
gereizten motorischen Nerven nach dem Gehirn und Rückenmark
stattfändcj so könnten wir sie nicht an Zuckungen anderer Theile
tnerken, weil die Fasern eines Stammes mit keinen Fasern höherer
Aeste Zusammenhängen. Diese Rückwärtswirkung kann auch im
Rückenmark isolirt bleiben, wenn die Fasern imRückenmark sich
nicht verbinden, sie kann auch keine Empfindung im Gehirn und
Rückenmark erregen, wenn die Fasern dér motorischen Nerven , im
Gehirn und Rückenmark isolirt sind und nicht mit sensibeln,Fasern
Zusammenhängen. Eben so mit den an einem Punkte ihrer Länge
gereizten sensibeln Fasern. Die sensibeln Fasern bewirken nur Empfindungen,
wenn sie mit dem unversehrten Rückenmark und Gehirn
Zusammenhängen. Hieraus könnte man auf eine blosse centripetale
Wirkung der sensibeln Nervenfasern schliessen, allein dieser Schluss
ist eben so fehlerhaft, denn nur der centripetale Ström von jenem
Punkte kann bewusst werden, weil nur er von dem Centrälorgane
empfunden wird, der entgegengesetzte Strom der sensibeln Fasern
kann nicht bewusst werden, wenn er auch stattfindet. . .,
Wenn es gewiss wäre, dass dié Muskeln auch ohne die Nerven
durch sich selbst Contractilität besitzen, und dass aller Nervenreiz
nur wie andere Reize auf die Muskeln wirke, dass andere
Reize nicht erst auf Nerven wirken müssen, um Bewegungen
hervorzurufen; wenn diess gewiss wäre, so liesse sich weiter beweisen,
dass die sensibeln Fasern nur centripetal nach dem Gehirn
und nicht rückwärts wirken. Denn nach einer Beobachtung
von mir sind, die sensibeln Fasern in den Muskeln Zuckungen
zu bewirken auch dann unfähig, wenn sie sich wirklich in
Muskeln verbreiten, wie der N. lingualis, der wenigstens mit dem
Muskelnerven N. hypoglossus anastomosirt. Allein obige Voraussetzung
ist falsch; die Muskeln besitzen ohne die Wechselwirkung
mit den Nerven keine Contractilität; sie verlieren ihre Contra-
ctionskraft auf alle Reize, wenn ihre Nerven länge Zeit vom Gehirn
getrennt waren; sie verlieren,-ihre Reizbarkeit in gleichem
Grade, als die Reizbarkeit der Nerven erlischt, wie die Versuche
von mir und Sticiver zeigen. Siehe oben p. 639. In diesen
Versuchen hatten die Muskeln, zu welchen ein durchschnittener
Nerve hingeht, nach mehreren Monaten in zwei Fällen alle Reizbarkeit,
i und in einem Falle fast , alle Reizbarkeit für den galvanischen
und mechanischen Reiz, in gleichem Grade als die Nerven
selbst verloren, so dass zu den Zusammenziehungen der Muskeln
durchaus ihre Wechselwirkung mit den Nerven nöthig ist.
Da nun die sensibeln Nerven auch dann, wenn sie sich in Muskeln
(wie der N. lingualis in der Zunge) verbreiten, keinen Einfluss
auf die Muskeln haben (siehe oben p. 6 6 1 .) , so folgt ganz
evident, dass die motorischen Nerven allein in jener Wechselwirkung
mit den Muskeln stehen. Diess kann aber auch wieder
eben so gut von einer eigentümlichen, nur den motorischen Nerven
eigenen Qualität herrühren, als von einer, nur den motorischen
Nerven zukommenden centrifugalen Richtung der Nebenwirkung.
Getrieben von dem Eifer, über diesen äusserst wichtigen
Punkt auf empirischem Wege ins Reine zu kommen, habe ich in
den Wirkungen der narkotischen Gifte ein Mittel zur dereinsti-
gen Lösung des Problems gefunden. Die Frösche werden nämlich
nach der Vergiftung mit Opium so äusserst reizbar im Rük-
kenmark, dass jede auch noch so geringe Erschütterung, z . B.
das leise Klopfen auf den Tisch, äuf welchem der Frosch liegt,
oder das FaUenlassen eines Fusses eine Zuckung am ganzen Körper
bewirkt. Nicht allein die Erschütterung des Rückenmarkes
sejbst thut.diess, sondern |auch eine ganz örtliche Empfindung,
die auf das Rückenmark verpflanzt wird. Wenn man den Frosch
in diesem Zustande irgendwo sticht, ohne die geringste Erschütterung,
so zuckt Cr in allen Theilen seines Körpers. Hiebei
wirkt die peripherische Reizung eines Empfindungsnerven auf
das ganze Rückenmark, und das Rückenmark auf alle Theile zurück.
Das Rückenmark ist hier die Vermittelung, denn die ab-
geschnittehen Theile oder Theile, deren Nerven durchschnitten
sind, zucken dann nicht mehr bei der Erschütterung. Diese That-
sache vorausgesetzt, wollte ich hei einem Frösch die hinteren
oder sensibeln Whrzeln der Nerven für ein Hinterbein durch-
schneiden, den Frosch vergiften, und dann sehen, ob die Nerven
dieses Beins, welches noch durch die vorderen oder motorischen
Wurzeln mit dem Rückenmark zusammenhängt, wenn
sie gereizt werden, so gut wie die Empfindungsnerven diese Reizung
auf das äusserst gereizte Rückenmark fortpflanzen können
in centripetaler Bewegung, und ob also die Reizung eines Bewegungsnerven
in einem empfindungslosen Bein rückwärts auch noch
allgemeine Zuckungen in einem vergifteten Frosch bewirkt. Der
Erfolg des wiederholten Versuchs ist dagegen. Diese- Zuckungen
erfolgen nicht, wenn die Reizung des Bewegungsnerven ganz
ohne alle Erschütterung des ganzen Frosches geschieht, z. B.
durch Schneiden eines Nerven mit der Scheere; auch die mechanische
Reizung des Nerven mit der Nadel uud Pincette bringt
dann keine allgemeinen Zuckungen am ganzen Frosch hervor,
wenn nur keine Erschütterung des Frosches dabei stattfindet.
Um diese Versuche gut anzustellen, muss man erst das Gift bei-
bringen, und wenn sich die erste Wirkung zeigt, wenn nämlich
der Frosch beim Klopfen auf den Tisch, worauf er liegt, zu
zucken anfängt, schnell das Rückgrat öffnen, und auf einer
Seite alle drei hinleren Wurzeln der Nerven des einen Hinterbeines
dürchschneiden, während die andere Seite unversehrt
bleibt; darauf präparirt man eben so schnell den Schenkelnerven
auf beiden Seiten heraus und schneidet ihn über dem Knie ab,
so dass er am Oberschenkel heraushängt. So ist der Frosch
zum Versuch präparirt. Bricht man aber vor dem Beibringen,
des Giftes das Rückgrat auf, so verliert er vor der Vergütung
so viel Blut, dass das Gift hernach nicht mehr recht resorbirt
wird. Dieser Versuch ist überhaupt schwer, und man muss ihn
oft anstellen, bis, man zu einem reinen Experiment kommt. Auch
darf die Dosis des Giftes nicht zu stark sey», damit die Paralyse
nicht zu schnell eiutritt- Am besten ist Opium; Nux vomica macht
zu , schnell paralytisch. Ist nun-der Frosch vergiftet, das Rückgrat
aufgebrocheu, sind die hinteren oder sensibeln "Wurzeln der