
gung von Nerven und Organ so zu verstehen, dass die Erzeugung
der Organe "von der Präexistenz der Nerven abhänge. In der
Keimsubstanz, in welcher noch die ganze organisirende Kraft ruht,
werden Nerven und Organ durch eine und dieselbe Kraft erzeugt.
Wenn aber einmal die Organe erzeugt sind, scheint ihre beständige
Restauration von dem Einflüsse der Nerven zugleich mit
abzuhängen. Mehrere Thiere bilden, seihst im spätem Lehen,
verlorne Tlieile wieder. Die Salamanderlarven erzeugen abgeschnittene
Extremitäten, Kiemen, Unterkiefer, Auge wieder. Hier
ist es zweifelhaft, ob die in dem Ganzen verbreitete organisirende
Kraft, wie hei der ersten Entwicklung, diese Theile nach erzeugt,
oder oh die noch unversehrt vorhandenen Centraltheile des Nervensystems
die Wiedererzeugung der Theile, zu welchen sie Nerven
ausschicken, einleiten. Der Salamander soll die Extremität
nicht wieder erzeugen, wenn der Nerve über dem Stumpfe abermals
durchschnitten worden (?).
Gegen den Einfluss der Nerven auf die Ernährung könnte
man anführen, dass die Knochen sich regeneriren, ohne Nerven
zu besitzen, indessen doch auch die ernährenden Gefässe der Knochen
so gut wie andere Theile mit feinen Zweigelchen von Nerven,
die dem N. sympathicus angehören, versehen seyn können.
Wir besitzen wenig directe Erfahrungen über den Einfluss
der Nerven bei den Actionen in den kleinsten Gefässen. Magen-
die sah, dass Brechmittel in die Venen eingespritzt, Lungen- und
Magenentzündung bewirken, dass diese aber viel geringer war,
wenn die Nervi vagi vorher durchschnitten waren. Magendie
beobachtete, dass auch nach Durchschneidung des N. trigeminus
starke Reize an dem Auge keine Augenentzündung erregten, dass
aber nach einigen Tagen an dem Auge sich eine Entzündung mit
Exsudation im Innern einstellte, auch wenn das Auge nicht gereizt
worden. Journ. d. physiol. 4. 176. 304. D upuy hat nach
Ausschneidung des Ganglion cervicale supremum nervi sympathici
eine Augenentzündung entstehen gesehen, was Mayer bei Unterbindung
des N. sympathicus bestätigt hat. Graefe und W alther’s
Journ. 10. 3. S chröder durchschnitt bei einem Hunde an dem
einen Beine den N. ischiadicus und cruralis, und verwundete beide
Füsse. Am folgenden Tage war die Wunde des paralytischen
Beines trockner als die des gesunden; innerhalb 3 Wochen entwickelte
die Wunde des gesunden Fusses viel stärkere Entzün—
dungsphänomene; es entstand Eiterung und Granulation, an dem
paralytischen Fusse fehlte fast die Entzündung der Wunde, eine
weisse Materie wurde ausgeschieden, welche verschörfte. Die
Wunde war blass. Obsero. anat. palhol. 1826. 14. Ich habe nach
Durchschneidung des N. ischiadicus, die ich wegen Reproduction
der Nerven vornahm, untsfr mehreren Fällen beim Kaninchen einmal
beobachtet, dass das Thier an dem paralytischen Beine an
der Ferse sich aufging, wo ein Decubitus entstand. Es gehören
hieher auch die plötzlicheü Veränderungen des Zustandes der
Wunden nach Gemüthsbewegungen, worauf Wunden oft schnell
ihr gutes Ansehen verändern, wie Y ering und L angewbeck. berichten.
Siehe S chröder v. d. K olk a. a. O. p. 28.
Ueher den vorzugsweisen Antheil des sympathischen Nerven
an der Ernährung im Gegensätze der Cerebro-Spinal-Nerven weiss
man nichts, als dass die Ernährung eines Theiles nach Durchschneidung
seiner vom Gehirne oder Rückenmarke kommenden
Nerven nicht aufhört.
II. Capitel, Vom W a c h st hum.
D as Wachsthum der Theile organischer Wesen geschieht auf
zweifache Art. Entweder geschieht es von allen kleinen Partikeln
zwischen den Capillargefässen aus, indem sich zugleich die
Anzahl der Gefässe vermehrt, und so wachsen die organisirten,
mit Blutgefässen versehenen Theile, oder das Wachsthum geschieht
durch schichtweise Apposition von Bildungsstoff, der von
einer organisirten Matrix abgeschieden wird, während die durch
Apposition wachsenden Theile keine Gefässe besitzen.
a. Vo n d em W a c h s t h u m d e r o r g a n i s i r t e n T h e i l e d u r c h
I n t u s s u s c e p t i o .
Die Erzeugung von Gefässen scheint fast überall zu den ersten
Acten der organisirenden Kraft zu gehören. So entstehen
sie in dem bei der Entzündung und nach der Conception im
Uterus ausgeschwitzten Faserstoff, durch Wechselwirkung der aus-
gCschwitzten Materie mit der exsudirenden organisirten Oberfläche.
Von allen organischen Materien ist es der im Blute aufgelöste
Faserstoff, der diess Princip des Lehens in sich enthält,
dass- er selbst im ausgeschwitzten Zustande noch organisirt wird,
sobald er mit organisirten Theilen in Berührung ist. Die erste
Entstehung und Vervielfältigung der Gefässe lässt sich in der
Keimhaut des Eies beobachten. Die Keimscheibe vergrössert sich
zur Keimhaut; diese zeigt bald eine obere dünnere Schichte (seröses
Blatt) und eine untere dickere Schichte (Schleimblatt). Um
die in der Mitte der Keimhaut sich zeigende Spur des Embryo
erscheint ein durchsichtiger Hof, Area pellucida, während der
äussere Theil der Keimhaut undurchsichtig bleibt, und dieser undurchsichtige^
Tlieil der Keimhaut wird bald wieder durch eine
Abgrenzung in ein äusseres und inneres ringförmiges Feld ahge-
theilt, beim Vogel in der. 16.*—-20. Stunde. Diese Abgrenzung
schliesst zunächst den einen Theil des undurchsichtigen Stückes
der Keimhäut ein, welches den innersten oder durchsichtigen
Hof der Keimhaut umgieht, und Area vasculosa genannt wird, weil
sich innerhalb dieses Hofes das Blut und die Gefässe bilden. So
weit die Area vasculosa reicht, zeigt sich zwischen den Blättern
der Keimhaut eine körnige Lage, welche sich bald in körnige
dichte Inseln und rinnenförmige Zwischenräume zertheilt, in denen
sich zuerst eine gelbliche, hernach rothe Flüssigkeit, das Blut,
sammelt. Zuerst sieht man das Blut in der Peripherie der Area
vasculosa. Allmählig theilt sich die körnige Lage zwischen beiden
Blättern überall in solche Substanzinseln und Rinnen. Das Herz