
Säure im Chymus eines Kaninchens, das von .Kartoffeln und Gras
genährt, und 2^ Stunden nach dem Tode geöffnet worden, erforderte
auf 2 Unzen Chymus des Magens 3|-Unzen Ochsengalle;
dagegen waren zur Saturation des sauren Inhaltes des Blinddarmes
eines Kaninchens auf 1 Unze Darminhalt 5 Drachmen Ochsengalle
nöthig.‘ 18 Unzen Chymus aus dem Magen eines Pferdes erforderten
zu ihrer Saturation 15 Gran Kali carbonicum oder 1 Unze Chymus
2 | Unze Ochsengalle. Zur Saturation von 1 Unze Inhalt des
Coecum gehörten 5 Unzen Ochsengalle. Der Chymus des Magens
von einem Schwein erforderte 1,04 bis 1,11 Proc. Kali carbonicum,
der Inhalt des Blinddarmes dagegen 0,78 Proc. Kali
carbonicum zur Saturation(
V. Capitel. Von den V e rä n d e ru n g en d e r Sp e isen im
D arm k an al.
Die-Auflösung der Speisen setzt voraus, dass die Nahrungsstoffe
ihr organisches Gefüge Und ihre Cohäsion verlieren, Was
durch das Kauen grossentheils geschieht. Diese Zertrümmerung
findet theils im Munde, theils im Schlunde bei Schlundzähnen,
wie hei einigen Fischen, theils im Magen durch die knorpeligen
Magenwände des MuskelmägCns bei den Körner und Insecten
fressenden Vögeln, oder durch einen mit Zähnen -bewaffneten
Magen, wie bei einigen Crustaceen, Insecten und Mollusken statt.
Dieser und der-folgende Act in den Verdauujigsoperationen, üie
Auflösung, lassen sich' in der That mit den gewöhnlichen chemischen
Operationen vergleichen, ohne dass dem Organismus etwas
vergeben wird. Der Chemiker pulvert die aufzulösenden oder
zu extrahirenden Stoffe, und digerirt sie mit dem Lösungsmittel;
auch diese Digestion findet in dem Kropfe der Vögel und in
den Magen 1 der Thiere ktatt. Wach, der Extraction der" lösbaren
Stoffe seiht der Chemiker das Gelöste von dem Unlöslichen
ah. Auch im Verdauungsprocesse wird aho zertrümmert,
digerirt, aufgelöst und das Unlösliche abgeschieden.
a. Speichel.
Der Speichel macht die Speisen zum Verschlucken geschickt;
ob er etwas zur Auflösung derselben beitrage, und
wie weit seine Bestandtheile eine Bolle in der chemischen Verwandlung
der Nahrungsstoffe im Magen spielen, ist'unbekannt.
Seine Wirkung bei der Verdauung scheint keineswegs gross zu
seyn , da er den Fischen und. Cetaceen fehlt. S pallanzani und
R eaumur wollen gefunden haben, dass Thiere das ihnen in durchlöcherten
Röhren beigebrachte Futter schneller verdauten, wenn
es vorher mit Speichel, als wenn es mit Wasser durchtränkt war.
S pallanzani’s Versuche über das Verdauungsgeschäft. Leipz. 1785.
T iedemann und G melin glauben, dass der Speichel durch seinen
Gehalt an kohlensaurem, essigsaurem und1 salzsaurem Kali und
Natron einigermaassen, wiewohl nur schwach auflösend wirke (?).
B erzelius dagegen bemerkt, dass der Speichel, an und für
sich aus den Nahrüngsstoffen nicht mehr als reines Wasser ausziehe,
und ich muss gestehen, dass mir hei denvergleichungsweise
mit Speichel und Fleisch, so wie mit Wasser und Fleisch angestellten
Versuchen kaum irgend ein Unterschied bemerklich geworden ist.
Sogenannte dynamische Wirkungen des Speichels kenne ich
“nicht. Auch scheint der Speichel nicht durch Zerstörung
der specifischen organischen Eigenthürnlichkeiten der Nahrungs-
Stoffe' zu wirken. Die giftige Wirkung des Schlangengiftes
und des Hundswutbgiftes könnte auf dergleichen Gedanken bringen.
Allein ich habe schon bemerkt, dass die Giftdrüsen der
Giftschlangen nicht ihre Speicheldrüsen, sondern Angriffsmittel
sind, und dass die'Giftschlangen ausserdem die gewöhnlichen
Speicheldrüsen der Schlangen besitzen. Auch ist es nur zufällig,
Rass der'Speichel der tollen Hunde vorzugsweise giftig erscheint,
weil, gewöhnlich durch den Biss die Ansteckung geschieht, gleich
wie es eben so zufällig ist, dass das venerische Gift gewöhnlich
durch die Genitalien ansteckt, indem die Bedingung der Üeber-
tragung auf Schleimhäute hier am häufigsten stattfindet. Nach
H ertwig’s trefflichen Arbeiten über die Hundswuth stecken auch
andere Stoffe der tollen Hunde, als Speichel an, wie z. B. Blut,
wenn es éingeimpft wird. Hertwig’s Beiträge zur nähern Kennt-
niss der IVuthkrankheit. Berl) 1829. p. 156. 160.
Ob cfer Speichel an der chemischen Veränderung der Nah-
fungsstöffe im Magen Antbeil habe* weiss man nicht. Man hat
nur eine Beobachtung dieser Art, welche von Schwann bestätigt
worden ist, nämlich die Bemerkung von L euchs (Kastner’s
Arch. 1831.); dass Speichel gekochte Stärke in Zucker verwandeln
soll, was insofern interessant ist, als auch im Magen die Stärke
in Stärkegummi und allmäh lig in Zucker verwandelt wird.
b. ^Magerte er dauung. Magensaft.
Im Magen werden die Getränke schon grösstentheils aufgesogen,
und gelangen nicht durch den Pylorus; die soliden Theile
der Speisen werden in eine zum Theil ganz flüssige, zum Theil
aus Kügelchen bestehende Materie, Chymus, bis auf die unlöslichen
Theile, aufgelöst, was nach den meisten Beobachtern schicht-
wéise von den Magenwänden aus, nach den zahlreichen Beobachtungen
von B eaumont innerhalb des ganzen Magens geschieht.
Ueher die Veränderungen der Speisen, die Zeit, welche zu ihrer
Auflösung nötbig ist, haben wir Beobachtungen von G osse an
sich selbst, bei künstlich erregtem Erbrechen (in S pallanzani’s
Werke mitgetheilt), von S pallanzani, Stevens {de aliment. conco-
ctione. Edinb. 1777.), von T iedemann und G melin, von S chultz
hei Thierep, und die bei weitem grössere Anzahl von Beobachtungen
an einem Menschen mit perforirtem Magen, angestellt von
Beaumont. Spallanzani brachte Katzen ein mit Brot gefülltes
Röhrchen bei; das Brot war nach 5 Stunden zum Theil aufgelöst,
Fleich in einem ähnlichen Versuche nach 9 Stunden. Selbst
Knorpel und Knochen, in Röhrchen, Sehnen in Leinewand eingeschlossen
, waren nach längerer Zeit erweicht oder aufgelöst.