
2) Gemischte Nerven mit doppelten Wurzeln. Nervus trigeminus,
Nervus glossopharyngeus (siehe oben p. 614,), Nervus vagus
cum accessorio, bei mehreren Säugethieren auch Nervus hypo-
plossus (siehe oben p. 614.) . J .
3) Vorzugsweise motorische Nerven mit einfacher Vyurzel,
■welche entweder an sich motorisch, durch Verbindung mit sensitiven
Nerven Empfindungsfasern erhalten;, oder, wenn1 sie. schon
sensorielle Fasern in ihren Wurzeln enthalten,-sich nicht auf die
doppelwurzeligen Rückenmarksnerven reduciren lassen. Nervus
oculomotoriüs, trochlearis, ahducens, facialis.
Unter diesen Nerven verdienen vorzüglich die beiden letzten
Classen eine besondere Betrachtung.
, Gemi s c h t e H i r n n e r v e n mi t d o p p e l t e n Wu r z e l n .
Nervus trigemimis. .
Dieser Nerve hat bekanntlich zwei Wurzeln, .Portio major,
welche in das Ganglion Gasseri anschwillt, und Portio rmnor ohne
Ganglion; letztere geht an dem Gan g lio n vorbei zum^ dritten
Ast. Die aus der gangliösen Portio major oder dem Ganglion
Gasseri hervorgehenden Aeste des N. trigeminus, Ramus primus
et-secundus, sind wahrscheinlich bloSs sensibel. Der dritte Ast
des N. trigeminus, welcher zum Theil aus der nicht gangliösen io r-
tio minor entspringt, und aus dem Ganglion Gasseri oder der
Portio major sich verstärkt, ist motorisch und sensibel. Betrachten
wir zuerst die Eigenschaften des ersten Astes, Ramus oph-
thalmicus. Von seinen Zweigen beurkundet sich der N. nasoci-
liaris durch seine vorzugsweise Verbreitung in der Nase und am
innern Augenwinkel, in der Gonjunctiva und dem Saccus lacry-
malis als sensibler Nerv. Der N. frontalis könnte dagegen für
motorisch gehalten werden, weil er sich nicht alleinm der Stirnhaut
und der Haut des obern Augenliedesy sondern aUch mit kleinen
Zweigen in dem Musculus orbicularis palpebrarum, fronta-
lis und corrugator supercilii verbreiten soll. Allem in denselben
Muskeln verbreiten sich auch Zweige des p® facialis , wnd Gh.
B ell hat wahrscheinlich gemacht, dass der N. frontalis nur sensibel
ist, und der N. facialis.'die motorischen Zweige für jene
Theile abgiebt. Bell dürchschnitt bei einem Mann, der an Gesichtsschmerz
litt, den N: frontalis. Diese Durchschneidung war
sehr schmerzhaft. Dagegen wurde bei einem anderen Kranken
der Musculus corrugator supercilii gelähmt durch eiterige Zerstörung
des obern Astes vom N. facialis bei einem Geschwür vor
dem äussern Ohr. Neuerlich berichtet Be l l , dass er zwei odei
drei Fälle von Krankheit des N. ophthalmicus beobachtet habe,
wobei gänzliche Unempfindlichkeit des Auges; der Augenlieder ohne
Verlust des Gesichts stattfand. MagendieV J ournal. T. X. p. ».
Der zweite Ast des N. trigeminus ' ist auch ganz sensibel,
und enthält, wie sich sicher beweisen lässt, durchaus keine motorischen
Fasern. Mehrere Zweige desselben zeigen sich als sensibel
durch ihre Verbreitung in nicht muskulöse Theile, wie dei
N. dentalis* anterior (Ast des N. infraorbitalis) und posterior, N.
vidianus, N. nasales, palatini, nasopalatinus Scarpae. Dass der N.
subcutaneus malae und infraorbitalis auch sensibel sind, geht aus
ihrer vorzugsweisen Verbreitung in der Haut hervor; und dass
der N. infraorbitalis, der sich vielfach mit dem N. facialis verflechtet
und selbst mehr durch als in die Gesichtsmuskeln verbreitet, keine
motorischen Fasern enthält, kann sicher bewiesen werden. C. Bell
exposition du syst. nat. des nerfs. 1825. Bell in Meckel’s Archiv.
Bd, VIII. p. 401.- Magendie Journal. Tom. II. p. 66. C.
Bell physiol. und pathol. Untersuchungen des Nervensystems, übers,
von R omberg. Berl. 1832. E schricht de functionibus nervorum fa~
eiei et olfactus organi. Hafn. 1825. G er. Bäcker comment atio ad
quaestionem physiologicam a facultate medica. acad. Rhenotraject. a.
1828 proposita. Traject. ad Rhenum 1830. j
B ell dürchschnitt bei Thieren den N. infraorbitalis auf der .linken
Seite, den N, facialis auf der rechten Seite des Gesichts ; hierauf,
folgte complété Unempfindlichkeit der linken Seite, ‘Lähmung
der Bewegung auf der rechten Seite. Die Durchschneidung des
N. facialis erregte Zuckungen der Gesichtsmuskeln, die des N. in-
ffaorbitalis nicht. Bell dürchschnitt bei einem Esel den,N. infraorbitalis,
bei einem andern Esel den Nervus facialis. Hier
blieb die Sensibilität und verschwand die Muskelkraft; dort umgekehrt.
Beim Esel brachté die mechanische Reizung des N. infraorbitalis
heftige Schmerzen, aber keine Zuckungen hervor.
Diese Versuche sind von S choeps (Meckel’s Archiv -1827. />. 409.)
und mir (Froriep’s Not, Nr. 647.) bestätigt worden. Bell hat
einen pathologischen Fall beobachtet, wo ein Mann nach einer
Verletzung des N. infraorbitalis die Empfindung, in der Oberlippe
verlor, ohne Verlust der Bewegung (Magendie Journal de Physiol.
Tom. X. p. 8.). Bell hat sich indessen darin ; geirrt, wenn er
glaubte, dass der N. infraorbitalis doch noch zur Bewegung der
Oberlippe beim Ergreifen des Futters diene. Nach der Durchschneidung
dès N. infraorbitalis auf beiden Seiten wollte B ell
bemerkt haben, dass der Esel das Futter nicht mehr mit den
Lippen fasste-; sondern bloss die Lippen auf den Boden drückte,
um mit der Zunge das Futter zu fassen. Auch bemerkten Bell
und Schoeps, dass nach der Durchschneidung des N. facialis auf
einer Seite die Lippen doch noch auf beiden Seiten ihre Beweglichkeit
beim Ergreifen des Futters geäussert haben. Diess hat
zuerst Mayo berichtigt. Anatom, and physiolog. comment. Land.
1822. p. 107. Mayo dürchschnitt den Ramus infraorbitalis,
worauf das Thier das-Futter nicht mehr mit der Lippe ergriff,
und sich der Lippe nur beschwerlich beim Kauen bediente; aber
es konnte die Lippe öffnen, was B ell gelängnet hatte. Diese
Phänomene glaubt Mayo mit Recht aus dem Verlust des Gefühls
in den Lippen ' zu erklären, ■ denn das Thier fühlte das Futter
nicht mehr, wenn es auch dasselbe ergreifen konnte. Dass aber
die Bewegung der Lippen von dem N. facialis abhängt, hat M ayo
ausser Zweifel gesetzt. Denn nach dem Durchschneiden des N.
facialis auf beiden Seiten erfolgte zugleich Lähmung aller Gesichtsmuskeln,
auch der Lippen. Die Bewegung der Lippen auf