
Harnlassen, unwillkürlich beim Erbrechen, Gebären, unwillkürlichen
Stuhlgang nach zu langem Zurückhalten der Excrenxente
und beim unwillkürlichen Harnlassen nach zu langem Zurückhalten
des Harns. Sowohl der Schlund als Magen, als Mastdarm,
die Urinblase, der Uterus, alle diese Theile stehen durch ihre
Nerven in einem solchen Zusammenhang mit den Gehirn- und
Rückenmarksnerven, dass jeder heftige Reiz in Schlund, Magen,
Mastdarm, Urinblase, Uterus nicht bloss die Zusammenziehung
dieser Theile, sondern auch die Zusammenziehung der Bauchmuskeln
und des Zwerchfells verursacht zum Austreiben des Reizes
nach oben oder nach unten. Diese Wirkung geschieht durch
Reflexion der Reizung von Aesten des Nervus vagus im Schlunde
und Magen aut das Gehirn und von sympathischen Zweigen des
Magens auf das sympathische System und auf Gehirn und Rückenmark,
durch Reflexion der Reizung von Nerven des Mastdarms,
des Uterus, der Urinblase, theils sympathischen Nerven, theils
Aesten der Sacralnerven auf das Rückenmark. Bei allen jenen
Bewegungen zum Austreiben eines Theites nach oben oder nach
unten, wird die Stimmritze eine Zeitlang verschlossen.
Für die Genesis des Erbrechens ist eine Beobachtung von
mir sehr instructiv, dass, wenn man bei einem Kaninchen die
TJnterleibshöhle öffnet, und den N. splanchnicus (an der innern
Seite der Nebenniere) auf der linken Seite blosslegt, diesen Nerven
mit einer Nadel zerrt, öfter eine Zuckung der Bauchmuskeln
entsteht'. Beim Hunde habe ich diess nicht wieder gesehen.
Beim Husten wird die Reizung des N. vagus in Kehlkopf,
Luftröhre, Lungen auf die Medulla oblongata verpflanzt. Die
Medulla oblongata erregt darauf Zusammenziehung der Stimmritze,
mit krampfhaften Exspirationsbewegungen der Brust- und Bauchmuskeln,
wobei in jeder Exspirationsbewegung die vorher geschlossene
Stimmritze sich etwas öffnet, und ein lauter Ton entsteht.
Das Zwerchfell hat mit dem Husten nichts zu thun, als
dass zuweilen vor dem Husten ein tieferes Einathmen erfolgt.
Nach Ivrimer (Untersuchungen über den Husten) und B rächet kann
man nach Durchschneidung des Nervus vagus auf beiden Seiten
bei einem Thiere keinen Husten mehr durch heftige Reizung der
innern Fläche der Luftröhre erregen. Nach Durchschneidung des
N* sympathicus am Halse kann man nach K rimer allerdings noch
Husten erregen.
Wir sind im Stande, den Eingang in den Kehlkopf nicht
bloss durch die Schliessung der Stimmritze, sondern selbst im
Rachen von dem Nasenkanal und Mundkanal abzuschliessen. Diess
geschieht durch die von Dzowm entdeckte Annäherung der hinteren
Gaumenbogen, die sich fast gleich zwei von der Seite sich
nähernden Vorhängen aneinander legen, und durch Anlegen des
hintern Theils der Zunge gegen dieses Planum incliaatum. Diese
Bewegung geht jedesmal dem Niesen vorher.
Das Niesen ist eine heftige plötzliche Zusammenziehung der
Exspirationsmuskeln, nachdem die Luftgänge vorher vorn abgeschlossen
waren. Diese Verschliessung ändert sich im Moment
der heftigen Exspiration in ein plötzliches Oeitnen desMnndganges
und Nasenkanales zugleich, oder des Nasenkanales allein. Mit
dem Zwerchfelle, das so viele ältere und neuere Autoren nach
dem Volksglauben eine Rolle spielen lassen, hat das Niesen gar
nichts zu thun. Das Zwerchfell ist kein Musculus exspiratorius,
und nur bei dem dem Niesen vorhergehenden tiefen Einathmen ist
das Zwerchfell thätig. Die weitläufigen Nervensympathien zur Erklärung
des Niesens scheinen ganz unnöthig. Bei der falschen
Supposition, dass das Niesen durch das Zwerchfell erfolge, liess
man die Reizung des Nasalnerven auf den tiefen Zweig des N.
vidianus und auf den sympathicus, und von dort auf die Halsnerven
und den N. phrenicus sich fortpflanzen. Da nicht das
Zwerchfell, sondern die Expirationsmuskeln den Akt des Niesens
(mit vorhergehender Abschliessung des Mund- und Nasenkanals)
bewirken, so ist es am einfachsten, als Vermittler zwischen den
Nasalästen des Trigeminus, den Exspirationsmuskeln und den Muskeln
des Gaumensegels, die Medulla oblongata selbst anzusehen,
nach Analogie der sympathischen Bewegung der Iris durch den
Lichtreiz. Denn hier wirkt, wie es sich deutlich zeigen lässt,
der Lichtreiz weder unmittelbar auf die Ciliarnerven, noch
von der Netzhaut auf die Ciliarnerven. Die Arteria centralis
ist zwar nach T iedemank’s Entdeckung von einem feinen
Zweigelchen vom Ciliarknoten begleitet. Diess Zweigelchen
verbreitet sich aber auf der Arteria centralis retinae, und
steht mit der Retina in keinem erwiesenen Zusammenhänge. Bei
voller Lähmung der Retina bewirkt das Licht in der Regel keine
Zusammenziehung der Iris mehr, wohl aber noch durch das gesunde
Auge eine Zusammenziehung der Iris des kranken Auges.
(Es giebt indess Ausnahmen von dieser Regel, welche T iedemann
Zeilschr.'für Physiol. 1. 252. züsammengestellt hat.) Die Bewegung
der Iris erfolgt daher auch offenbar durch eine Reflexion
der Reizung der Retina auf das Gehirn, vom Gehirn zurück auf
den N. oculomotorius, und das Ganglion ciliare. Die Sympathieen
eines grossen Theils von Nerven mit einer örtlichen Reizung
durch Vermittelung des Gehirns und Rückenmarks, werden sehr
gut erläutert durch die bei der Narkotisation eines Thiers erfolgenden
Erscheinungen, wo eine leise Berührung auf der Haut
schon allgemeine tetanische Krämpfe erzeugt.
Das Gähnen ist eine tiefe und langsame Inspiration und Exspiration
mit Antheil der Respirationsmuskeln des Gesichts, die
vom facialis abhängig sind. Der Mund wird dabei weit geöffnet,
eine Bewegung, die auch vom N. facialis durch den Muse, diga-
stricus beherrscht wird. Das Gähnen erfolgt gewöhnlich nach einer
Ermüdung, besonders leicht und häufig bei Menschen mit
gereiztem und geschwächtem Nervensysteme, auch bei der Schläfrigkeit,
bei dem Eintritte eines Fiebers. Dass es von Hindernissen
im kleinen Kreislauf entstehe, scheint mir eine durchaus falsche
Supposition, Lachen und Weinen sind auch mit Affectionen der
Respirationsnerven, im Gesichte und am Rumpfe verbunden.
Das Schluchzen ist eine wahre Zwerchfellsaffection, ein abruptes
Einathmen bloss durch das Zwerchfell; zuweilen zieht sich das
Zwerchfell zusammen^ während die Stimmritze zugleich geschlos