
eines Froschschenkels ein viel feineres Elektrometer, welches in-
dess keine Wirkung zeigt, wenn der Nerve eines abgeschnitte-
hen Froschschenkels mit einem andern gereizten Nerven im Con-
tact steht.
Einige haben sich hei der Hypothese von der Wirkung der
Elektricität in den Nerven auf die elektrischen Fische gestützt,
aber gerade die Existenz dieser einer galvanischen Säule ähnlich
gebauten Organe, welche bei Torpedo aus Säulchen von über
einander geschichteten dünnen Platten und einer dazwischen befindlichen
verschiedenen Materie bestehen, ist der Hypothese von
der Elektricität in den 'Nerven durchaus nicht günstig. Denn
nur da findet bei Thieren eine elektrische Wirkung statt, wo
besondere Organe dafür vorhanden sind; Wäre aber Elektricität
das Agens der Nerven, so brauchte es bei den Fischen keiner
besondern thierisch - galvanischen Apparate, sondern blosser
Gonductoren. Man erzählt zwär häufig wieder, dass CotugNo
beim Seciren einer lebendigen MauS, als der Schwanz der Maus
gegen seine Hand schlug, einen heftigen Stoss empfand; diess
gehört aber nicht hierher. Denn wenn man ThierC, wie Mäuse,
Frösche, Spinnen, gegen welche man eine Aversion leicht hat,
schon mit einiger Aufregung in den Händen hält, so können
durch eine leichte Veranlassung, durch Erschrecken, auch Ner-
vensymptome entstehen; diess hat nichts mit einer elektrischen
Nervenwirkung gemein. Die Empfindung eines Schlags wie bei
Anwendung der Elektricität ist ein Phänomen, welches in den Nerven
auch bei jeder heftigen Reizung entsteht, z. B. wenn man
erschrickt, oder wenn man den N. ulnaris zerrt. Der Schlag
von der Elektricität ist auch kein elektrischer Schlag, sondern
eine Empfindung durch Elektricität veranlasst, wie sie auch durch
mechanische Einwirkung verursacht werden kann. Kästner berichtet,
dass er beim Schreiben öfter kleine Stösse in den Fingern
empfinde. Vorjahren, als ich von einer nervösen Reizbarkeit
befallen war, hatte ich diess Symptom sehr oft, sobald ich
die Hand und die Finger zu sehr anstrengte.
Fasst man nun alles bisher Verhandelte zusammen, so er-
giebt sich als Resultat:
1) Dass in den Nerven bei den Lebensactionen keine nachweisbaren
elektrischen Strömungen stattfinden. 2) Dass die elektrische
Kraft von der Innervation ganz verschieden ist. 3) Elektrische
Strömung in den Nerven ist also eben sowohl ein symbolischer
Ausdruck, als wenn man die Wirkung der Nervenkraft mit
dem Lichte, dem Magnetismus vergleicht. Ueber die Natur des
Nervenprincips ist man eben so ungewiss, wie über das Licht und
die Elektricität; die Eigenschaften des Nervenprincips kennt man
fast eben so gut, wie die Eigenschaften des Lichtes und anderer
imponderabler Agentien. So verschieden diese Kräfte sind,, so
wiederholt sich doch hier die Frage, ob ihre Wirkungen durch
ortsverändernde Strömungen einer imponderablen Materie entstehen,
oder ob sie durch mechanischen Impuls, nämlich durch
TJndulationen eines Fluidums, wie nach der Undulationstheorie'
bei dem Licht angenommen wird, erfolgen; welche Annahme in
Hinsicht des Nervenprincips hier die richtige sey, ist vor der
Hand für das Studium der Mechanik des Nervensystems gleichgültig,
gleichwie die Gesetze der Mechanik des Lichtes durch
die Annahme der einen oder der andern dieser Theorien nicht
abgeändert werden können.
II. Abschnitt. Von den Einpfin d ungsn e r ven ,
Bewegungs ne rven und organi schen Nerven.
I. Capitel. Von den sen sitiv e n und m o to ris c h e n W u rz e 1 n
d er Rücke nmarks n er v e n.
(Nach J . Mueller, Froriep’s Not. No. 646. 647. Annales des sciences
naturelles. 1 831.)
Die Thatsache, dass dieselben Nerven am Rumpfe der Empfindung
und der Bewegung zugleich vorstehen, und dass die
eine dieser Functionen in einem Nerven zuweilen durch Lähmung
aufgehoben wird, während die andere fortdauert, ist eines der
wichtigsten Probleme der Physiologie. Charles Bell hatte zuerst
den ingeniösen Gedanken, dass die hinteren, mit einem Ganglion
versehenen Wurzeln der Spinalnerven der Empfindung allein,
die-vorderen Wurzeln der Bewegung vorstehen, und dass
die Primitivfäden dieser Wurzeln nach der Vereinigung zu einem
Nervenstamm für das Bedürfniss der Haut und der Muskeln
gemischt werden. Diese Idee hatte er in einer nur für den
Kreis seiner Freunde bestimmten Abhandlung, an idea of a new
anatomy o f the brain submitted for the observation of the authors
friends, 1811 entwickelt. Eilf Jahre später trat Herr Magendie
mit derselben Theorie auf. Allein Herr Magendie hat das Verdienst,
diesen Gegenstand hinsichts der Rückenmarksnerven in die
Experimentalphysiologie eingeführt zu haben. Magendie behauptete
aus seinen Versuchen, dass.nach Durchschneidung der hinteren
Wurzeln nur die Empfindung, nach Durchschneidung der
vorderen Wurzeln die Bewegung in den entsprechenden Theilen
aufhöre. Magendie’s Resultate waren nur approximativ. Nach
ihm sollten die hinteren Stränge des Rückenmarks uni die hinteren
Wurzeln der Rückenmarksnerven vorzugsweise der Empfindung,
die vorderen vorzugsweise der Bewegung vorstehen, obgleich
nicht ganz ohne Empfindung seyn. So fand er auch, dass
die Application des Galvanismus auf die vom Rückenmark abgeschnittenen
hinteren Wurzeln der Rückenmarksnerven auch noch,
aber nur schwache, Contractionen der Muskeln errege, während
dieser Reiz auf die vorderen Wurzeln angewandt, heftige Zusammenziehungen
bewirke. J. de physiol. 2. 276. Vergl. D es-
moulins et Magendie Anatomie et physiologie des systèmes nerveux.
Paris, 1825. p. 777, Djese Versuche sind bei höheren Thieren die