REISE VON NAUPLIA NACH EUBÖA.
A m M Nov. 1834 begann die mir Allerhöchst übertragene
Gebirgsuntersuchung des Königreichs Griechenland. Ich ward
beauftragt, mich zunächst nach Kumi zu begeben, um die
dortigen Braunkohlen zu begutachten, da der Staat sie nicht
mehr behalten, sondern verpachten wollte. Es waren mir
ein Dollmetscher, 4 griechische Artilleristen und 2 Gensdarmes
mitgegeben. Eine halbe Stunde von Nauplia gelangt man an
eine gute Quelle, Arla, bei ihr ist ein verwilderter Garten,
in welchem einige Orangenbäume und Feigenbäume gross und
kräftig wachsen, denn sie haben hinreichend Feuchtigkeit.
Weil um des frischen Wassers willen jeder gern einige Minuten
hier verweilt, so sind auch gleich einige Hütten errichtet
worden, in welchen Caffee, Wein und Raki zu
bekommen war: jetzt wird es eleganter eingerichtet sein,
denn es ziehen viele Reisende vorbei. Die Leute gaben
uns gelbe Blumen und kleinblättriges Basilicum auf den Weg,
wie es Sitte ist.
Wir zogen in einer breiten Ebene östlich fort, sie ist
dürr und nicht cultivirt, es fehlt an Wasser. Die mit Gerollen
untermengte erdige Aufschwemmung ist bei einigen
tiefen Wasserriesen gegen 50 Ellen mächtig zu sehen und
geht noch bei weitem tiefer.
Weiterhin führt der Weg zwischen flachen Kalkbergen
durch, sie sind kahl und nur hin und wieder mit etwas Gestrüpp
bewachsen. Man sieht nur dichten Kalkstein, wie er
in Morea herrschend ist, unter ihm liegt zunächst das rothe
kieselige Gestein. Nördlich am flachen Abhange des Gebirges
bemerkt man einen Garten mit Citronen, Orangen und Olivenbäumen
, er soll sonst viel Citronen geliefert haben, es war
einst ein Kloster dabei. Da, wo der Weg etwas bergab geht,
zeigen sich einige Bänke Kalkmergel, sie streichen h. 5 , 4,
fallen 50° in Nord und sind auf Kalkconglomerat aufgelagert.
Ich beschloss, diese Süsswasserformazion später einmal bei
mehr Zeit zu verfolgen, sie scheint nicht von Bedeutung zu
sein, denn ich fand sie, rund herum in diesem Theile von
Morea, wie ich schon beschrieben habe, nicht wieder, doch
kann leicht in einem abgelegenen Thale eine stärkere Ablagerung
sich finden, wer kann bei der Gebirgsuntersuchung
eines Landes, was grösstentheils aus Gebirgen besteht, die
nicht nur selbst fast alle klippig, sondern durch eine Unzahl
meist tief eingerissner Thäler und Wasserschluchten tausendfach
getrennt sind, jedes einzelne Thal durchstreifen, ohne
Wahrscheinlichkeit zu haben, etwas, was man Ursach hatte
zu vermuthen, auch zu finden.
Halbwegs von Nauplia nach Epidauris, bei einem guten
Quell, wurde um der Pferde willen etwas gerastet. Ein Gensdarmes,
der im nahen Dorfe Ligurio im Quartier lag, hielt
hier Wache und war, obgleich allein, streng in seiner Pflichterfüllung.
Eine Viertelstunde von hier sah man auf einer Anhöhe
mehrere Steinhaufen, es war das fast ganz zerstörte Dorf
Ligurio, als ich aber 1836 dort vorbeireiste, standen schon
viele neu erbaute Häuser. Von hier überschritten wir bald
den Rücken des sich südlich herabziehenden Kalkgebirges und
zogen in einer Schlucht hinab, in welcher mehrere kleine
Mühlen standen. Die Vegetation war üppig, da es nicht an
Wasser fehlte, auch der gegenüber liegende Gebirgsabhang,
an welchem bei der einbrechenden Dunkelheit ein einzelner
Schakal heulte, war mit Gesträuch bewachsen. Erst ganz im
Finstern gelangten wir nach Epidauris und quartierten uns in
einer Caffeeschenke ein, gingen aber sogleich zum Hafencapitain
Erster Theil. 27