breite Ebene £- Stunden weit nach Nord-Ost, dann hebt sie sich
sanft und trennt sich weiterhin in zwei Thäler: das breite des
Kephissos, in welchem sie nordöstlich noch weit fortsetzt, und
das engere des Ilissos, da zwischen beiden ein massig hoher Gebirgsrücken
mit kahlen steilen Felsenmassen Tortritt, dessen Anfang
der Anchesmos macht. Vor diesem südsüdwestlich steigt
ein rings um senkrecht begrenzter Kalkfels empor; er ist oben
flach, hat ungefähr 1000 Fuss Länge, bei halb so viel Breite und
178 Toisen Höhe über dem Meer.
Dieser von Natur zu einer festen Burg bestimmt scheinende
Felsen, der nur Eine starke Stunde vom Meer entfernt is t, wo
sichere Häfen sind, der mit dem Festlande und mit dem nahen
Aegeischen Meere leicht Verbindung haben kann, der mit fruchtbarer
Ebene umgeben is t, wurde, so weit die Geschichte reicht,
zuerst vom Kranaos zur Felsenstadt benutzt und nach ihm Kranae
genannt; als aber Kekrops aus Aegypten einwanderte, entging
dieser Punkt seinem Scharfblick nicht, denn kein günstigerer
Platz zur Stadt, die über Hellas herrschen sollte, ist nah und
fern zu finden. Nur Akrokorinth ( wenn der Isthmos durchschifft
werden könnte) und der Palamides bei Nauplia (an der grossen
Ebene von Argos, mit einem guten Hafen) können in Vergleichung
gezogen werden. Beide sind fester, besonders weil sie grosse
treffliche Cisternen haben; jenem Felsen fehlte aber stets nur
Wasser, um sich lange halten zu können.
Kekrops erkannte die Wichtigkeit des Platzes und gründete
auf ihm um 1580 v. Ch. eine Burg und befestigte Stadt, die nun
Kekropia genannt wurde, bis in der Folge Erichthonios (Erech-
theus), des Hephästos (Vulkanus) und der Gea (Erde) Sohn, iin
Tempel der Athene von der Göttinn selbst erzogen, sich der
Herrschaft bemächtigt und seiner Schutzgöttinn eine gewaltige
Bildsäule hatte errichten lassen. — Er führte ihren Dienst ein,
und ihr zu Ehren wurde dann die Burg und die Stadt Athen genannt.
Dass dem so is t, kann man heute noch die Sterne fragen.
Da glänzt Erichthonios als Wagenlenker {rp/ioyog, auriga),
denn Zeus hat ihn dorthinversetzt, in Anerkennung seines Verdienstes,
dass erden vierräderigen Wagen erfand, um darin seine
missgestalteten Füsse zu verbergen und sich hin zu begeben , wohin
er wollte.
Als nun die unter dem Schutz der Burg erbaute Stadt sich
immer mehr vergrösserte, unterschied man die obere Stadt Akropolis
und die untere Stadt Katopolis, welche dann allein den Namen
Athen behielt. Die Akropolis nannte man auch wohl Asty
(uotv , die befestigte Stadt), indem man ihr vor allen den Vorzug
gab. Wenn man von der obern und untern Stadt sprach, so
sprach man im Plural Athenä.
Die Bewohner Athens waren schlank gewachsen, wohlgebildet,
lebhaft und mit feinen Sinnen begabt, denn die Luft ist dort
rein und gesund, und auch das Wasser war gut.
Nachdem Athen nur in Ruinen noch vorhanden war, sind
seine Bewohner sehr den Wechselfiebern unterworfen. Die Türken
schrieben es hauptsächlich den Ausdünstungen einer dort sehr
überhand genommenen giftigen Art Wolfsmilch (Euphorbia Cha-
racias, nd-vfxuXXog yagaxlag [Dioskorides]) zu, und sandten daher
eine grosse Menge Menschen besonders nach dem nordöstlichen
Abhange des Hymettos, von wo der Wind am häufigsten kommt
und wo sie in Menge wächst, um sie vor der Blüthe abzuhauen und
seitdem diess nach Vertreibung der Türken unterlassen worden
ist, sagt man, wäre Athen mehr den Fiebern ausgesetzt, als vorher.
Das meiste aber tragen die Ausdünstungen und Nebel aus
dem nordwestlich von Athen befindlichen Olivenwalde, der, durch
das ungeregelte Bewässern aus dem Keplüssos und so durch dessen
gehinderten Abfluss, versumpft war, zur Ungesundheit Athens
sowohl als Miasma, als auch durch Feuchtigkeit der Luft, wodurch
Abkiihluiig der Haut und durch dergleichen Erkältungen, denen
man sich erhitzt des Abends oder früh nüchtern ausgesetzt hatte,
intermittirendes Fieber schnell hervorgerufen wurde 2 ). Es half
2 ) Die Wintermonate, welche ich mich nach Beendigung der Be-
reisung eines Theils von Griechenland, um die Berichte vorzulegen
und die Arbeiten des Referates im Bergwesen zu führen, in Athen
aufhalten musste, ging ich mit Vorsatz fast alle Tage in die des
Abends aufsteigenden Nebel des Olivenwaldes, mich mit der Jagd nach
Zugvögeln beschäftigend. Nur machte ich mir zur Regel, niemals
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