128 DER NÖRDLICHE RAND DES KOPAJS-SEE’S.
strüpp von Eichen mit kleinen stachligen Blättern (Quercus
coccifera).
Der Weg senkt sich an den Rand eines Sumpfes hinab,
der sich zwischen ein Paar Hügeln hinzieht, hebt sich dann
wieder und wendet sich in einem kleinen dürren Thale nördlich
aufwärts. Am Wege fand sich ein Stück grauer Kalkstein
voller Tubiporen. Man gelangt zu einem neu angelegten,
erst aus wenigen Häusern bestehenden Dorfe, von welchem
der Weg noch ^ St. weit nördlich aufwärts geht, sich dann
westlich wendet und bald zwischen Kalkklippen ganz steil in
ein enges felsiges Thal hinabführt; dieses erweitert sich all-
mählig und öffnet sich am Rande des See’s; hierauf gelangt
man zu einem gänzlich zerstörten Dorfe, unterhalb welchem,
am Rande des See’s , eine Quelle hervorbricht. Noch 1 St.
weiter westlich immer am Rande des Sumpfes hin kommen
unter grossen Felsenstücken starke Quellen hervor; das Wasser
ist ziemlich gut. Man muss nun neben dem Sumpfe einen
grossen Umweg machen, dann führt ein Schlangenweg einen
steilen hohen Abhang, auf einer verwünschten, aus gerundeten
Steinen zusammengesetzten Strasse hinauf. Unterhalb, am
Fusse der Kalkfelsen, sieht man Wasser im Sumpfe in einem
natürlichen Graben abziehen; es ist der Melas der Alten und die
letztem waren seine Quellen. Strabo schreibt IX. S. 407.: „Bei
,, Orchomenos soll die durch ein Erdbeben von einander gesp
a lten e Erde den Fluss Melas verschlungen haben, welcher
„durch Haliartus fliesst und daselbst einen Sumpf macht, in
„welchem ein Rohr wächst, aus dem sehr gute Flöten verf
e r t ig t werden. Es ist gewiss, dass dieser Fluss völlig unfergegangen
ist, es mag nun durch ein Erdbeben geschehen
„sein, welches ihn vielleicht in viele unsichtbare Gänge zerf
h e i l t , oder dass ihn die Seen und Moräste, die um Ha-
„liartus herum liegen, aufgenommen haben.“ Pausanias berichtet
IX. 38. 5.: „Sieben Stadien von Orchomenos steht
„ein Tempel des Herakles mit einer nicht grossen Bildsäule.
„Hier sind die Quellen des Flusses Melas, der sich in den
„Kephisis ergiesst.“ Der Berg, an dessen obern Abhang man
ORCHOMENOS. 129
sich jetzt befindet, streckt sich südlich vor in den Sumpf;
man kann daher unter den Kalkfelsen, wo es ungleich näher
und bequemer wäre, nicht hinreiten. Auf der steilen Felsenkuppe
dieses Kalkberges, dem Akontion, sieht man die Ruinen
der Akropolis von Orchomenos, Phlegya genannt; unter ihnen
zeigt sich ein äusseres Befestigungswerk, und vom Schlosse
erstreckte sich längs dem Bergrücken herab eine Mauer aus
grossen Quaderstücken, Am Fusse des Berges liegt ein Kloster
Panagla (Mutter Gottes). Wahrscheinlich wurde die
Kirche desselben auf den Ruinen des Tempels der Charitinnen
(Grazien) erbaut. Nicht weit vom Kloster beginnt das
Dorf Skripu; hier begann sonst die untere Stadt von Orchomenos,
Andreis genannt. Das Schatzhaus des Minyas liegt
am untern Abhange des Berges, so weit er steil ist. Es ist
zusammengestürzt; nur der Eingang, nach Süden gewendet,
aus mächtigen Marmorstücken nach aegyptischer Weise errichtet,
ist noch vorhanden. Es wäre sehr wünschenswerth
es auszuräumen, da es wohl muthwillig eingerissen wurde,
wobei man vielleicht Statuen, Sarkophage u. a. nicht für werth
hielt, vorher erst hinauszuschaffen. Pausanias giebt IX. 38. 2.
folgende Beschreibung von demselben: „Die Schatzkammer
„des Minyas ist ein Wunderwerk, keinem in Hellas oder auch
„anderwärts nachstehend, und ist folgender Art gebaut: aus
„ Steinen erhöht, bildet sie eine runde Gestalt, und die Kuppel
„ist nicht ganz spitz aufgeführt, zu oberst aber soll der Schluss-
„stein für das ganze Gebäude liegen.“
Das Dorf Skripu ist durch den Kephissos, über welchen
jetzt ein steinerner Brückenbogen führt, von dem jenseits liegenden
später erbauten Theile getrennt. Am Ausflusse des
Kephissos in den See wuchs das schönste Flötenrohr. Ich habe
diesem Gegenstände keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt,
sah aber im Sumpfe des Kopäis nur Eine Art Rohr, was dem in
Deutschland wachsenden ganz ähnlich, aber nicht so gross ist.
Am Schlüsse des Festlandes wird von den am häufigsten
in Griechenland wachsenden Gewächsen und dabei auch von
den Rohrarten mehreres gesagt werden.
Erster Thcil. 9