REISE VON LIWADIA LÄNGS DEM PARNASSOS
NACH DEM ORAKEL ZU DELPHI.
^ o n Liwadïa nach Delphi führt der Weg auf und neben
einer türkischen Pflasterstrasse gegen Westen, und bald über
Hügel, welche ein breites Thal zwischen zwei hohen kahlen
Kalkgebirgen, die sich zu beiden Seiten gegen Westen hinziehen,
ausfüllen. Sie bestehen aus tertiären Gebilden, die geschichtet
sind, der Fall der Schichten wechselt oft und nach
allen Richtungen. Zu oberst zeigt sich feinkörniges, eisenschüssiges,
dünn geschichtetes rostbraunes Conglomérat, was
so viel Magneteisensand enthält, dass es die Magnetnadel beunruhigt;
tiefer liegt ganz feinkörniges, grünlichgraues Conglomérat,
es ist kalkhaltig und hat zarte weisse Glimmerschüppchen;
tiefer ist es noch feinkörniger und enthält schilfartige
Stengel, es braust mit Säuren. Diese Thalansfüllung
sollte an ein Paar günstigen Punkten bis auf den darunter
liegenden Kalkstein durchbohrt werden, um zu untersuchen,
ob sie vielleicht Braunkohlen enthielte, die, wenn sie sich
bauwürdig fänden, für die holzarme Gegend sehr nützlich
sein würden. Diese Hügel sind mit dem von den Ziegen abgenagten
Gestrüpp der Kermeseiche bewachsen. Der zur
Kreide gehörige Kalkstein, der sich zu beiden Seiten dieser
Thalausfüllung zu mächtigen kahlen Felsen erhebt, ist weissgrau,
enthält Conchylien-Versteinerungen (Bivalven) ; er ist
oberhalb voller Höhlenbildung, nur an den tiefsten Punkten,
wo er sichtbar ist, sind mächtige Bänke wahrzunehmen, mit
Fall in Nord Eine Stunde vorher, ehe man zu einem unterwegs
befindlichen Chan gelangt (so nennt man von den Zeiten
der Türken her einzelue Häuser in unwirthlichen Gegenden,
stundenweit von Dörfern entfernt, in welchen man die
Nacht zubringen kann. Man bekommt in einem Chan, wo
sonst viel mehr zu haben war, jetzt Raki, Wein, Oel, Brodt,
Zwiebeln, Oliven, Sardellen, Sackkäse u. s. w ., auch ist
dabei stets Stallung Dir die Pferde), liegen am Wege viele
Stücke rothbrauner Eisenkiesel, auch ein wenig Brauneisenstein.
Wo der Weg sich rechts in eine Schlucht hinab wendet,
muss links ganz in der Nähe die Einlagerung sich befinden,
die aber nur unbedeutend sein kann, auch wäre Holz
und Transport in jeder Richtung fern. Man sieht eine kleine
bebaute Ebene. Da, wo der Weg nach Daulis und nach Sti-
ris sich theilt, erschlug Oedipus seinen Vater, den er nicht
kannte, als er ihm nicht aus dem W7ege gehen wollte. Der
Weg nach Kastri wendet sich wieder nördlich, zur Seite zeigt
sich ein klippiger niedriger Kalkfels, auf welchem die Griechen
im Kriege mit den Türken einen Tambour hatten, so
nennt man hier eine meist runde Mauer von trocken übereinander
gelegten Steinen, hinter welchem man sich mit kleinem
Gewehr vertlieidigt. Weiter vorwärts steigt der Weg
an und man kommt zu den Ueberresten einer quer durch
das Thal gezogenen Trockenmauer; die Einwohner des benachbarten
Dorfes Arachöwa hatten sie aufgeführt, da man
das Eindringen der Türken von dieser Seite erwartete; aber
die Türken zogen auf der entgegengesetzten Seite des Parnassgebirges
nach Arachöwa, worinn der tapfere Karäiskaky
mit einer ausgewählten Schaar lag. Die Türken wurden, so
übermächtig sie auch waren, zurückgeschlagen, und ihren Pascha
traf beim nächtlichen Kampfe eine Kugel durch den
Kopf, er fiel ohne Laut und liegt dort begraben. Ein gepflasterter
Weg führt flach aufwärts, neben einer tiefen Wasserschlucht.
Am jenseitigen steilen Abhange steht oberhalb
etwas Schwarzwald und unten einiges Laubholz. Wir gelangten
an ein grosses viereckiges gemauertes Gebäude, es war