einem kleinen neu erbauten Dorfe Tragomäno. Von der Höhe
sieht es recht freundlich aus, besonders weil einige Gebäude
mit neuen Ziegeln gedeckt waren, doch kommt man hinein,
so wird der ferne Eindruck umgekehrt. Mit Mühe konnte
ich in einer Schilfhütte Unterkommen finden, denn der De-
march in türkischem Gewände hatte jetzt des Abends noch
mit der Mittagsruhe zu thun. Die Einwohner waren sehr roh
und vor wenig Jahren sämmtlich Räuber, die besonders in der
Ebene sich hinter oft ganz unscheinbaren kleinen Gebüschen
oder unter dem Ufer der Bäche versteckten und reisenden
Kauflenten u. a. auflauerten.
Sie bedienten sich besonders der hier und auch in Romelien
üblichen Bal a rmäde s ; diess sind 2 Kugeln, in welche ein
10 Zoll bis 1 Fuss langer Kupfer- oder zäher Messingdrath
eingegossen wird, den man dann zwischen ihnen in eine Spirale
windet, damit er wenig Raum einnimmt und beim heraus-
schiessen sich nicht verschlingt, wodurch er zerrissen würde.
Die obere Kugel wird nun mit dem Einguss in die Patrone
eingebunden, der Drath zusammengepresst, die zweite Kugel
beim Einguss gebunden und dann Pulver in die Papierhülse
gefüllt. Beim herausschiessen fliegen beide Kugeln auseinander,
ohne dass der dazwischen befindliche Drath zerreisst;
dieser zerschneidet jetzt mit der Kraft der Kugeln^ was er
berührt; trifft eine Kugel einen festen Gegenstand, so schlägt
die andere am Drathe hängende sich um, verwundet und der
Drath schneidet mit furchtbarer Gewalt alles bis auf die Knochen
durch. Dass ihre Wirkung schrecklich und teuflisch ist,
bedarf keiner Auseinandersetzung.
Zu gleicher Zeit bemerke ich, dass in Griechenland an
allen Kugeln der Einguss gelassen und in die Patrone gebunden
wird, so dass die blosse Kugel fast zur Hälfte herausragt.
Der Einguss soll der Kugel als Steuerruder dienen, und eine
damit versehene Kugel soll viel grader fliegen; sie fliegt stets
voran, so dass der Einguss allemal rückwärts steht; es zerreisst
daher eine solche Kugel, wenn sie durchgeht; nicht
mehr, als eine ganz runde, aber wenn sie im Körper stecken
bleibt, so macht sie schnell Entzündung. Noch war es hier
bisher Sitte, eine Kugel auf dem nächsten Steine mit dem
Messer in 4 Stücke zu zerschlagen und diese in das Gewehr
zu laden. Man schoss nicht weit mit dergleichen gehacktem
Blei; solche Wunden sind sehr gefährlich.
Der Wein in Tragomano war jung, trübe w i e Lehmwasser,
süsslich und stark rezinirt.
Einer der Ecksteine eines Hauses, aus dichtem, graulichweissen
Kalkstein, enthält eine Menge Tubiporiten.
28s t en. Der Weg geht von hier durch die jetzt nasse
Ebene von Elatea. Auf einigen Feldern sahen wir grosse
Flüge Staare, und wo Wasser stand, hielten sich eine Menge
Kibitze, Kronschnepfen (Kuliki), Pfeiffschnepfen, Strandläufer
u. a. auf. Wir mussten durch den Kephissos, an dessen tief
eingerissnen Ufern man starke Erdbedeckung sieht. Er war
jetzt einige Klafter breit und etwa 1 Fuss tief; Ende Januar
kann etwas weiter hinab, wo er nicht mehr so viel kurze
Krümmungen macht, eine Barke von hier bis nach, lo b o le
(Kopä) und zum grossen Katawothron fahren. Der Weg wendet
sich weiter hin durch ein kahles flaches Ihal; man gelangt
zu einem ganz einsam, wie in einer Steppe liegenden
Chan; es ist viel Platz für Stallung da, aber Getränk und
Lebensmittel waren noch spärlich vorhanden. Trüber heuer
Wein, Raki und Brodt, mehr war nicht zu haben. Der Weg
geht eben im Thale fort, man kommt über eine steinerne
Brücke. Wir! machten einen kleinen Umweg, um in der Nähe
des alten Chäronea den in mehrere Stücke zerschlagenen Löwen
von weissem Marmor zu sehen; er ist innen hohl, wahrscheinlich
damit die Stimme der Priester durchdringen konnte.
Südlich am Gebirge sieht man einen hohen Kalkberg mit
altgriechischen Ruinen; an seinem felsigen nördlichen Fuss
ist ein kleines Theater, die Sitze sind in den Kalkfelsen eingehauen;
die Proscene war klein und jetzt sehr abschüssig.
Unterhalb des Theaters bemerkt man Säulenstücke und Quadern
um einen Brunnen gruppirt. Hier stand das mächtige alte
Daulis der Phokäer; jetzt stehen zur Seite am Abhang einige