
ohne Communication der Fasern nicht auf den Ramus lacrymalis
reflectirt werden kann. Andere endlich lassen die Empfindungsreizung
von der Nase auf das Ganglion Gasseri am Stamme des
N. trigeminus, und von dort auf den ersten Ast des N. trigcmi-
nus und den Ramus lacrymalis reflectiren. Gegen diese Erklärung
liesse sich nichts einwenden, wenn man wüsste, dass das Ganglion
Gasseri, als Ganglion eines Empfindungsnerven, Ursache einer
Sympathie und Reflexion seyn könnte, wenn es bewiesen wäre,
dass in einem Empfindüngsnerven, wie der N. lacrymalis, centrifugale
Strömungen stattfinden könnten, und wenn es erwiesen
wäre, dass derN. lacrymalis wirkjiçh der Thränendrüse Fasern
abgäbe, welche der Absonderung verstehen. Da die Absonderung
der Thränen, wie überall, wahrscheinlich von bloss organischen
Fasern des N. sympathicus bestimmt wird, so würde immer die
Erklärung noch am einfachsten seyn, welche die Empfindungsreizung
von der Nase auf das Ganglion sphenopalatinum, und
bei dem Zusammenhänge aller organischen Nerven auf irgend einem
Wege auf die Thränendi’üse durüh organische Fasern re-
fl ec tire n lässt. Ob diese Art von Reflexion von Empfindungsnerven
auf organische unmittelbar ohne Mitwirkung des .Gehirns
und Rückenmarkes möglich ist, ist aber gerade der . Gegenstand
der Frage, und ich weiss keine andern Gründe, als die, Möglichkeit
einer solchen Erklärung, und die Unmöglichkeit, sie geradezu
zu widerlegen, für diese Annahme. Eine sehr häufige Reflexion
von Empfindungsreizung auf Absonderung ist auch die oft, schnell
vermehrte Absonderung des Speichels bei der Aufnahme der
Speisen in den Mund. Es ist hier eben so ungewiss, wie
man eine solche Reflexion erklären soll. Die Erklärung dieser
Reflexionen durch Mitwirkung des Gehirns, und Rückenmarkes
als Vermittler der sensoriellen und vegetativen Wirkung hat
wenigstens die Analogie ähnlicher Reflexionen von sensoriellen
Wirkungen auf motorische, durch Vermittelung des Gehirns und
Rückenmarkes, für sich.
II. Die verschiedenen Theile edier absondernden Haut, stehen
unter einander in Consensus ; so dass der Zustand einer Stelle auf
die Beschaffenheit der ganzen Ausbreitung .einer Schleimhaut Einfluss
hat. Es ist m diesen Fällen einfacher, die Erscheinungen durch
Communication der organischen Fasern .zu. erklären. Schon die tägliche
Erfahrung, dass es allgemeine Affectionep einer Schleimhaut,
einer serösen Haut giebt, zeigt uns eine Sympathie in der
Ausbreitung der Membranen , welche wohl durch Communication
organischer Fasern erklärt werden könnte. Hier ist diese Erklärung
wahrscheinlicher; aber auch sie lässt sich nicht direct
beweisen.
III. Zuweilen wirkt der vegetative Zustand eines Organes,. die
Entzündung, die Absonderung desselben auf die Hervorruf ung von Entzündung
, Absondenung in anderen Theilen. In diesem Falle haben
wir ein Beispiel, der Reflexion von organischen Fasern eines Theils
a u f organische Fasern eines andern, ohne Mitwirkung der Cerebro-
spinalnerven. Eine Entzündung des Hodens kann sich auf die
Parotis, eine rothlaufa'rtige Entzündung der Haut auf die Hirnhäute
versetzen; die Unterdrückung einer Absonderung kann
eine andere in einem andern Theile verstärken. Wahrscheinlich
sind alle diese Erscheinungen von Veränderungen in den die
Blutgefässe begleitenden organischen, zum N. sympathicus gehörigen
Fasern verbunden. Hier fragt es sich nun wieder, ob solche
Reflexionen bloss durch Veränderung der Statik des N. sympathicus
stattfinden, oder ob das Gehirn und Rückenmark wieder zwischen
einer centripetalen und centrifugalen Wirkung den Ausschlag
giebt. Wir haben noch keine Thatsachen, diese Frage zu
entscheiden, indess ist das erste in mehreren Fällen wahrscheinlicher.
In Maykr’s Versuchen entstand zuweilen nach Unterbindung
des N. sympathicus am Halse, also des Verbindungstheiles zwischen
dem ersten und zweiten Halsknoten, eine Affection von Theilen,
die erst wieder von Rem ersten Halsknoten influencirt scheinen, nämlich
des Auges, Angenentzündung. Das eigentümliche Verhalten
der organischen Nerven, dass man weder Anfang noch Ende leicht
unterscheiden kann, dass sie sich nicht wie Stamm und Aeste zu
einander verhalten, sondern auf ihren Wegen sich vermehren können,
spricht allerdings für die Möglichkeit einer allseitigen Wirkung
in diesen Nerven, so dass sie keiner centripetalen und centrifugalen
Strömung allein, sondern einer nach allen B-ichtungen
ausgehenden Verteilung ihrer Wirkungen von den Centralpunkten
der Ganglien fähig sind; für diese Ansicht spricht auch der
Umstand, dass ein Weg, einen. Theil mit organischen Nerven zu
versehen, durch einen andern ersetzt werden kann. Nach der
Unterbindung eines Arterienstammes werden die Nerven der Arterien
ohne Zweifel mit verletzt; dennoch erfolgt kein Absterben,
keine Atrophie, kein Aufhören der Absonderung, so dass es
scheint, dass die Gefässnerven der Collateralgefässe diesen Einfluss
ersetzen können, oder dass organische Fasern in den Spinalnerven
diesen Mangel ersetzen. Auf der andern Seite kann
wieder der Einfluss der Spinalnerven aufhören, ohne dass Atrophie
erfolgt. Es gehört auch hieh'er, dass nach Durchschneidung
des N. sympathicus auf beiden Seiten in v. P ommer’s Versuchen
gar keine merkliche nachtheilige Wirkung eintritt, so dass vielleicht
andere Wege, wie der die Arteriae vertebrales begleitenden
Fäden, jene Theile des Nervus sympathicus ersetzt haben.
Jedenfalls entsteht eine Versetzung eines pathologischen
Processes immer dahin, wo. die Disposition zu dom Sitz desselben
ist, bei dem Lungenkranken von der Haut nach den Lungen,
bei dem Leberkranken von der Haut nach der Leber, bei
dem Menschen mit reizbarem Darmkanal nach diesem u. s. w.
Bei der Statik der Absonderungen kömmt übrigens nicht bloss
das Nervensystem, sondern die Natur der verschiedenen Absonderungsmaterien
und ihr Verhältniss zu den Bestandtheilen des
Blutes und zu einander in Betracht. Unter, diesem letzten Gesichtspunkte
ist die Statik der Absonderungen indess schon oben
p. 470. betrachtet worden.
IV , Die Ganglien scheinen die Centraltheile zu seyn, von welchen
der vegetative Einfluss auf die verschiedenen Theile ausströmt.
Nach Verletzung des obersten Halsknotens hat man eine Augen-
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