Thebens Wassersystem.
Theben liegt etwas hoch, hat daher eine kühlere Lage
und ist als ein sehr gesunder Ort bekannt, wozu aber auch
das frische gute Wasser viel beiträgt, dessen man sich noch
durch die Arbeiten der Alten erfreut. Ich muss daher einiges
über das hiesige Wassersystem sagen: Begiebt man sich £ St.
weit zurück auf dem Wege nach Athen, so bemerkt man in
der engen Thalschlucht einen kleinen Teich, durch eine Mauer
aufgestauet. Der Platz heisst Ajio Joanni. Durch einen alten
Stollen war dieses Wasser erschroten worden, der Stollen ist
verbrochen, es hat sich daher das Wasser tiefer Oeffnung verschafft
und quillt in jenem Bassin so reichlich, dass es, in einem
Graben am gegenseitigen Gehänge fortgeführt, zwei dort
angebaute Mühlen treibt. Unterhalb diesem Bassin, in der
Schlucht, streicht eine thonige Lage zu Tage aus, welche das
in dem mächtig darüber aufgelagerten Conglomérat befindliche
Wasser nicht tiefer fallen lässt ; überall drängen sich aus ihr
kleine Schnürchen Wasser. Sie gab den Alten Veranlassung,
über ihr einen Wasserstolln mit sicherm, guten Erfolg in das
Gebirge zu treiben. Das Conglomérat ist hier fast horizontal
gelagert und hat einen kleinen Fall in Nord; es enthält viel
Serpentin mit schönem grünen Talk und gelb schillernder
Diallage. Die Alten haben hier den erwähnten Stolln, und
diesem ganz nahe noch einen zweiten, in das Conglomérat bis
unter die Höhe des flachen Bergrückens getrieben, wo ein
grösser unterirdischer Wasserbehälter ausgehauen ist, um welchen
man soll herumgehen können. Nach etwa einer halben Stunde
gelangten wir von Ajio Joanni auf den Platz, unter welchem
das Wasser steht; hier bemerkt man nahe am Wege zwei
grosse Quaderstücke aus Conglomérat gehauen, aus welchem
es jetzt niemand einfallen wird, reguläre Steine zu hauen, aber
die Alten waren gleich fertig, aus den meisten Gesteinen Quaderstücke
zu hauen, und mau kann behaupten, dass sie schon
ein Stück behauen haben würden, ehe sich jetzt ein Steinmetz
entschliessen kann, oh es auch tauglich sei, wie es den Stich
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habe u. s. f. So fand ich Kalkhreccien, Conglomeratsandsteine,
KalktufF von lauter Muschelversteinerungen u. s. w. zu schönen
Säulen, Architraven, Sarkophagen u. a. behauen.
Ich liess eines jener Quaderstücke wegrücken, es lag auf
Mörtel und 1 Zoll dicken Ziegelstücken, und es zeigte sich
ein ^ Lr. langer, über Lr. breiter mit Mörtel ausgekleideter
seigerer Schacht. Wir maassen Lr. bis auf das Wasser,
was dann noch 8^ Lr. tief war und nicht besonders kalt. Das
in den Conglomeratschichten sich herabziehende Wasser hält
die Ebene ziemlich feucht, daher sie so fruchtbar ist und von
den eingewanderten Phöniciern mit der Umgegend vom ägyptischen
Theben verglichen und wohl zur Erinnerung an sie, zur
Benennung der neuen Stadt Veranlassung gab. Am Nordrande
dieser Conglomeratablagerung scheint aus dem bisher über diese
Gegend gesagten der günstigste Punkt im K. Griechenland zu
sein, quellend Wasser zu erbohren, obgleich es hier schon hinreichend
vorhanden und daher nicht mehr so wichtig ist zu
erbohren, wie fast in allen übrigen Theilen dieses Staates.
Durchschneidet man die unter Theben sich von W. nach
O. ziehende Ebene nordöstlich, so findet man auf dem Gegengebirge
zuerst ein Gestein anstehend, was aussen mit rauher
aufgeborstener Rinde umgeben ist, sich innen aber als gelber
Hornstein zeigt; sodann tritt Serpentingebirge auf, was höher
durch graulichweissen dichten Kalkstein bedeckt wird. Auf
diesem Wege 3 St. von Theben gelangt man zu einer Meto-
chia (d. i. einem Nebenkloster eines Haupt- oder Stammklosters)
des 1 St. entfernten, auf einem hohen Kalkfelsen stehenden,
jetzt unbewohnten Klosters des Sotiros Metamorphosos. Die
Metochia liegt auf einer fruchtbaren Hochebene, rings von
Bergen umschlossen; durch die dort wohnenden Klostergeistlichen
wird die Cultur dieser Ebene besorgt; eben war die
Ernte eingebracht. Es giebt hier gutes quellendes Wasser.