
in dem Harn vor. Da indess die Hautausdünstung, wie aus Se-
g v is ’s Versuchen hervorgebt, in dem innigsten Wechselverhältnisse
mit den Ingestis und den anderen Excretionen steht, so lässt
sich wohl einigermassen begreifen, wie die plötzliche Unterbrechung
derselben so grosse Störungen in der thierischen Oekono-
mie hervorbringt, weil sie auf den Säftezustand und das Gleichgewicht
der Vertheilung der Säfte im ganzen Körper zurückwirkt.
Wie die Hautausdünstung uns gegen höhere Wärmegrade schützt,
ist früher auseinandergesetzt worden. Siehe p. 76. Dass, bei der
Hautausdünstung nicht bloss von dem Blute verdunstet, was verdunsten
kann, sondern dass Ausdünstung und Schweiss wahre
Secretionen sind, beweisen die Krankheiten, in denen diese Absonderungen
, trotz einer hohen Temperatur der Haut, zuweilen
ganz aufgehoben sind, wie, in manchen fieberhaften Krankheiten,
in welchen der Einfluss der Nerven auf das Hautorgan beschränkt
ist. So steht auch die Hantaussondernng in dem engsten Verhältnisse
mit der Harnabsonderung. Es scheint zwar vorzüglich das durch
die Hautausdünstung entfernt, zu werden, was bei der Temperatur
des Körpers Gasgestalt annehmen kann, während durch den
Urin die mehr tropfbarflüssigen Excreta entfernt werden. Aber
diese Secretionen stehen auch in einer Wechselwirkung. Bei einem
profusen Harnflusse, wie im Diabetes, ist die Haut trocken.
In den heissen Jahreszeiten und Climaten wird weniger durch
den Harn und mehr durch die Haut ausgeführt, ,im Winter und
in kalten Gegenden ist es umgekehrt, und dasselbe Wechselver-
hältniss zeigt sich in den Krankheiten. Aber nicht bloss durch
den Antagonismus der Secretionen (p. 470.), sondern noch durch
viele andere, theils in der Haut selbst, theils in ihrer Wechselwirkung
mit anderen Organen liegende Ursachen wird die Hautabsonderung
verändert. In Beziehung auf den Zustand der Haut selbst ist
zu bemerken, dass gelinde Hautreize, auf die Haut selbst, wie warme
Bäder, applicirt oder von dem Blute aus wirkend (Diaphoretica),
die Hautabsonderung vermehren. Befindet sich aber die Haut
im Zustande einer zu grossen Reizung, so wird sie roth und heiss
und perspirirt nicht, und im Zustande der Entzündung sondert
sie, wie in der Regel entzündete Theile, gar nicht ab; daher bewirket
ausgebreitete Hautentzündungen durch Storung des Gleichgewichts
der Vertheilung der Säfte leicht antagonistische, krankhafte
Tätigkeiten, wie Entzündung der Schleimhäute. So hat
man bei ausgedehnten Verbrennungen Entzündung der Darmschleimhaut,
der Lungenschleimhaut entstehen gesehen, und bei,
den exanthematischen Hautentzündungen von Ausscheidung einer
krankhaften Materie durch die Haut wächst die Befürchtung innerer
Entzündungen nicht allein in dem Maasse, als die Ausscheidung
der im Blute vorhandenen krankhaften Materie durch die
Haut verhindert wird, sondern auch in dem Maasse der Heftigkeit
der Hautentzündung, und in dem Maasse,, als dadurch die Function
der Haut aufgehoben wird.
Die Thätigkeit der Haut hängt hinwieder sehr von dem Zustande
des Nervensystems und des Gefässsystems ab.
In fieberhaften Affectionen wird in dem Maasse die Absonderung
der Haut und der Schleimhäute vermindert, als der Einfluss
des Nervensystems auf die peripherischen Theile gehemmt
ist. In anderen, nicht fieberhaften Zuständen dagegen bewirkt
eine plötzliche Entziehung des Nerveneinflusses, wie in der Ohnmacht,
in deprimirenden Leidenschaften, eine profuse Absonderung
eines kalten Schweisses. Die Bedingungen dieser grossen Veränderlichkeit
der Hautabsonderung unter verschiedenen Umständen
sind noch nicht gehörig physiologisch zergliedert.
II. H a r n a b s o n d e r u n g .
Durch die Harnahsonderung werden theils zersetzte und unbrauchbare
Thierstoffe, wie Harnstoff ,und Harnsäure, die wesentlichsten
Bestandteile des Harns und die für die thierische Oe-
conomie überflüssigen Salze, theils die zufällig in den Kreislauf
gelangten fremdartigen Substanzen im veränderten oder unveränderten
Zustände ausgeschieden
Die Ausscheidung des Harns ist in der Thierwelt sehr verbreitet,
selbst die Insecten sondern in den sogenannten Gallen-
gefässen (besser Vasa Malpighiana) Harnsäure ab. Vergl. p. 515.
Man hat zwar in ganzen Insecten schon Harnsäure gefunden, wie
Robiquet in den Canthariden (ann. de chim. 76.), und daraus geschlossen,
dass die Harnsäure allgemeiner in dem Insectenkörper
verbreitet sey. Aber bei der Untersuchung ganzer Insecten
musste man notwendig die Harnsäure jener Gefässe mit erhalten.
Auch bei den Mollusken kömmt die Harnabsonderung vor, bei
den Schnecken in dem sogenannten Succus calcareus (Torgane de
la viscosité Cuvier.) , dessen Ausführungsgang neben dem Mastdarm
hergehend, sich dicht an dem After ausmündet. Jacobson
hat in jenem Organe Harnsäure gefunden. Meckel’s Archiv.
6 . 370.
ii Der Harn. (Nach Berzelius, W oehler und Liebig.)
Der Harn des Menschen ist klar, bernsteingelb und aromatisch
riechend; er schmeckt salzig bitter und reagirt stark sauer.
Der Harn der Rinder, Pferde, Kaninchen und mehrerer anderer
pflanzenfressender Säugethiere ist alkalisch und bei einigen nur ganz
frisch sauer. Der Harn der pflanzenfressenden Säugethiere ist trüber
und oft fadenziehend, und zersetzt sich nicht so schnell wie der
der Fleischfresser., Das specif. Gewicht des Harns des Menschen variâ
t zwischen 1,005 bis 1,030. In Krankheiten namentlich in der
Harnruhr, steigt es zuweilen bis 1,050. Zuweilen trübt sich der Harn
beim Erkalten und setzt dann einen grauen oder bla?srothen Niederschlag
ab, der sich beim Erwärmen wieder auflöst. Nach einigen
Tagen riecht der Harn ammoniakalisch und reagirt alkalisch, und
bedeckt sich mit einer wçissen schleimigen Haut, in der sich, wie
auf der innern Seite des Gefässes, kleine weisse Krystalle von
phosphorsaurer Ammoniaktalkerde zeigen. B e r z e l i u s Thierchemie,
p. 322.
ÏH ü 11 e r y s Physiologie. 38