
terie erhält sich nur während des Lehens der organischen Körper
vollständig. Schon während des Lehens können Elemente oder
binär verbundene-Stoffe, von aussen auf die organischen Körper
wirkend, das Gleichgewicht der Stoffe in den organischen Verbindungen
stören, und die organische Cornbination zersetzen, wie
z. B. in der Verbrennung einzelner Theile des lebenden Körpers.
Zuletzt tritt diese Störung des Gleichgewichtes in jedem lebenden
Körper von selbst ein, der Zustand, oder die Kraft, welche die
organischen Combinätionen erhielten und umwandelten, werden
immer schwächer, bis sie nicht mehr im Stande sind, dem Streben
der in der organischen Materie befindlichen Elemente zu
binären Verbindungen unter sich und mit anderen Elementen das
Gleichgewicht zu halten, und der organische Körper mit der organischen
Materie zerfällt. Dann ist die organische Cornbination
nicht allein ohne die organischen Erscheinungen, die sie vorhin
zeigte, sondern auch mehrentbeils nicht fähig, sieh zu erhalten, sondern
den chemischen Gesetzen der binären Cornbination unterworfen,
und zerfällt in binäre Verbindungen mit den Erscheinungen der
Gäh rung und Fäulniss, stinkender Fäulniss besonders dann, wenn
die organischen Materien viel Stickstoff enthalten. Die Erfahrung
zeigt also, dass bei den unorganischen Körpern dieVerbin-
dun g von der Wahlverwandtschaft und den Kräften der verbundenen
Stoffe abbängt, dass in1 den organischen Körpern dagegen
die bindende und erhaltende Gewalt nicht bloss die Eigenschaften
der Stoffe selbst sind, sondern noch etwas Anderes/ welches
der chemischen Wahlverwandtschaft, nicht allein das Gleichgewicht
hält, sondern auch nach deri Gesetzen eigener Wirksamkeit
organische Combinätionen verursacht. Von den impondera-
beln Materien haben Licht, Wärme, Electricität, auf die .Verbindungen
und Trennungen der Stoffe in den organischen Körpern
eben so Einfluss, wie auf die Verbindungen und Trennungen in
den unorganischen Körpern; aber nichts berechtigt uns, eines
dieser Agentien ohne Weiteres als letzte Ursache der Wirksamkeit
in der belebten organischen Materie anzusehen.
Die organischen Substanzen' zerfallen nach dem Aufhören
des Lebens immer, wenn die Bedingungen zur Aeusserung der
chemischen Wahlverwandtschaft vorhanden sind. Die hierbei
stattfindenden Zersetzungen sind nach G melin folgende: Es werden
tlieils Bestandteile der organischen Verbindungen abgeschieden,
als Stickgas, Wasserstoffgas; theils vereinigen sie sich untereinander
zu unorganischen Verbindungen, wie Wasser, Kohlensäure,
Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffgas, ölerzeugendes Gas, Ammoniak,
Cyan, Blausäure, Phosphorwasserstoffgas, Hydrothionsäure,
theils vereinigen sie"' sich nach anderen Verhältnissen zu einer
neuen organischen Verbindung oder zu mehreren, Zucker aus
Stärkemehl. Bisweilen zerfällt aber eine organische Verbindung
einerseits in unorganische Verbindungen, anderseits in organische,
wie der Zucker bei der Gäbrurig in Kohlensäure und Weingeist.
Im vollkommen trockenen Zustande zersetzen sich die organischen
Verbindungen bei gewöhnlicher Temperatur nicht; zu dieser freiwilligen
Zersetzung ist wenigstens Wässer, oft auch die Luft
nöthig. G melin erklärt den Umstand, dass die Zersetzung bei
manchen organischen Substanzen nicht immer sogleich nach dem
Tode des Thieres oder der Pflanze beginnt, aus dem Mangel der
nöthigen Bedingungen für das Eintreten der Wahlverwandtschaft.
Diess bat denselben Grund, warum z. B. gewisse unorganische
Verbindungen erst bei einer bestimmten Temperatur sich zersetzen.
G melin’s Chem. 3. 9. Nasse thierische Theile zerfallen von
selbst, auch ohne atmosphärische Luft, unter Quecksilber, wiewohl
die atmosphärische Luft die Fäulniss am meisten, selbst
mehr als reines,Sauersloffgas, befördert, ,so wie anderseits ein gewisser
Grad von Wärme nöthig ist. Die Producte der Fäulniss
thierischer und besonders menschlicher Substanzen sind kohlen-
saures Gas, zuweilen auch Stickgas, Wasserstoffgas', Schwefelwasserstoffgas,
Phosphorwasserstoffgas und Ammoniak. Auch bildet
sich Essigsäure und zuweilen Salpetersäure, und es bleiben ausser
dem langsamer sich zersetzenden Moder zuletzt die fixen Bestand-
theile, Erden, Oxyde, Salze, und bilden mit dem Moder Humus.
S. W eber 4. Ausg. von H ildebranbt’s Anatomie. I. p. 70. Im
Wasser und in manchen Gräbern, selbst ohne Zutritt des Wassers,
erleiden thierische und menschliche Leichen eine Umwandlung
vieler Theile in eine fettige Substanz, Adipocire, Fettwachs. G ay-
lussac und Chevreul halten diess für das schon im frischen Zustande
in den organischen Theilen enthaltene Fett, was übrig
bleibt, wenn die übrigen Substanzen zerstört werden. Denn
nach diesen beiden Chemikern Soll die Menge des in frischen
Thiertheilen chemisch darstellbaren Fettes nicht geringer seyn,
als sich durch Fäulniss derselben Theile. in Wasser ergiebt. Ber-
zelius dagegen glaubt, dass eine wirkliche Umwandlung von ba-
serstoff, Eiweiss und Farbstoff des Blutes in Fettwachs stattfinde.
S. W eber a. a. O. ,
Die Hauptverschiedenheiten in der Zusammensetzung der organischen
Materie scheinen von dem Verhältnisse der Mischungsgewichte
der Elemente Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff
abzuhängen. Von diesen gilt es hauptsächlich, dass die organischen
Verbindungen ternäre und quaternäre, aber keine binären
Verbindungen sind. In welchem Zustande aber die sparsam
vorkommenden mineralischen Elemente in den organischen Verbindungen
sind, ob ebenfalls zu quaternären und mehrfachen Verbindungen
verwandt, oder als beigemengte binäre Verbindungen,
ist eine andere sehr wichtige und jetzt unauflösbare Frage. Von
der wässerigen Auflösung von Färbestoff des Blutes und anderen
thierischen aufgelösten Substanzen kann man nach E ngelhart die
mineralischen Bestandtheile trennen, indem man Chlorgas durch
die Auflösung leitet, worauf die thierische Materie frei von erdigen
und metallischen Bes.tandtheilen zu Boden sinkt, ohne dass die
Cornbination von Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff
in der organischen Materie aufgehoben wird. Berzelius lässt es
unsicher, in welcher Form Schwefel und Phosphor in den Thieren
enthalten sind, ob im elementaren Zustande zu quaternären und
mehrfachen Verbindungen verwandt, oder mit ternären und quaternären
Verbindungen binär verbunden, oder ob jeder dieser