Wohnung über die andere. Ein Paar hölzerne Corridore,
hinter welchen sich die dadurch dunklern Cellen der Geistlichen
befinden, deren meist 2 zusammenwohnen, sind hoch
an der Aussenwand angebaut.
Wenn man sich dem Kloster nähert, so kommt man zuerst
bei einem überdachten 4eckigen gedielten, hölzernen
Schuppen vorbei, unter welchem die Kiostergeistlichen in der
warmen Jahreszeit im Schatten zu sitzen pflegen; man sieht
von hier herab auf die am steilen Abhang vor dem Kloster
terrassenweise angelegten kleinen Gärten der Geistlichen in’s
tiefe waldige Thal und auf’s nahe Gegengebirg. Diesem
Schuppen gegenüber ist am steil anstehenden Felsen ein
grosses Wohnhaus, unten mit Stallungen, erbaut, hier werden
die Fremden einquartiert, welche nicht Honoratioren
sind. Meine Pionniere und Gensdarmes bekamen dort ihr
Zimmer und wurden von einem Klosterbruder reichlich mit
Essen und Trinken versehen; einige Geistliche besuchten sie
und munterten sie auf, lustig zu sein; ich hatte allen die
strengste Ruhe befohlen, aber die Geistlichen baten sie, etwas
zu singen und freuten sich über die schönen Choräle, da
die Pionniere, welche an der Tyroler Grenze zu Hause waren,
nach dortiger Weise allerdings gut sangen.
Ganz nahe bei diesem Fremdenhause ist der Haupteingang
des Klosters, ein hohes, festes, grosses Thor, über
welchem sich das Gastzimmer und über diesem noch ein anderes
Zimmer befindet. Vor dem Eingänge bewillkommneten
mich einige der vornehmsten Geistlichen in schwarzen, langen
Talaren , sie hatten alle lange weisse Bärte. Man bat mich,
den Gensdarmes und Pionnieren zu sagen, dass sie ihre Gewehre
absetzten, wenn sie in’s Kloster gehen wollten; denn
es dürfe niemand bewaffnet hinein gehen, nur mein und meines
Bedienten Jagdgewehre liessen sie auf mein Zimmer tragen;
meine Hunde aber mussten im äussern Fremdenhause
bleiben. Dann führten mich zw'ei der Obern einen langen finstern
Gang hinauf zur Kirche, wo die Vesper eben beendigt
werden sollte. Vor der Kirche ist eine ziemlich grosse Vorhalle,
deren Gewölbe durch vier niedrige viereckige Säulen
in der Mitte getragen wird, um sie herum sind Sitze angebracht;
auch vorn, wo man in’s Freie sieht, befindet sich an
der Vorderwand längs hin eine lange steinerne Bank. Aus
dieser Vorhalle tritt man in die Kirche, welche ganz in die
Höhle unter dem Felsen eingebaut und, wie gewöhnlich, nicht
gross ist. Alle Heiligenbilder waren mit weissen Vorhängen
verdeckt, der Fussboden der Kirche ist mit weissen und bläulichgrauen
Marmorplatten mosaikartig ausgelegt; in der Mitte
ragt ein aus weissem Marmor gehauenes Türkengesicht und
einige Fuss weiter ein halber Mond hervor.
Der Gesang endigte, der Priester trat aus der Celle hervor
und ertheilte allen in der Kirche Anwesenden den Segen,
die Vesper war zu Ende. Einige der Geistlichen umringten
mich und sprachen mit mir, ich bat sie, mir das Hauptgnadenbild
zu zeigen, es ist rechts zur Seite; sie zündeten noch
einige Kerzen an und zogen den Vorhang weg. Hinter dem
vergoldeten Vorbild aus getriebenem Metall sieht man das
braun gemalte Antlitz der heil. Mutter Gottes. Es wird für
wunderthätig gehalten und ist sehr alt. Unter dem Bilde ist
längs hin eine Spalte, in welche man das für die Kirche bestimmte
Geld fallen lässt. Ich begab mich nun in die Vorhalle
, wo ich von dem ersten Abt (es sind deren vier) eingeladen
wurde, mich mit ihm auf eine der steinernen Bänke zu setzen
und 20 Geistliche mit langen Bärten nahmen Platz um
uns herum. Ich wurde gefragt, was ich im Gebirge suchte,
was ich bereits gefunden hätte u. s. w .; so sprachen wir
lange, bis man mir sagte: ob ich wünsche auf mein Zimmer
zu gehen.
Durch eine Seitenthüre des langen Ganges vom Hauptthor
her führte eine in’s Gestein gehauene Treppe aufwärts, alles
war finster, keine Lampe brannte, dann ging es wieder eine
hölzerne Treppe hinauf und links noch eine dritte, jetzt erst
gelangte ich in mein Zimmer, in welchem der geistreiche
Fürst Pückler-Muskau einige Monat früher acht Tage gewohnt
hatte. Im Zimmer waren vorn vier grosse Fenster dicht neben