X I. Kapitel,
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fingen dann an, den Anhang des Vorgebirges Em-Al&uen*)
zu ersteigen, und erreichten bald den Wohnsitz des eben
erwähnten Häuptlings, , der das Oberhaupt einer der beiden
Abtheilungen der Er&taf&ni oder vielmehr RMtafän ist.
Das Dorf bestand aus 150 bis 200 Mattenhütten mit einem
grösseren und einem kleineren Lederzelte in der Mitte; aber
da es keinen kühlen Schatten gewährte, sondern auf nacktem
und von der Sonne durohglühtem Kiesboden lag, der
den Felsen bedeckte, schien es uns wenig einladend und wir
zogen es vor, den steilen östlichen Abhang bis zum schmalen
Ufersaume hinabzusteigen, der sich längs des Flusses hinzog
und mit „h&djilldj” , „baüre” und anderen Bäumen reich bewachsen,
einen gar freundlichen Buheplatz darbot. Man
liess uns jedoch nicht lange in Buhe, sondern bald stellte sioh
die gesammte männliche Bevölkerung des Dorfes ein, Tuäreg
und Sonrhay, Erwachsene und Kinder, die uns mit grosser
Neugierde umringten, aber ohne sich in eine Unterredung mit
mir einzulassen, da sie nioht'wussten, was sie aus mir machen
sollten. So gaben sie sich denn argwöhnischen Grübe^
leien hin, was wohl mein wirklicher Charakter sein möchte,
während mich meine Gefährten für einen Scherlf ausgaben.
Später am Nachmittage stellte sioh auch der Häuptling
selbst ein; er war nämlich bei unserer Ankunft abwesend
gewesen. Da er Bich sehr anständig benahm, maohte ich
ihm einen halben Gesichtsshawl — „haräm” — zum Gesohenk;
seine Leute dagegen erhielten nichts als Nadeln. Der Ort
war trotz seiner Kleinheit ziemlich mit Lebensmitteln versehen
und ich kaufte hier einen hübschen Vorrath von Butter
und Beis; aber Milch war spärlich zu haben und es ge lang mir
nur, gegen Datteln, für die diese Leute eine ausserordentliche
Vorliebe hegten, eine kleine Portion des mir auf Afrikanischem
Boden so werthen Getränkes umzutauschen. Auf
*) Dieter Ni tut der Karte w worden,
Das Dorf der Erdtafäni. 271
dem Unterlande etwas unterhalb unseres Lagers standen ein
Paohtgehöft und auf der Insel zunächst dem Ufer zwei kleine
Weiler; denn der Arm des Flusses, der allem Anscheine nach
im Durohsohnitt von bedeutender Tiefe ist, war voll grüner
Inseln, welohe sioh der Länge nach in zwei parallelen Beihen
hinzogen; sie waren von derselben Höhe wie das Ufer, auf
dem wir lagerten, und offenbar vom letzteren abgerissen.
Der an 10 Fuss hohe, steile Abfall dieses Ufers erschwerte
das Tränken der Pferde ausserordentlioh und nur mit der
grössten Anstrengung konnten wir eins derselben, das in den
Strom gefallen war, wieder herausziehen.
Der ganze Landstrich soll von Löwen sehr unsioher gemacht
werden, und wir sahen die Überbleibsel von vier Pferden, die
eine einzige Bestie am verflossenen Tage in Stücke gerissen
hatte; aber ungeachtet der Stärke und Wildheit dieses Thieres
versicherten mich doch alle Anwohner, dass der Löwe dieser
Gegend, gleioh dem von Air, keine Mähne habe, und dass
sein Aussehen durchaus niohts gemein habe mit dem schönen
Fell, auf dem ioh zu ruhen pflegte und das von einem
Löwen aus der Gegend von Lögone herrührte.
^Freitag, 21»*™ Juli,] Auf unserem gestrigen Marsche
waren wir beim Dorfe Gandütan von drei oder vier Sonrhay
Beitern eingeholt worden, die ein kriegerisches und
unternehmendes Aussehen hatten und vortrefflich beritten
waren. Sie hielten sioh einige Zeit dicht bei uns, sprachen
und fragten viel in Bezug auf meine Waffen und verschwanden
dann; aber heute Morgen zu früher Stunde, als
es noch völlig dunkel war und während wir unser G« •jpäek
zum Marsoh in Bereitschaft setzten, kamen sie wieder
zum Vorsohein und flössten meinen Begleitern einige Furcht
in Betreff ihrer weiteren Absichten ein. Meine Freunde beredeten
daher den Häuptling der Er&tafäni, uns mit Einigen
seiner Leute eine Strecke das Geleit zu geben; denn ihnen war
wohlbekannt, dass die Sonrhay, welohe zur Zeit ihre Unab