
irgend eines Eingeweides, vermöge der auf die Centralorgane
stattfindenden Impression, und durch die Gesetze der Mittheilung
der Zustände im Rückenmarke und Gehirne hin, diese Disposition
zum Ausbruche zu bringen; gerade so, wie jeder Theil der
Körperoberfläche, der ohne Verlust der Seele entbehrt, abgeschnitten
werden kann, doch, so lange er lebt, durch eine heftige
Mittheilung seiner krankhaften Stimmung auf das Gehirn
sympathisch Delirium desselben bewirken kann. Daher kann
auch bei einem Irren dieser Art bei Entfernung der materiellen
Störungen in den Eingeweiden, welche entfernter oder näher
auf das Gehirn influiren, die Disposition wieder zurücktreten.
Was nun aber die Deziehuug der Eingeweide zu den Leidenschaften
betrifft, so sind diese zivar nicht zu läugnen, jedoch
bleibt in den hieher gehörigen Erfahrungen der Physiologie ausserordentlich
viel zu lichten übrig. In diesem Theile unserer
Wissenschaft herrschen noch ziemlich allgemein Vorstellungen,
welche sich noch wenig von den Ueberlieferungen des Volkes
entfernen. Dass die Leidenschaften vermöge eines im Gehirn
stattfindenden veränderten Zustandes entweder excitirend
oder deprimirend auf das ganze vom Gehirn abhängende Nervensystem
wirken, ist bekannt. In den excitirenden Leidenschaften
finden Spannungen, und selbst convülsivische Bewegungen
gewisser Muskeln, nämlich ■ vorzüglich aller von dem
respiratorischen System der Nerven (Nervus facialis eingeschlossen.)
abhängigen Muskeln statt. Die Athembewegungen werden
bis zum Weinen, Seufzen, Schluchzen verändert, die Gesichtsmuskeln
verzerrt; in den deprimirenden Leidenschaften, wie in
der Angst, im.Schrecken, in der Furcht,, sind alle Muskeln des
gesammten Körpers abgespannt, indem der motorische Einfluss
des Rückenmarkes und Gehirns abnimmt. Die Füsse tragen
nicht, die GeSicbtszüge werden hangend, das Auge starr, der
Blick gebannt, ohne Ausflucht, und diess kagn bis zur momentanen
Lähmung des ganzen Körpers und besonders der Sehliess-
muskeln fortschreiten. . Die Bewegungen des-Herzens werden in
beiderlei Leidenschaften häufiger, in den excitirenden zugleich heftig,
in den deprimirenden häufig und meist schwach. Die Empfindungen
werden in einigen oder vielen Tbeilen, besonders im. Gesicht
und den Athemwerkzeugen' und Verdauungswerkzeugen,
oft im ganzen Nervensystem verändert. Die organischen Wirkungen
der Leidenschaften - verändern die Absonderungen der
Thränen, der Haut, die in den deprimirenden Leidenschaften kalten
Schweiss absondert, der Galle, deren Ausscheidung öfter gestört
wird, so dass sie in die Blutgefässwandungen eindringt und
Icterus erzeugt, des Urins, der wässrig wird, wie bei allen Ner-
venaffectionen; sie. modificiren zugleich die Actionen der kleinen
Gefässe, wodurch der Turgor, der Haut verändert, und diese
bald roth, bald auch blass wird. Kurz-,; es erfolgen die Wirkungen
der Leidenschaften erstens auf die Athemnerven, den
N. facialis, N. vagus, die N. spinales respiratorii mit sammt
dem N. pbrenicus, dann aber durch das Rückenmark auf das
ganze Rumpfnervensystem, sowohl der animalischen als, organischen
Nerven. Aber ich kenne keinen einzigen Beweis, sondern
bjosse Traditionen, dass eine Leidenschaft bei gesunden
Menschen mehr auf ein Organ als auf ein anderes wirke. Man
sagl, das Herz habe eine Beziehung zur Freude, zum Kummer,
zur Angst, aber in welcher heftigen excitirenden oder in welcher
deprimirirenden Leidenschaft wird es nicht verändert? Ist
es nicht wie mit den Thränenwerkzeugen, welche in jeder heftigen
Leidenschaft ergriffen werden-können, da jede Leidenschaft,
Aerger, Zorn, Freude, Bewunderung, Rührung, Traurigkeit,
Schrecken, Angst, Furcht, bis zum Weinen sich steigern kann.
Man hat behauptet, die Leber stehe in einer engen Beziehung
zu den Leidenschaften des Zorns und des Aergers; diess ist eine
uralte, in viele, auch physiologische Schriften übergegangene,
aber ganz falsche Behauptung. Wohl* werden manche Menschen
nach diesen Leidenschaften an der Leber afficirt, sie bekommen
eine gelbe Farbe, Schmerzen in der rechten Seite, oder gar Leberentzündung.
Aber diess geschieht nur denen, welche leberkrank
sind,, oder welche eine angeborne Disposition zu Leberaf-
fectionen haben. Den meisten, geschieht nach dem heftigsten
Zorne und Aerger nichts der Art, hier darf ich mich ganz auf
die Erfahrungen meiner Leser berufen. Wie viele sind unter
uns, welche nach Aerger und Zorn von allem dem nichts empfinden,
die' vielmehr sich den -Magen verderben, weil es der
leicht ergreifbare Theil ist, während ein anderer auf diese Leidenschaften
seine Verdauungsorgane ganz ungeschwächt empfindet,
aber jedesmal bei Zorn und Aerger eine heftige Affection
des Herzens erleidet, weil es der bei ihm leicht angreifbare Theil
ist; und so ist es mit allen Leidenschaften.- Keine einzige wirkt
regelmässig mehr auf die Leber, regelmässig auf den Magen, das
Herz; bei dem gesunden Menschen breiten sich ihre Wirkungen
radiatim vom Gehirn über das Rückenmark, über das animalische
und organische Nervensystem aus. Alles Specielle ist auch individuell.
Der Schamröthe scheint es eigenthümlich, dass sie die
Haut dés Gesichtes röthet, indem eine Anhäufung des Blutes in
den kleinen Gefässen stattfindet; allein viele Menschen werden
von Aerger, Zorn, Angst roth; und andere werden in der Scham,
im Aerger, im Zorne so güt wie in der Angst, im Schrecken, in
der Furcht blass. Nur bei dem Hepatischen, bei der hepatischen
Constitution erfolgt auf eine heftige Leidenschaft Gelbsucht,
Leherentzündung. Kürz, wir sehen, dass die Wirkungen der
Leidenschaften auf die verschiedenen Regionen der von dem Gehirne
abhängigen Theile nichts für die Hypothese beweisen können,
dass die Leidenschaften, oder überhaupt gewisse Seelenverrichtungen
ihren Sitz ausser dem Gehirne hätten.
Wenn wir nun tneils aus vergleichend anatomischen, theils
aus physiologischen und pathologischen Gründen mit Bestimmtheit
anerkennen müssen, dass der Sitz der Seelenwirkungen im
Qehirne und in keinem andern Theile ist, dass die Nerven diese
Wirkungen anregèn und vermöge ihrer Kräfte ausführen, und
dasS alle übrigen Theile die Wirkungen der Nerven erfahren, so
ist damit nur bewiesen, dass die Seele durch die Organisation