
Lei den Klettervögeln, Sumpf- und Wasservögeln , den Insekten
fressenden und straussartigen Vögeln fehlt, zerfällt der Magen
selbst in zwei Theile: in den sogenannten Vormagen oder Drüsenmagen
(Proventriculus), eine Erweiterung der Cardia, deren
Wände zwischen Schleimhaut und Muskelhaut mit einer ganzen
Schicht von gesonderten Drüsensäekchen besetzt sind, und in
den Muskelmagen, welcher unmittelbar auf den erstem folgt.
Bei den fleischfressenden Vögeln sind die Wände des Muskelmagens
dünner, sehr stark dagegen bei den Pflanzenfressern, wo
die Muskelscliicht zwei ungeheure muskulöse Schalen bildet, die
an der innern Fläche der Schleimhaut mit einer schwieligen,
dicken Schicht des Epitheliums bedeckt sind. Der Dickdarm
kurz und eng, besitzt an seinem Anfänge zwei Blinddärme, die
vorzüglich bei den von Vegetabiliën lebenden Vögeln lang sind.
Der Mastdarm öifnet sich wie bei den Amphibien mit den Ausführungsgängen
der Harnwerkzeuge und Geschlechtstheile in die
Kloake.
Bei den Säugethieren wird vorzüglich der Unterschied der
Pflanzenfresser und Fleischfresser wichtig. Der bei den Vögeln
vorkommende Drüsenmagen kommt unter den Säugethieren als
gesonderte Abtheilung nicht vor, wiederholt sich bloss in der
Anhäufung mehrerer Drüsen an der Cardia einiger Säugethiere,
wie beim Biber und Phäscolomys u. a. Siehe H ome Lectures on
comparative Anatomy. Vol. II. Mueller de gland. secernentium
penitiori strüctura. Tab. I. Fig. 9. 10.
Bei mehreren Nagethieren,' wie beim Hamster und der Wasserratte,
zerfällt der Magen bereits in zwei Hälften. Bei dem
Biesen-Känguruh unterscheidet man 3 und bei den Faulthieren
selbst 4 Abtheilungen; unter den Affen haben die Semnopitheci
einen zusammengesetzten Magen, welcher aus 3 Theilen, einer Portio
cardiaca mit glatten, einfachen Wänden, einer sehr weiten
sackförmigen Portion, und einem langen, dickdarmähnliehen Kanal
besteht. Bei den wiederkäuenden Thieren zeigt der Magen
constant 4 Abtheilungen. Die Zusammensetzung des Magens ist
jedoch im. Allgemeinen kein Charakter der pflanzenfressenden
Säugethiere; denn, bei den Einhufern ist der Magen einfach, und
die verschiedenen Regionen unterscheiden sich nur, dass 'dié Portio
cardiaca noch mit dem Epithelium der Speiseröhre überzogen
ist. Unter den dickhäutigen Thieren ist der Magen im Allgemeinen
bis auf die dem Pecari und Nilpferde eigenthümlichen Anhänge
oder sackförmigen Erweiterungen des Magens von einfacherer
Structur. Bei den wiederkäuenden Thieren unter den
Pflanzenfressern und bei den Delphinen unter den Fleischfressern
hat der Magen eine auffallend zusammengesetzte Structur.
Bei den Wiederkäuern, wo sich 4 Magen vorfinden, gleicht nur
der letzte durch die saure Beschaffenheit seiner Absonderung
dem Magen der übrigen Säugethiere. Die drei ersten Abtheilungen,
welche noch mit Epithelium bedeckt sind, können als Abtheilungen
der Portio cardiaca .betrachtet werden, welche zur vorläufigen
Erweichung der vegetabilischen Nahrung bestimmt sind.. Unter
diesen Abtheilungen zeichnet sich die erste grosse (Wanst,
Pansen) durch die vielen platten Warzen seiner innern Fläche
aus; ; in ihm sind die Nahrungsmittel noch wenig verändert und
werden der Einwirkung des Speichels überlassen. Die zweite
kleinere Abtheilung, welche mit der ersten in einem weiten Zusammenhänge
steht, ist der Netzmagen, durch die zellenförmigen^
gezähnelten Falten einer innern Haut ausgezeichnet. Im dritten
Magen, dem Blättermagen-, bildet die Schleimhaut eine grosse
Anzahl höher Längenfalten, die wie Blätter eines Buchs nebeneinander
stehen. Das in dem ersten und zweiten Magen erweichte
Futter gelangt in einer gewissen Zeit wieder nach der
Speiseröhre und in den Mund zurück; erst im wiedergekäuten,
verdauten Zustande gelangt es aus der Speiseröhre in den dritten
Magen, und erst von hier aus durch eine engereOeffnung inden
vierten Magen, Labmagen, welcher eine weichere Beschaffenheit
seiner Schleimhaut und eine längliche, fast darmartige Form besitzt.
Man kann den ersten und zweiten Magen als Erweiterungen
des Cardiatheils der Speiseröhre und dés Magens betrachten.
Durch Schliessung der Rinne, durch welche sie mit der Speiseröhre
Zusammenhängen, kann die Speiseröhre an dem ersten und
zweiten Magen vorbei, den Bissen in den dritten gelangen lassén.
Unter den Cetaceen kommt die zusammengesetzte Structur sowohl
bei den grasfressenden als fleischfressenden vor. Die grasfressenden
Monati’s haben mehrere Säcke an ihrem Magen, und
die fleischfressenden Wallfische haben sogar fünf und mehr Ab-
theijüngen desselben.
Der Darmkanal ist bei den fleischfressenden Säugethieren in
der Regel viel kürzer, und der Unterschied der dünnen und
dicken Gedärme weniger ausgeprägt; dagegen ist der Grimrndarm
bei‘den meisten Grasfressern sehr weit und sehr lang. Merkwürdige
Unterschiede zeigen sich auch am Blinddarm fast durchgängig
nach der Art der Nahrung. Dieses Darmstück ist in der
Regel bei reissenden Thieren äusserst klein, dagegen hei den
Einhufern, Wiederkäuern und den meisten Nagern ungemein lang,
z. B. beim Pferd 2 | Fuss lang, beim Biber 2 Fuss lang. Beispiele
vom Uebergang der thierischen Nahrung in vegetabilische bilden
in gewissen Lebensabschnitten die pflanzenfressenden Säugethiere,
indem sie nach der Geburt von Mutteivnilch ernährt werden;
der erste Magen der Wiederkäuer ist, so lange sie noch von
Milch leben, klein. Grösser sind die Veränderungen, welche der
Darm des Frosches, durch die Verwandlung erfährt. Die Larven
dieser nackten- Amphibien scheinen bei einem ausserordentlich
langen Darmkanal vorzüglich von Vegetabiliën zu leben.
Das allgemeinste Resultat dieser Vergleichung, auf deren
Detail die vergleichende Anatomie einzugehen hat, ist, dass die
Verdauung der Vegetabiliën ungleich grossem Aufwand thieri-
scher Apparate erfordert, als die Verdauung des Fleisches. Der
innige Zusammenhang, in welchem die gesammte Organisation
eines Thiers zu seiner Nahrung steht, ist von Cuvier auf eine so
bewundernswürdige Weise geschildert worden, dass ich mich
nicht enthalten kann, diese Darstellung in seinen eigenen Worten,
Umwälz. d. Erdrinde, übersetzt von Noeggerath. Bonn 1830
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