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 fingen  dann  an,  den  Anhang  des  Vorgebirges  Em-Al&uen*)  
 zu  ersteigen,  und  erreichten  bald  den  Wohnsitz  des  eben  
 erwähnten  Häuptlings, ,  der  das  Oberhaupt  einer  der  beiden  
 Abtheilungen  der  Er&taf&ni  oder  vielmehr  RMtafän  ist.  
 Das  Dorf  bestand  aus  150  bis  200 Mattenhütten  mit  einem  
 grösseren  und  einem  kleineren  Lederzelte  in  der Mitte;  aber  
 da  es  keinen  kühlen  Schatten  gewährte,  sondern  auf  nacktem  
 und  von  der  Sonne  durohglühtem  Kiesboden  lag,  der  
 den  Felsen  bedeckte,  schien  es  uns  wenig  einladend  und  wir  
 zogen  es vor,  den  steilen  östlichen Abhang  bis  zum  schmalen  
 Ufersaume  hinabzusteigen,  der  sich  längs  des  Flusses  hinzog  
 und  mit  „h&djilldj” ,  „baüre”  und  anderen  Bäumen  reich  bewachsen, 
   einen  gar  freundlichen  Buheplatz  darbot.  Man  
 liess  uns  jedoch  nicht lange in Buhe,  sondern bald stellte sioh  
 die  gesammte  männliche Bevölkerung  des Dorfes  ein,  Tuäreg  
 und  Sonrhay,  Erwachsene  und  Kinder,  die  uns  mit  grosser  
 Neugierde umringten,  aber  ohne  sich  in  eine Unterredung mit  
 mir  einzulassen,  da  sie  nioht'wussten,  was  sie  aus  mir  machen  
 sollten.  So  gaben  sie  sich  denn  argwöhnischen  Grübe^  
 leien  hin,  was  wohl  mein  wirklicher  Charakter  sein  möchte,  
 während  mich  meine  Gefährten  für  einen  Scherlf  ausgaben. 
 Später  am  Nachmittage  stellte  sioh  auch  der  Häuptling  
 selbst  ein;  er  war  nämlich  bei  unserer  Ankunft  abwesend  
 gewesen.  Da  er  Bich  sehr  anständig  benahm,  maohte  ich  
 ihm einen halben Gesichtsshawl — „haräm” — zum Gesohenk;  
 seine  Leute  dagegen  erhielten  nichts  als  Nadeln.  Der  Ort  
 war  trotz  seiner  Kleinheit  ziemlich  mit  Lebensmitteln  versehen  
 und  ich  kaufte  hier einen hübschen Vorrath von Butter  
 und Beis;  aber Milch war spärlich  zu haben und es ge lang mir  
 nur,  gegen Datteln,  für die diese Leute  eine  ausserordentliche  
 Vorliebe  hegten,  eine  kleine  Portion  des  mir  auf  Afrikanischem  
 Boden  so  werthen  Getränkes  umzutauschen.  Auf 
 *)  Dieter  Ni tut  der  Karte  w worden, 
 Das  Dorf der  Erdtafäni. 271 
 dem  Unterlande  etwas  unterhalb  unseres  Lagers  standen  ein  
 Paohtgehöft  und  auf  der Insel  zunächst  dem Ufer zwei kleine  
 Weiler;  denn  der Arm  des Flusses,  der  allem Anscheine nach  
 im  Durohsohnitt  von  bedeutender  Tiefe  ist,  war  voll  grüner  
 Inseln,  welohe  sioh  der Länge  nach  in zwei parallelen Beihen  
 hinzogen;  sie  waren  von  derselben  Höhe  wie  das  Ufer,  auf  
 dem  wir  lagerten,  und  offenbar  vom  letzteren  abgerissen.  
 Der  an  10  Fuss  hohe,  steile  Abfall  dieses  Ufers  erschwerte  
 das  Tränken  der  Pferde  ausserordentlioh  und  nur  mit  der  
 grössten Anstrengung  konnten  wir  eins  derselben,  das  in  den  
 Strom  gefallen  war,  wieder  herausziehen. 
 Der ganze Landstrich soll von Löwen sehr unsioher gemacht  
 werden,  und  wir sahen die Überbleibsel  von  vier  Pferden,  die  
 eine  einzige  Bestie  am  verflossenen  Tage  in  Stücke  gerissen  
 hatte;  aber ungeachtet der Stärke und Wildheit dieses Thieres  
 versicherten  mich  doch alle Anwohner,  dass  der  Löwe  dieser  
 Gegend,  gleioh  dem  von  Air,  keine  Mähne  habe,  und  dass  
 sein Aussehen  durchaus  niohts  gemein  habe  mit dem schönen  
 Fell,  auf  dem  ioh  zu  ruhen  pflegte  und  das  von  einem  
 Löwen  aus  der Gegend  von  Lögone  herrührte. 
 ^Freitag,  21»*™  Juli,]  Auf  unserem  gestrigen  Marsche  
 waren  wir  beim  Dorfe  Gandütan  von  drei  oder  vier  Sonrhay 
 Beitern  eingeholt  worden,  die  ein  kriegerisches  und  
 unternehmendes  Aussehen  hatten  und  vortrefflich  beritten  
 waren.  Sie  hielten  sioh  einige  Zeit  dicht  bei  uns,  sprachen  
 und  fragten  viel  in  Bezug  auf  meine  Waffen  und  verschwanden  
 dann;  aber  heute  Morgen  zu  früher  Stunde,  als  
 es  noch  völlig  dunkel  war  und  während  wir  unser  G« •jpäek  
 zum  Marsoh  in  Bereitschaft  setzten,  kamen  sie  wieder  
 zum  Vorsohein  und  flössten  meinen  Begleitern  einige  Furcht  
 in  Betreff  ihrer  weiteren  Absichten  ein.  Meine  Freunde  beredeten  
 daher  den  Häuptling  der Er&tafäni,  uns  mit  Einigen  
 seiner Leute eine Strecke das Geleit zu geben;  denn ihnen war  
 wohlbekannt,  dass  die  Sonrhay,  welohe  zur  Zeit  ihre Unab