
v 1) Die Centralorgane vereinigen alle Nerven ; diess gilt sogar
von dèn : sympathischen Nerven, die., wie am Ende des vorigen
Abschnittes gezeigt worden,, an sa vielen Punkten durcli Fasern
mit den, Centraltheilen Zusammenhängen. Es zeigt sich: nur der
Unterschied der Cerebrospinalnerven von den organischen Nerven
in Beziehung auf die Centralorgane, dass die ersteren viel
unmittelbarer von den Centralorganen ausstrahlen, während die
organischen Nerven zwar auch ihre: Fasern in Begleitung der
Cerehrospinalnerven mit dem Gehirn und Rückenmark in Wechselwirkung
bringen, aber doch auch ihre, untergeordneten Cen-
traltheile in ihren eigenen Gangliën und Geflechten haben, von
welchen der organische Einfluss zunächst ausstrahlt, wenn sich
auch die- Thätigkeit dieses Systems ohne die-Mitwirkung des Gehirns
und Rückenmarkes auf die Dauer'nicht erhalten kann.
2) Die Centralorgane sind Erreger für die motorischen Ner- I
ven als Conductoren der motorischen Entladung des: Nervenprin- I
cips nach den Muskeln. Diese motorische Thätigkeit äussert sich I
a. theils als beständige Ausstrahlung, wie wir das Beispiel in der
beständigen Beherrschung der Sphincteren sehen, deren Zusam- I
menziehungen nach Verletzungen der Centralorgane aufhören;
b. theils durch abwechselnde rhythmische Bewegungen., wie in
der Abhängigkeit der Bewegungen des Athmens' von der Medulla
oblongata (siehe oben p. 341,); c. theils ".als Entladungen, die will-
kührlich von dem Sensoyiüm commune‘der Ccntralorgane ausgehen,
welches den spontanen Actionen dei Seele unterworfen ist.
Gegen diesen motorischen Einfluss verhalten sich die motorischen
Nerven auf doppelte Art. Die Nerven einer Classe verhalten
sich gegen denselben als blosse Conductoren. Sie sind
zwar auch beständig motorisch geladen, und können künstlich,
wie der Nerve des Froschschenkels,-durch mechanische Reize zu ■
Entladungen bestimmt werden; aber sie entladen sich im Zu- I
stände der Gesundheit nicht spontan, sondern auf den Einfluss I
der Centralorgane; diess sind die motorischen Cerebrospinalnër- I
ven. Die Nerven der andern Classe, dem Einflüsse des Sensörium I
commune in Beziehung auf willkührliche A.otionen ganz entzogen, I
können zwar auch von den Centralörganen zu beständigen oder I
rhy thmischen Actionen bestimmt werden y haben aber das Ei- I
genthümiiche, dass sie auch selbstständige Entladungen bewir- I
ken, wenn sie: gleich auf längere Dauer zur Reproduction ihres I
Nerveneinflusses der Centralorgane bedürfen ; dahin gehören die I
motorischen Wirkungen des N. sympathicusi; Die von ihm be- I
herrschten Theile ziehen sich spontanauch* getrennt von dem I
Einfluss der Centralorgane zusammen, wie das Herz, der Darmkanal I
u. s. w., aber die Kraft und Dauer ihrer Zusämmeriziehungen I
hängt durchaus von dem Verkehr ihrer Nerven mit den Gen- I
tralorganen ab. Vergl. oben p. 19Ö; 742. Bei! vorübergehén-
der Ermüdung und auch in dem Schlafe nach der täglichen
Action des Nervensystems, tritt- ein Mal eine Relaxation in - den
Wirkungen der Centralorgane auf die peripherischen Theile ein;
aber diese -vorübergehende Veränderung in den Centralorganen ist
noch nicht im Stande, die Actionen der dem sympathischen Sy- I
stetn unterworfenen spontanen Bewegungen wesentlich zu. verändern.
Nur wenn die Ermüdung in den Centraltheilen dauernder
wird, wenn diese Organe wesentlich verletzt werden, erlahmen
auch die dem sympathischen System unterworfenen Bewegungen,
weil ihre Kr-affeund Dauer von den Centraltheilen auch abhängt.
, Man darf sich aber nicht vorstellen, dass während der täglich
einmal eintretenden Ermüdung der Centralorgane und des
Schlafes die: Centralorgane überhaupt unthätig würden. Diese
Ermüdung ist; zwar allgemein, aber nur das Sensörium commune
der Centralorgane, jener Theil des Gehirns, welcher den Actionen
der Seele unterworfen ist, wird vorzüglich unthätig; nur die willkühr-
lichen Bewegungen .fallen unter den motorischen Actionen der Centralorgane
während des Schlafes ganz aus. Alle übrigen Theile der
Centralorgane setzen ihre Thätigkeit wie während des W achens fort.
Diess sieht man an der Fortdauer der von . den Centralorganen
abhängigen beständigen Zusammenziehungen der Sphincteren und
den rhythmischen Athembewegungen,' welche beide von wahren
Cerebrospinalnefven-ausgeführt werden. Gewisse Muskeln sind also,
obgleich von. Cerebrospinalnerven versehen, auch während des
Schlafes beständig thätig; immer sind die Sphincteren. geschlossen,
immer bewirkt der Schlaf eine fixirte Stellung des Auges
nach oben und innen, immer die constant damit verbundene
Contraction der Iris mit Verengung) der Pupille; die Schliessung
des Mundes, findet auch im Schlafe gewöhnlich statt. Kurz,
wTir sehen,: dass auch im Schlafe der ganze motorische Apparat
der Centralorgane, des Gehirns sowohl als des Rückenmarkes,
fortwirkt, dass, nur die wiükührliche Excitation dieses dauernd
thätigen motorischen Apparates während der Unthätigkeit des
Sensörium commune aufhört. Daher müssen wir auch eine während
des;Schlafes fortdauernde Wechselwirkung, der Centralorgane
mit der .motorischen Thätigkeit des sympathischen Systems
notbwendig voraussefzen, . ohne welchen Einfluss die Kraft der
Bewegungsactionen im sympathischen System sogleich abnehmen
würde, wie wir in der Apoplexie, in den von den Centralorganen
eintretenden Ohnmächten und bei der künstlichen Zerstörung
des'Rückenmarkes (siehe oben p. 194.) deutlich sehen.
3) Die Centralorgane erfahren die Wirkungen der sensoriellen
Nerven, und .pflanzen sie entweder unbewusst reflectirend
auf die, Ursprünge der motorischen Nerven fort, wodurch die
reflectirten Bewegungen (siehe oben p. 717.) entstehen; oder sie
leiten diese Wirkungen zu dem Sensörium commune der Central-
organe, Wodurch sie während der Thätigkeit des letztem bewusst
werden. Ina ersten Falle gelangen die centripetalen Wirkungen
der sensoriellen Nerven nur bis zur Excitation des motorischen
Apparates der Centralorgane, der vorzüglich seinen Sitz im Rük-
kenmark hat, aber sich auch in das Gehirn verzweigt; im zweiten
Falle gelangen diese : Wirkungen zu einem besonderen Theil
der Centralorgane, ohne Reflexionsbewegungen zu erregen, in
dem Sensörium commune, zu dem Bewusstwerden der Seele.
Nicht selten geschieht Beides; die Empfindungen werden bewusst,
und erregen zugleich Reflexionsbewegungen, indem die Leitung