
rung, statt, organische Affinität zwischen Säften und Organen bewirkt
Turgescenz-Bewegungen; man muss sich wohl hüten, die
Muskeln für die einzigen der Bewegung fähigen Theile zu halten;
die muskulösen Theile sind nur die einzigen Organe, welche
durch Zusammenziehung und Kräuseln von Fasern "sich bewegen,
und alle Theile, welche sich so zusammenziehen können, und
nicht. wesentlich Muskeln sind, sind meist durch 'eingestreute
Muskelsubstanz, besonders Muskelfasern, beweglich, wie die Ausführungsgänge
der Drüsen, welche sich, wie ich zeigen werde,
contrabiren.
III. 'Die Nerven haben theils die Fähigkeit, bei geringen
Veränderungen ihres Zustandes Bewegungen in den Muskeln zu
bewirken, während die Veränderungen der Nerven selbst den
Sinnen des Beobachters entgehen, theils besitzen sie ein Leitungs-
Vermögen für jede Veränderung ihres Zustandes nach dem Gehirn,
dem Centralorgane, wovon Wirkungen auf alle übrigen Organe
ausgehen, und diess nennt man empfinden. Empfindungen
finden nur so lange statt, als die Nerven noch mit dem Gehirne
in Verbindung stehen. Viele vom Gehirn und Riickenmarke
ausgehende NerVen sind durch das Gehirn und Rückenmark will-
kührliche Excitatoren der Bewegung.in den Muskeln, so lange
die Nerven noch mit Gehirn oder Rückenmark in Verbindung
stehen, während sie in dieser Verbindung und ohne-diese Verbindung
auch - unwillkührliche Zusammenziehungen der Muskeln
bei einer Veränderung ihres Zustandes bewirken. Dagegen sind
die vom Nervus sympathicus abhängigen beweglichen Theile dem
Wdlen entzogen und nur in einer bedingten Abhängigkeit von
dem Gehirn und Rückenmarke, mit welchen der Nervus sympa-
thicus mittelbar, nämlich durch Vermittelung wirklicher Cerebral-
und Spinalnerven zusammenhängt. In den Nerven zeigt sich die
grösste Beweglichkeit der organischen Kräfte, ohne Bewegung
der ponderabeln Masse, und ihre Wirkung ist zur Ausübung aller
Functionen nöthig, indem alle Theile durch Veränderungen
der Nerven auf Gehirn und Rüctenmark zurückwirken, und von
diesen aus gewisse zu ihrer Action nothwendige Einflüsse erfahren.
Diese organischen Systeme greifen verschiedenartig in einander.
Alle Organe sind nur durch den Antheil von Nerv6n, die
in ihre Gewebe treten, empfindlich, die Organe, die der chemischen
Verwandlung der Flüssigkeiten dienen, sind, wenn sie sich
zusammenziehen, nur durch eingestreute Muskelfasern zusammenziehbar,
und alle Organe oder einzelnen Theile, in welchen ausser
besonderen Lebenseigenschaften auch noch Absonderungen
tropfbarer Flüssigkeiten für den Zweck des Ganzen stattfinden,
haben für diesen Zweck auch eigentümliche Gewebe, wie in
den Organen der Sinnesempfindung auch tropfbare Absönderun-
gen durch besondere Gewebe stattfinden.
Sowohl die Wechselwirkung dieser Systeme unter sich, als
ihre Wiedererzeugung aus dem Blute, kann ohne Äffinitätsäusse-
rung der ponderabeln und imponderabeln Materien mit organischer
Anziehung nicht vor sich gehen. Die Kenntniss dieser
Gesetze wäre von der grössten Wichtigkeit, allein wir kennen
kaum einige merkwürdige Facta, wie die Anziehung des Blutes
in Theilen, welche der Ereetion fähig sind, und wo eine grössere
Thätigkeit stattfindet, und jene merkwürdige Verwachsung zweier
Keime, woraus ein Tbeil der Doppelmissgeburten zu erklären ist,
was Ohne Anziehung gleichartig gebildeter Theile nicht geschehen
kann, da fast in der Regel gleichnamige Theile verwachsen, Gesicht
mit Gesicht, Schnauze mit Schnauze von vorn oder von
der Seite, oder Hinterkopf mit Hinterkopf, von der Mitte oder
von der Seite, Hals mit Hals oder Brust mit Brust, oder bloss
Bauch mit Bauch, oder Seite mit Seite, oder bloss Steiss mit
Steiss. Eine Verbindung, wobei immer die verwachsenden Theile
beider Embryonen gemeinsam und einfach werden, und sich
nach den Doppelhöhlungen hin theilen. Eine einzige Beobachtung
organischer Anziehung und Abziehung an kleinsten Theilen
wäre hier von unendlicher Wichtigkeit. Allein alle meine
Bemühungen um ein Experiment in diesem Punkte sind fruchtlos
gewesen, mochte ich einen blossgelegten und heraus präpa-
rirten Nerven eines Frosches unter das Mikroskop legen und das
Ende mit Blutkügelchen umspült beschauen, oder Samen des Frosches
mit Theilen des unbefruchteten Eies vom Frosche unter
dem Mikroskop beobachten.
Die Gesetze der Reizbarkeit der organischen Wesen sind im
Allgemeinen schon im vorigen Abschnitt untersucht worden; dort
ist das Verhältniss der Lebensreize zur Aeusserung der Thätigkeit
bestimmt. Hier werden nun zunächst die Gesetze der Reiz- ■
barkeit in den Tbieren näher bestimmt werden, obgleich es bei
dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft kaum möglich ist,
Licht über diese schwierigen Probleme zu verbreiten, und doch
wäre diese Kenntniss so wünschenswerth, da die Arzneikunde
hier die grössten Anforderungen an die Physiologie zu machen hat.
Mag die organische Kraft ,das Resultat der Mischung ponde-
rabler und imponderahler Materien seyn, oder selbst die Mischung
der organischen Materie bedingen und erhalten, wir sehen, dass
sie sich unter gewissen Umständen in einzelnen Organen verstärken
kann; die Actionen sind in diesem Falle grösser und dauernder,
wie man in den Genitalien in der Schwangerschaft und in
der Brunst beobachtet. So nimmt die organische Kraft auch in
dem früher orgänisirten . Geweih der Hirsche ab, wenn es abstirbt,
und verstärkt sich wieder, wenn es im orgänisirten Zustande
von Neuem erzeugt wird. Zu einem mehr belebten Theile
strömt mehr Blut, und es wird mehr- Blut als sonst in organi-
sirte Materie umgewandelt. T iedemann sagt, dass ein gereiztes
Organ schnellere Veränderungen in seiner materiellen Zusammensetzung
erfahre, und eben daher auch das Blut, welches allein
im Stande ist, zu gesteigerten Kraftäusserungen zu befähigen,
rascher und in grösserer Menge anziehe. Physiologie 1. 326.
Wenn dagegen ein organischer Theil einen Schaden durch materielle
Umwandlung erleidet, so entsteht in einem solchen Theile
dann auch eine grössere Thätigkeit zur Wiederherstellung dieses
Schadens, wenn die Zersetzung des organischen Theiles nicht zu