Richter begreiflich, dass er sogleich Leute aussenden müsse,
um sie einzufangen oder doch die nächsten Dörfer zu benachrichtigen,
und drohte, wenn es nicht geschähe, da jeder Ort
für die in seinem Bezirk verübten Unbilden Verantwortlich
ist, ihn mit nach Missolonghi zu nehmen.
Es hellte sich auf und ich reiste ab, längs der
sich nördlich fortziehenden Kalkberge. Der obere Kalk ist voller
Höhlen und meist senkrecht zerborsten. Nach einer Stunde
zeigen sicli Kyklopenmauern des alten Thyreon, es war gross
und fest. Auf dem uahen Berge steht ein verlassnes Kloster,
wahrscheinlich an der Stelle eines Tempels. Wir mussten
einen ändern Weg, als den gewöhnlichen, auf kahlen Bergen
hin einschlagen, denn die Ebene stand jetzt voll Wasser.
Sie ist hier nicht gross, aber die anstossenden Hügel sind
alle sänftig und des Anbaues fähig; jedoch so sehr jetzt aus
allen Schluchten des Gebirges Wasser strömte, und die Ebene
überfüllte, so trocken wird es im Sommer, alles versiegt und
verdorrt, darum heisst auch diese Landschaft Xeromdros (der
dürre Landstrich). Fortwährende Quellen giebt es nur wenige
und obgleich ich hoffe, dass man mit artesischen Brunnen
Wasser erbohren wird, so werden doch die Bohrlöcher
viel Zeitaufwand und Unkosten verursachen; denn man wird
bis auf den an dieser Seite sehr tief liegenden geschichteten
Kalkstein niederbohren müssen, was auf der Rückreise deutlicher
erwiesen werden wird. Ein Paar Stunden weit sind
die Hügel alle kahl, man sieht viel Schaafheerden. Felder
giebt es auf diesen Anhöhen nicht, obgleich sich viel rothe
Erdbedeckung zeigt, die häufig mit eckigen Kalkbrocken untermengt
ist. Wo nicht Felder und Weingärten anzubringen
wären, könnten auf den kühlen Höhen Fruchtbäume gedeihen,
wenn nicht die Dürre des Bodens es verhinderte. Hat man
diese kahlen Hügel passirt, so zeigen sich wieder Eichen und
links ein feuchtes und daher waldiges Thal am Fusse eines
hohen massigen Kalkberges, des Aetos (der Adler). Auf der
Rückreise werde ich das dortige schwarzfärbende Wasser besuchen.
Unser Weg ging jetzt abwärts bei einem kleinen
zerstörten, jetzt wieder auflebenden Dorfe vorbei. Man sieht
auf einer bedeutenden Anhöhe die Ruinen einer grossen zerstörten
Kirche und einige weisse Häuser. Dieses Dorf heisst
Katüna, es war bis zu seiner Zerstörung durch die Türken
der Hauptort der Eparchie. Kurz vor Katüna im Thale zeigt
sich grauer, etwas krystallinisch körniger, sehr poröser Kalkstein,
der ein schlackenartiges Ansehen hat. Der Weg führt
steil hinauf nach Katüna. Die Einwohner waren höflich, weil
der Demarchos, Hr. Mawromati (der jetzt leider abwesend
war), und sein Bruder gebildete Männer sind, beide lebten
einige Zeit in Paris, der eine auch in London und SL Petersburg.
Herr Mawromati hatte, als in diesem Frühjahr der
Aufstand in Akarnanien ausbrach, einige bewaffnete Männer in
sein Haus genommen, um es zu schützen, musste aber all
ihren Uebermuth und ihre Zudringlichkeiten ertragen, so dass
er im Begriff stand, lieber sein Hab’ und Gut zu verlassen,
als das noch länger auszuhalten; er fühlt sich verlassen, verkauft
alles und zieht nach Nauplia, um dort in Gesellschaft
von gebildeten Menschen leben zu können. Neben der zerstörten
Kirche findet man die Mauern eines in zwei Theile
getrennten Gebäudes, in jedem ist eine Cisterne. In der
vordersten Hälfte holten die Männer Wasser und es war zugleich
Cassino, in die andre Hälfte gelangt man von der
Rückseite, dort holten die Weiber Wasser. Es war sonst
auch eine Cisterne in Katüna, aus welcher auch für Fremde
Wasser geholt werden durfte. Jetzt hat der Ort nur Eine
grosse Cisterne unter dem Hause des Herrn Mawromati, sie
wird aber im Sommer ausgeleert und die Leute müssen das
Wasser dann 1 \ St. weit herholen. Die Gegend östlich unterhalb
Katüna ist flachhüglig und würde sehr fruchtbar
sein, wenn sie Wasser hätte; so ist es auch auf der Nordseite
von Katüna, wo sich eine flache, ziemlich bedeutende
Höhe bis an den Fuss eines klippig aufsteigenden Kalkberges
hinstreckt; an der nördlichen Rückseite desselben beobachtete
ich später, dass die Bänke des Kalksteines ungefähr 40« gesell
Ost, also nach Katüna einfallen; ehe man aber nicht den