Am nördlichen steilen und hohen Abhange über dem Li-
karis, an welchem der Weg sich hinzieht, zeigt sich unter
dem Kalkstein schlangenförmig gebogenes kalkig thoniges zersetztes
Gebirge. Der Kalkstein ist meist senkrecht zerklüftet
und nur hin und wieder ist eine Andeutung von Schichtung,
mit einem Fall von 30° in Nord bemerkbar. Weiterhin zeigt
sich das unter dem Kalkstein liegende zersetzte Gebirge dünn
geschichtet und nähert sich glimmerigem Thonschiefer. Der
Weg geht hinab in eine kleine Thalebene, welche sich nördlich
zum Köpa'is zieht, dessen grünes Schilf den nahen Sumpf
verbirgt. In diesem flachen Thale ging jener Wasserstolln
nach dem Likaris. Am Rande dieser Ebene stand vor nicht
langer Zeit das Dorf Kartitze, aber die Bewohner konnten es
vor Mücken nicht aushalten, und zogen ^ St. aufwärts in das
Gebirge, wo es kühler ist und die Mücken daher nicht hinkommen.
Nur einige wenige Felder waren bebaut, auch ist
kein Wasser in diesem flachen Thale. Wir begaben uns daher
\ St. weiter nach dem Dorfe Kartitze. Es zählt nur einige
und zwanzig Häuser, die an den Abhängen eines kleinen
engen Thaies erbaut sind. Die aus Erde aufgeführten
Häuser, deren einfaches Sparrwerk mit Schilf gedeckt war,
haben nur Einen unabgetheilten Raum; in der einen Hälfte
ist etwa ^ Elle hoch ein Boden von Lehm geschlagen, auf
welchem an der Hinterwand sich eine viereckige offne platte
Feuerstelle befindet, über welcher der Rauch an der Wand
hinauf und dann in eine Art Feueresse abzieht. In den Seitenwänden
dieses Raumes befinden sich 1 bis 2 kleine Fensteröffnungen,
die nur mit hölzernen Läden geschlossen werden
können. Dieser Raum ist Küche, Wohnzimmer und zur Nacht,
wenn Teppiche und Kopfpolster aufgelegt sind, Schlafstelle;
er wird oft ausgefegt und besonders vor Festtagen mit Lehmwasser
ausgestrichen, was ihm ein sehr reinliches Ansehen
giebt; die andere Hälfte des Hauses dient zur Aufbewahrung
von Vorräthen in Säcken, Körben und Fässern; auch steht
hier oft einiges Vieh.
Es wurde sogleich eine neue Schilfdecke neben der Feuerstelle
ausgebreitet und ein Kopfpolster (meist mit der obern
Hälfte von abgeschnittenen Federn ausgestopft, schwer um als
Waffe dienen zu können) für mich hingelegt, um Platz zu
nehmen; dann fragten sie: was ich wohl an Lebensmitteln
brauche, und als sie hörten, dass ich gekommen sei, zu sehen,
wie man dem See Abfluss verschaffen und die Ebene wieder
bewohnbar machen könne, wollten die armen Leute von mir
und meinen Pionnieren kein Geld für die erhaltenen Lebensmittel
nehmen.
Den £§4 Juni wandten wir uns nach dem Dorf Tobole
zu. Der Weg ist nur der Spur nach, auf einem klippigen
Kalkrücken, der sich weit in den Kopäis vorstreckt, zu sehen.
An seinem Ende angelangt, erblickt man nördlich im Sumpfe,
auf einem isolirten felsigen Hügel, Lieberreste von mächtigen
Kyklopen-Mauern, durch welche dieser Platz einst befestigt
war. Am jenseitigen Ufer lag das alte Kopä, unten um den
in den See vorspringenden, mit Pelasgischen Mauerresten gekrönten
Hügel liegt ein kleines Dorf Tobole.
Neben dem Wege steht im Kalkstein eine kleine Eisensteineinlagerung
zu Tage. Es ist Bohnenerzartiger rother
Thoneisenstein; er besteht aus dicht an einander liegenden
verdrückten Körnern, welche mit einer glänzenden rothbrau-
nen Rinde überzogen sind. Er kommt Lagerartig vor und
enthält eine Menge eckige Gebirgsstücke eingemengt. Die
ganze Umgegend kann keine Holzkohlen liefern, um diesen
Eisenstein in der möglichsten Nähe zu Gute zu machen. Er
müsste von hier auf dem Kephissos bis nahe bei dem grossen
Katawothron herabgeschifft, dann mit Lastthieren herabgetragen
werden an das Meer unterhalb der Martini-Mühlen, wo
Gefälle ist, und dort mit Braunkohlen verschmolzen werden.
Dass auf diese Weise die Unkosten zu gross sein müssen,
leuchtet ein; überdiess ist die Einlagerung nicht bedeutend.
Unter dem felsigen Bergrücken, auf welchem wir uns befanden,
führt eine niedrige Brücke im Sommer über den Kephissos
nach dem \ St. weit von da nordwestlich liegenden
Dorf Tobole, von welchem später die Rede sein wird. Sie