eine lange Unterhaltung mit ihnen, in deren Verlauf ich mich
bemühte, ihnen begreiflich zu machen, dass das Ganze dieser
ausgedehnten Landschaft, wovon sie nur einen kleinen Theil
kennten, nichts als eine grosse Insel •— ,, gungu güngu
rhäss”) — in der unermesslichen Salzfluth sei; gerade so,-wie
die uns gegenüberliegende Insel Rabara im Verhältniss zum
JsTiger oder ihrem Eghirreu stehe. So sahen denn meine Freunde
ein, dass die Herrschaft zur See von einiger Bedeutung sei,
da sie den Zugang zu allen diesen Ländern eröffne; vorher
nämlich hatten sie -nur mit einer gewissen Verachtung
auf Leute geblickt, die, wie sie meinten, ganz allein in
Schiffen auf der See .lebten. Sie waren nicht wenig erstaunt,
als ich ihnftn sagte, dass wir im Stande waren, diesen-Fluss
von der See her heraufzukommen. Auch sie hatten von
jenem kühn unternehmenden und geheimnissvollen Christen
gehört, der vor 50 Jahren diesen Fluss befahren hatte , und
Einige von ihnen hatten ihn mit ihren eigenen Augen gesehn.
Selbst noch nach einer solchen Reihe von Jahren ist Mungo
Park diesen Leuten ein mysteriöses, unlösbares Räthsel geblieben,
und auch sowohl die Gegend, aus der er so plötzlich
an’s Licht trat, als das Land-, wohin er sein einsames Boot
den grossen Eghirreu hinab steuerte, ist ihnen ein vollkommenes
Räthsel geblieben. Freundliche Unterhaltung übt . einen
grossen Einfluss auf diese einfachen Bewohner der Wüste, und
je länger wir uns unterhielten, um so zuvorkommender wurde
das Betragen meiner Besucher, bis sie mich zuletzt fragten,
ob ich nicht eine ihrer Töehter heirathen und mich unter
ihnen niederlassen wollte.
Zuweilen hatten wir auch ein kleines Zwischenspiel weniger
friedlicher Natur. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses
waren nämlich einige Lagerstätten der Imedidderen und Ter-
fentik und Einige der Letzteren) statteten unseren Wirthen einen
etwas überraschenden Besuch ab, wobei sie ihnen ein Stück
Vieh abnahmen. Die Folge davon war, dass sich, des Scheichs
Kleine .Kätibereien. 137
Neffe, gezwungen sah, über dén Fluss zu setzen, um Schadenersatz
von ihnen einzütreiben. v Die Kel-n-Nokünder nämlich, die
in; früheren: Zeiten von den Imö-scharh • alle möglichen Bedrückungen
hatten ruhig erdulden müssen, haben in jüngerer
Zeit'von ihren Beschützern, den Kunta, ein solches Gefühl der
Unabhängigkeit eingesogén, dass sie jetzt nicht mehr geneigt
sind, seihst auch nur die geringste Ungerechtigkeit zu ertragen,
und sicherlich hatten.sie diesmal das.Recht, zu verlangen,'
dass sie. nicht gerade im Augenblick, wo sie eine>.so
zahlreiche Gesellschaft von Leuten ihres besonderen Beschützers
bewirtheten, selbst eine Unbill zu dulden haben sollten.
Es- verursachte mir jedoch, einiges Erstaunen, zu erfahren,
daSs. - selbst diese Kêl-n-Nokundër dén Fulbe . oder Eullän
Tribut zahlen.
Mein junger Freund, dèm es einige Mühekostete, diéFréiheü-
ter. vom» gegenüberliegenden Flussufer; ,zu überreden, das'ge-
raubte Eigenthum zurückzuerstätten, schilderte, mir die Terfén-
tik als schone, hochgewachsene Männer, aber von.grosser Ar-
muth; sie sind mit den Tarabanässa verwandt. Diese kleine
Begebenheit gab mir wiederum Anlass zu erwägen, wié höchst
erstaunlich es is t, dass, eine Familie friedlicher Leute• einen
solchen Einfluss auf diese wilden Horden ausüben sollte,
dié beständig Krieg unter einander führen, und das ganz allein
auf Grund ihrer muthmasslichen Heiligkeit und ihrer -Sittenreinheit.
, Der interessante Charakter unserer Lagerstätte jedoch genügte
-keineswegs zu unserem materiellen--Wohlsein; meine
Gefährten brachten ernstliche Klagen vor. über ;das geringe
Maass;;'von -Nahrung, das sie von unseren Wirthen
erhielten, und aus diesem Grunde war. ihnen. fest ebenso
viel daran gelegen j etwas vom Scheich. zu hören, als mir.
Auch meine Provision* näherte rieh ihrem Ende • und schon
von unserer früheren Lagerstätte in Ernésse aushatte ich den
treuesten, meiner Diener: nach Timbuktu geschickt, unr mir
Barth s Reisen. V. 18.