DER BESUCH IM KLOSTER DES ERLÖSERS
(SOTIROS) BEI KUMI AUF EUBÖA.
^Nachdem ich in Gesellschaft des Hauptmanns Fortenbach und
des Palikaren - Capitains Georgiös Zschecho, der mich als
Dollmetscher auf dieser ersten Reise begleitete, die unweit
des Weges nach diesem Kloster ausbeissenden Braunkohlen
besehen hatte, beschlossen wir das etwa ^St. weiter entfernte
Kloster zu besuchen.
Der Weg dahin windet sich, wie gewöhnlich, eng und
schmal, stolperig und steinig über kleine Anhöhen und durch
trockne Wasserriesen, und ist nur für Pferde berechnet, die
aus dem steinigen Arabien abstammen. Oft ist der Pfad beengt
durch die herrlichsten Sträucher des Erdbeerstrauches (Arbutus
Andrachne), die voll bauchiger gelblicher Blüthen in Traubenbüscheln
und zugleich voll schön gelber und rother Früchte
hingen; die dunkelrothen Beeren sind die reifen, sie haben
die Grösse grösser Kirschen, oft kleiner Pflaumen; sie schmecken
angenehm süsslich und wären sie noch aromatisch, so
könnte man in Wahrheit sagen, es wachsen hier die Erdbeeren
auf den Sträuchern.
Bald senkt sich der Weg abwärts, man erblickt mehrere
in Eine Gruppe zusammengebaute kleine steinerne Häuser mit
gelblichweissen Mergelschieferplatten gedeckt, sie schliessen
einen schmalen Hofraum ein. Etwa | St. weit rechts senken
sich steile Kalkmassen ins Meer, zur Linken über den Klostergebäuden
steigt ein hoher Kalkberg empor mit altem Gemäuer
auf der Spitze. Im Hintergründe sieht man das Meer und
einige Inseln.
Wir stiegen hinab zum Kloster, ein Mönch wehrte mit
gut treffenden Steinwürfen die 7 uns den Eintritt wehrenden
Hunde ab. Im Hofe standen drei Mönche und drei Knaben.
Die Mönche strickten grobe schafwollne Strümpfe, sie trugen
schwarze Kaftane und schwarze niedrige nach oben zu breitere
Mützen. Sie hiessen uns willkommen und setzten sich auf im
Hofe liegende Balken und wir auch, wo wir eben Platz fanden.
Bald kam auch der Abt (Igoumenos), grad so gekleidet wie
die ändern, er lud uns ein, die Nacht im Kloster zu bleiben
und erst morgen zurückzukehren.
Wir bestiegen eine kleine Anhöhe hinter dem Kloster und
liessen uns die Inseln nennen, die nicht gar fern und klar
sich aus dem Meere hoben, das langgezogene Skyro, Chili-
dromia, Scopelo und andre kleinere; alle diese Inseln
sollt’ ich bald besuchen. Ein Mönch begleitete uns von hier
auf den hohen Kalkberg mit dem alten Gemäuer, einem Castel
der Venetianer; nur nach der Meeresseite zu stehen noch
Mauern und eingestürztes Gemäuer an der Südseite; in der
Mitte ist eine kleine Capelle ohne Dach; es war dereinst die
Kirche. Warum diese Burg an einem so einsamen zurückgezogenen
Platze erbaut wurde, ist nicht wohl zu sagen, die frucht-
bare Gegend von Kumi ist fern und ein Hafen ist auch nicht da.
Die Mauern bestehen aus rohen Bruchsteinen von Kalkstein
und im Mörtel sind viel gebrannte Ziegelstücke eingemengt.
Am nordwestlichsten Abhange geht der Felsen stark geneigt
hinab zum Abgrund, wer da hinunterstürzt, ist wohl verwahrt
und aufgehoben.
Die Aussicht von hier ist ziemlich umfassend; südlich sieht
man zunächst niedre Berge, die nur mit Sträuchern bedeckt
sind; westlich blickt man in ein ödes Felsenthal mit einem
vom Regen angescliwollnen Bache, der vom Kohlenrevier herkommt;
nordwestlich dem steilen Abhang gegenüber hebt sich