
Einige haben behauptet, der Liquor amnii, wovon der Fötus
umgeben ist, diene zum Athmen' der Frucht durch die Haut, oder
weil man Liquor amnii auch in die Luftröhre eingedrungen gefunden
hat, zum Athmen durch die Lungen. S cheef, de Uq. amnii
jiat. ei usu. Hafn. 1799. L eclarc und G eoffroy St. H ilaire haben
dieses Athmen des Fötus angenommen. Ja, da R atbke hei
dem Embryo der Wirbelthiere kiemenbogenartige Fortsätze am
Halse entdeckt hat, so glaubten Andere, dass diese auch zum
Athmen dienen könnten. Diese zarten Fortsätze mit Zwischenspalten
können aber heim Vogelembryo nur in den ersten Tagen,
z. B. am 3—4. Tag, wo ich sie ‘gesehen, deutlich beobachtet werden,
und sie sind nichts anders als ein allen Wirbelthieren gemeinsames
Gerüst, auf dem sich hei den Fischen und einigen Amphibien,
die als Larven oder später noch Kiemen haben, wirkliche
Kiemenblättchen entwickeln, während diese Entwicklung bei
den übrigen Thieren durchaus fehlt, und die Bogen in die Hörner
des Zungenbeins umgewandelt werden. Vergl. oben pag. 298.
Dass nun der Liquor amnii nicht zum Athmen dienen kann, geht
schon aus den von mir in der Jugend angestellten Versuchen
hervor, in welchen Fische im Liquor amnii der'Kuh und des
Schaafes bald starben und nicht länger als in Oel (40 Min.) lebten,
während sie in derselben Quantität Rbeinwasser sehr viel
länger ausdauerten. Die Beobachtung von L assaigne {arch. ge'n.
de méd. 2. 308.), dass sich in dem Liquor amnii einer Sau'Luft
befand, welche sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung aus Oxy-‘
gen und Azot sehr der atmosphärischen Luft näherte, kann nicht
wohl richtig angestellt gewesen seyn, oder der Liquor amnii muss
durch längeres Liegen des Eies, an der Atmosphäre oder durch
Stehen des Liquor amnii an der Atmosphäre Luft absörbirt haben.
Da ich mich unmöglich mit einigen früheren fehlerhaften
Versuchen, aus welchen ich bereits auf den Mangel respirabler
Luft in Liquor amnii schloss, befriedigen konnte, so habe ich mit
Begierde die Gelegenheit ergriffen, diesen Gegenstand auf eine
sorgfältige AVeise zu ermitteln. Da man sich beim Erhitzen einer
Flüssigkeit in einem Gefässe mit Gasentwicklungsrohr leicht bei
Berechnung der in dem Gefässe vorhandenen Luft irren kann, so
stellte ich den Versuch so an: Ich füllte ein anatomisches, 10 Zoll
langes, 14- Zoll breites Glasgefäss von 17 Cuhikzoll Inhalt^ welches
nach Cuhikzoll graduirt worden, mit Liquor amnii des Schaafs,
und stürzte es in einem Gefässe mit derselben Flüssigkeit um,
Diess Gefäss machte ich mit warmem Wasser voll und erhitzte
den ganzen Apparat bis zum Kochen in dem untern Theile der
Flüssigkeit. Wenn sich hier eine Lüftart in dem Liquor amnii
der Glasröhre befand, so, musste sie sich in dem Obern Ende der
Röhre ansammeln. Es. entwickelte sich aber ausser dem sich wieder
condensirenden und schnell verschwindenden Wassergas nur
eine sehr kleine Menge Schaum, die noch nicht Cuhikzoll Raum
einnahm. So fand ich es auch in einem zweiten und dritten Versuch,
und ich erhielt nicht mehr Luft, selbst als ich das Kochen
lange fortsetzte. Prof. Bkrgemann war bei diesem Versuche gegenwärtig,
und überzeugte sich, dass hierbei keine Luft entwickelt
wird. In einem 4. Versuche erhielt ich wirklich ein wenig Luft,
die auch nach dem Erkalten noch nicht verschwunden war, es
war aber sehr wenig und betrug, als ich sie in eine ganz kleine
Eprouvette übergeleitet hatte, aus den 17 Cuhikzoll Liquor amnii
nur -§• Cuhikzoll. Diese Luft’verminderte sich weder von Kalkwasser,
noch von Auflösung von Schwefelkali und enthielt daher
sicherlich weder respirirte Luft, Kohlensäure, noch respirable Luft.
Vergl. W eber Anat. 4. 491.
Von meinen früheren Versuchen ist noch anzuführen, dass
Kaninchenfoetus von 4 Zoll Länge, aus dem Uterus der lebenden
Mutter genommen, mochten sie mit geschlossenen oder geöffneten
Ei hüllen der Luftpumpe ausgesetzt werden, nach 15 Min. schein-
todt waren, und beim Herausnehmen wieder sich bewegten. Diess
beweist aber nichts in der Frage über das Athmen. Die Luftpumpe
hebt hier bloss den Luftdruck auf.
IV. Capitel. Von den V e rä n d e ru n g e n des Blutes
d u rc h das Athmen.
Durch das Athmen wird das Blut hellroth, an der Oberfläche
ebenso, wenn Venenblut an der Luft steht, und durch und durch
hellroth, wenn Blut mit Sauerstoffgas geschüttelt wird. Hellroth
wird das Blut auch bei Beimengungt von Zucker, von Neutralsalzen,
wie Salpeter, Glaubersalz, Salmiak, Kochsalz, kohlensaurem Kali.
Kalilösung macht das Blut (wie ich sehe) brann, und es ist ein
Irrthum, wenn in einigen Büchern das Gegentheil steht. In Ammoniakgas
soll das Blut nach T henard und H uenefeld kirschroth
werden. Chlor macht das .Blut braun, dann weiss, Säuren machen
es braun., Kohlensäure aber dunkler, roth, violett, zuletzt
fast schwärzlich. Blausäure allein soll das Blut nach W edemeyer
heller roth machen (?). Nach H ertwich macht sie indess das Blut
auch ganz: dunkel. F roriep’s Not. 759. Schwefelblausäure macht es
nach Stevens dunkler. Kohlenoxydgas, Kohlenwasserstoffgas, Salpetergas
machen das Blut nach H uenefeld violett, Stickstoffoxydulgas,
Hydrogengas, nach H uenefeld purpurfarben oder roth-
braun. Blut mit Hydrogengas geschüttelt, sah ich seine Farbe
gar nicht verändern. Koblenwasserstoffgas soll nach Berzelius
dem schon etwas dunkeln Blute eine hellere Farbe mittheilen.
^a.SS ^as Bkit äusserst empfindlich für vielerlei Stoffe
in Hinsicht seiner Farbe ist. Der Halifus des Blutes scheint eine
Wichtige Materie des Blutes zu seyn. Man weiss aber nicht, dass
er im Arterien- und Venenblute verschieden wäre.
. Die specifische Schwere des arteriösen und venösen Blutes
ist nach J. D avy fast gleich, 105,03 1.105,49. Vergl. Burdach
Physiol. 4. 381., Nach ihm verhält sich die Wärmecapacität des
erstem zu der des letztem wie 1 0 , 1 1 ; 1 0 ,1 0 .
Das Arterienblut ist nach J. D avy um 1—-1-1° Fahrenu. wärmer
als das venöse Blut (vergl, p. 86.), was K rimer und Scu-
damore bestätigen. Andere Beobachter hatten keinen Unterschied
emerkt. B urdach’s Physiol. 4. 382. Nach Autenrieth, Mayer.