abscheidungen gewisser Stoffe aus dem Blute, welche
aus der organischen Oekonomie entfernt werden, haben einen
orossen Antlieil an der Erhaltung der reinen Mischung des Bluts.
Hieher gehört die Ausscheidung überflüssiger oder unbrauchbarer
eingeführter Theile, des Wassers (durch Lungen- und Hautausdünstung
und Harn) oder der durch die Nahrungsstoffe e.n-
oeführten mineralischen Stoffe (meist durch den Harn) und der
Stoffe, die einen Ueberfluss vbn Kohlenstoff, oder Stickstoff, oder
Sauerstoff, oder Wasserstoff enthalten, durch die Lunge (Kohlensäure),
oder durch die Leber (kol lenstoff- und wasserstoffreiche
Verbindungen), oder durch den Harn (stickstoffreiche Verbindungen).
Auch die Mischung des Blutes kann durch, im Organismus
neu entstandene Zersetzungsprodukte, die das Blut in sich
aufnimmt, gestört und die Ausscheidung nothwendig werden, wie
es mit gewissen Bestandteilen des Harns zu seyn scheint. Hie-
nach begreift man, wie die einmal vorhandene Mischung sich erhält.
Eine andere Frage ist, ob die Ausscheidung gewisser Motte
aus den ins Blut geführten Nahrungsstoffen zur. ursprünglichen
Erzeugung der Blutmischung wesentlich beitrage. ■ ,
Die Harnsäure des Harns, ein stickstoffreiches Proaukt, gehört
wohl unzweifelhaft zum Theil wenigstens hieher, da ihre
Quantität im Harn schon allein d u r c h stickstoffreiche oder Fleisch-
Nahrung vermehrt wird, und da sie im Harn der pflanzenfressen-
den Säugethiere von Harnbenzoesäure ersetzt wird.
Der Harnstoff wird nach der Entdeckung von P revost und
D umas nicht erst durch das Organ seiner Abscheidung, die Nieren,'
gebildet, sondern findet sich schon in dem Blute vor, wenn
die Nieren exstirpirt worden sind, so dass diese Materie im gesunden
Blute eben darum nicht gefunden wird, weil sie beständig
daraus abgeschieden wird. Nach Exstirpation beider Nieren
treten die Zufälle am dritten Tage ein, nämlich braune, reichliche
und sehr flüssige Stuhlgänge und Erbrechen, Fieber mit erhöhter
Temperatur bis 43° Cent., zuweilen Sinken bis 33°; der Puls
wird klein, schnell, und steigt bis 200, das Athmen häufig, kurz,
zuletzt schwer. Am fünften bis neunten Tage erfolgt der Tod, der in
M ayer’s Versuchen (T ied* u. T revir. Zeitschrift fü r Physiol. 2. 2.
278.) schon in 10 — 30 Stunden nach Zittern und Convulsionen
erfolgte. Man findet Ergiessung eines hellen Serums in den
Hirnhöhlen, die Bronchien voll Schleim, die Leber entzündet,
den Darm voll flüssigen, durch die Galle gefärbten Kothes, die
Harnblase sehr zusammengezogen. Das Blut der operirten Thiere
(Hunde, Katzen, Kaninchen) war wässeriger, und enthielt Harnstoff,
der durch Alkohol ausgezogen wurde. 5 Unzen Blut eines Hundes,
der 2 Tage ohne Nieren lebte, gaben über 20 Gran Harnstoff,
2 Unzen Katzenblut 10 Gran. Biblioth. unioers. 18. 208. M eck.
Arch. 8 . 325. V auqueuti und Segalas haben diese Entdeckung
bestätigt. Magekö. Journ. d. Physiol. 2. 354. Meck. Arch'w. 8 .
229. Das Blut wurde getrocknet, der Rückstand ausgewaschen