
Es gehört dieser NerVe unter die gemischten, welche sensorielle
und motorische Fasern enthalten. Diess ergieht sich theils aus
dem von mir an einem Theil der Wurzel des N. glossopharyn-
geus beobachteten Ganglion (siehe oben p. 614.), theils aus Seiner
Verbreitung in empfindlichen Theilen, am hintern Theil des Zungenrückens,
in den Papillae vallatae, und in den Mandeln und in
beweglichen Theilen, im Schlunde. Vergl. p. 662. Ob dieser
Nerve auch dem Geschmack bestimmte Fasern enthält, ist noch
zweifelhaft.' Der Umstand, dass der Nervus gustatorius der Vögel
und einiger Amphibien ein Ast des Nervus glossopharyngeus zu
seyn scheint, spricht dafür. Beim Frosch ist sogar der N. gusta-
torius ein Ast des N. vagus. Wir wissen überhaupt nicht, wie
weit sich der Geschmack ausdehnt. Die Empfindungen des Ekels,
welche im Schlunde .vorzüglich ihren Sitz haben, haben viele
Aehnlichkeit mit Geschmacksempfindungen; von ihnen ist es auch
wieder zweifelhaft, ob sie. in dem Schlundaste des N. vagus, oder
des N, glossopharyngeus entstehen.
Der Ramus tympanicus des N. glossopharyngeus muss wahrscheinlich
als ein vom N.' sympathicus zum®, glossopharyngeus gehender
Ast betrachtet werden, wie oben p. 616.790. gezeigt wurde.
Von dieser Verbindung in der Trommelhöhle oder der Jacobson-
schen Anastomose, und der Verbindung mit dem Ganglion oticum
ist schon oben p. 790. gehandelt. Ueber analoge Nerven bei Vögeln
siehe W eber anat. comp. n. symp. p. 26. 38. Breschet in Muel-
ler’s Archiv fü r Anat. und Physiol. 1834. p. 16. Der N. glossopharyngeus
der Vögel verbindet sich durch einen Ast mit dem
N. vagus, und verbreitet-sich zuletzt in der Zünge, deren Geschmacksnerve
er nach Weber ist, und mit einem zweiten Aste
theils am obern Kehlkopf, (theils herabsteigend an der Speiseröhre.
BiscHOFF beschreibt auch bei Iguana einen zur Zunge
gehenden N. glossopharyngeus. Bei den Klapperschlangen geht
der Ni glossopharyngeus, wie ich sehe, ganz in den N. Vagus
über, der auch einen Zungenast giebt. Bei den Fröschen kann
man nur den Zungenschlundast des vagus dem glossöpharyn-
geus vergleichen. Volkmann. Bei den Fischen hat man einen
vordem Ast des N. vagus, der beim Karpfen, wie die übrigen
Kiemenäste des N. vagus mit einem Ganglion versehen ist,
aber durch ein besonderes Schädelloch durchgeht, und sich im
ersten Kiemenbogen, aber auch auf der Zunge bis, zur Haut in
der Nähe der Mundöffnung verzweigt, Nervus glossopharyngeus
genannt. Man sieht deutlich aus diesen Varietäten, wie auch, aus
dem Mangel des N. accessorius bei den Fischen, dass der N. vagus,
glossopharyngeus und accessorius nur ein gemeinsames System
bilden, dessen Zertheilung in den Thierklassen sehr varii-
ren kann.
Nervus vagus.
Dieser gemischte Nerve, der seinen motorischen Einfluss gros-
sentheils wahrscheinlich von seiner Verbindung mit dem innern
Aste des N. accessorius erhält (siehe oben p. 663.)j verbreitet sich
constant in den Stimm- und Athemwerkzeugen, dem Schlunde
und dem Magen. Sein sensorieller Einfluss erstreckt sich über
alle diese TheilC; durch einen durch das Felsenbein gehenden
Ramus auricularis dehnt sich sein sensorieller Einfluss auch selbst
noch auf das äussere Ohr aus, ja durch die Verbindung des Ramus
auricularis N. vagi mit dem N. facialis innerhalb des Felsenbeines
ertheilt er dem N. facialis wahrscheinlich seine Empfindlichkeit.
S. p. 669. Von dem N. vagus sind die Empfindungen
des Hungers und der Sättigung, und die mannichfältigen Gefühle,
welche das gesunde und kranke Athmen begleiten, abhängig.
Nach Brächet soll die Empfindung des Hungers, nach Durchschneidung
dieses NerVen aufhörCn. Rechcrches sur les fonctions
du syst, ganglionairc. Paris 1830. p. 179. Bei einem Kinde mit
doppeltem Kopfe’ und Brust und einfachem Unterleib, war der
eine Theil nicht gesättigt, wenn der andere getrunken hatte,
wahrscheinlich, weil der Magen doppelt war. Ebend. p. 183.
Die zugleich motorischen Aeste des N. vagus sind der N. pha-
ryngeus und die N. laryngei.
Durch die DurcKsehneidung des N. laryngens inferior, oder
des N. vagus am Halse auf beiden Seiten wird die Bewegung der
kleinen Kehlkopfmuskeln unvollkommen gelähmt; die Stimme versehwindet,
aber sie erscheint nach einigen Tagen wieder, weil
der N. laryngens superior seinen Einfluss noch ausübt. Dass der
N. laryngeus superior sich bloss in den Muskeln verbreite, welche
die Stimmritze verengern, der N. laryngeus inferior in denen,
welche die■ Stimmritze erweitern, wie Magendie behauptet,
hat sich nach Schlemm’s Untersuchungen nicht bestätigt. Auf
den Magen hat der N. vagus keinen motorischen , Einfluss; und
man kann durch Galvanisiren und mechanische Reizung desselben
am Halse keine Bewegungen des Magens hervorbringen, wie
die Versuche von Magendie, Mayo und mir beweisen. Siehe
oben p. 505. Der N. vagus enthält viele organische Fasern vom N.
sympathicus, welche theils den Stamm, theils die Aeste desselben
vom N. sympathicus aufnehmen. Von diesen Einmischungen
rührt wahrscheinlich der organisch-chemische Einfluss dieses
Nerven her. • <
Der chemische Process der Respiration und der Schleimabsonderung'
in den Lungen hängt zum Theil von diesem Nerven
ab; wenigstens entstehen nach Durchschneidung des N. vagus am
Halse Blutaustretungen in den Lungen, und wenn auch der chemische
Process der Respiration anfangs nicht wesentlich gestört
wird, so sterben doch die-Thiere innerhalb einiger Tage, und
Vögel leben höchstens bis zum. 5.—8. Tage. Siehe oben p. 347.
Auch die Absonderung des Magensaftes wird von den organischen
Wirkungen Ndes N. vagus beherrscht. Nach Durchschneidung
des N. vagus am Halse wird die Absonderung des Magensaftes
zwar nicht ganz aufgehoben, aber vermindert (siehe oben p. 550.),
und eben so ist es mit der Verdauung, die bei länger lebenden
Vögeln ganz evident, aber viel langsamer vollbracht wird. Dass
die vom N. vagus abhängigen' chemischen Proc'esse in den Lungen
uiid im Magen, nach der Durchschneidung dieses Nerven am