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 bestandes,  aber  noch  mehr  erstaunte ■ ich  über Nfie  Antwort  
 des  Scheichs.  Dieselbe lautete,  er habe  nur  das Beispiel  seL  
 ner  beiden Brüder  befolgt.  Aber  die Sache  war  damit  nicht  
 abgemacht,  sondern  spät  am  Abend  fand  wieder  eine  Bera-  
 thung  auf dem Terrassenzimmer  dés Scheichs  statt  und  Ssidi  
 Alauäte  ward  an  Férredji  abgoschickt,  um  ihn  zu  bewegen,  
 seine  wirklichen  Absichten  in  klaren  Ausdrücken  kiindzu-  
 thun.  Um  die  Zeit  bis  zur  Rückkehr  des  Abgeordneten  angenehm  
 zu  verbringen,  eröfEnete  mittlerweile  der.  ältere Bruder  
 eine  joviale  und  scherzhafte  Unterhaltung,  indem  er  
 mich  über  die  sociale  Stellung  und  die  sonstigen  Verhältnisse  
 des  schönen  Geschlechtes  in . meinem  Vaterlande, befragte  
 1 ein  Gegenstand,  der  selbst  für,  die  Ernsthaftesten  
 unter  den  Moslemin  stets,  eine  grosse  Anziehungskraft  
 besitzt 
 Als  Alauäte  zurückkam,  wollte  er  seine  Botschaft  vor  mir  
 geheim  halten  und  behauptete,  dass  er  sie  nur  allein  dem  
 Scheich  El  Bakay  mittheilen  könne.  Ich  ging  daher  nach  
 Hause  und  erhielt  hier  lange  nach Mitternacht ieinen Besuch  
 vom Scheich.  Er kam,  um mir mitzutheilen,  dass Férredji nur  
 günstige  Briefe  aus  der Hauptstadt  gebracht  habe,  indem  er  
 den  drohenden Brief  in Kabara  selbst ganz  allein  auf Antrieb  
 der  Kaufleute  von  Morocco  —  „ ssahelle” .^ -   geschrieben  
 habe;  er  seinerseits  hätte  Férredji  versichert,,  dass  ich,  
 wenn  Sseko  Ahmedu  mich  allein  lassen  wollte,  schleunigst  
 meine  Heimreise  antreten  sollte.  Aber  er  fügte  hinzu,  dass  
 ihn  die  Fulbe  aus  den  öffentlichen  Einkünften  unterstützen  
 müssten,  um  meine Abreise  zu  beschleunigen. 
 An  demselben  Tage  war  ich  Zeuge  einer  nicht  uninteressanten  
 Episode  im  Privatleben  dieser  Leute.  Des  Scheichs  
 Schwiegermutter  starb und er ging hinaus, um an der  „rödha”  
 für das Heil ihrer Seele zu beten.  „Rödha”, obgleich eigentlich  
 ein  allgemeiner  Ausdruck,  bedeutet  in  Timbuktu  ganz  vorzügüch  
 das  Grabmahl  Ssidi  Muchtär’ä,  eine,  für  heilig  gehaltene  
 Stätte,  wenige  hundert Schritte  östlich  ton' der Stadt  
 gelegen, I welche  in • meinen  Erlebnissen  an  diesem- Orte  von  
 grösserer  Bedeutung  für  mich  werden  Sollte. -  Das,- Beispiel  
 des Scheichs  zeigt,  wie  gross  die Verehrung  ist,  welche  diese  
 Araber  dem ■ weiblicher!  Th'eil  ihres  Stammes  zollen.'  Auch  
 gibt  es  in  diesem  Stamme  der  Kunta  mehrere  Frauen,  die  
 sich  durch  diö Heiligkeit  ihres  Lebenswandels  berühmt  
 macht  haben,,  und  selbst Verfasserinnen  gutgeschriebeneÄ fd-  
 -ligrösdr  Abhandlungen. 
 ' „Indessen  waren-  die  politischen  Verhältnisse  nicht-1 ganz  
 günitjgy  als mein Wirth mir  dieselben  darzustellen versuchte;'  
 deoö. gleich  anderen . Leuten  bekümmerte  er-sieh  eben  nicht  
 sehr darum,  ob  er  in  seinem Bemühen,  einen  guten Zweck -ztt  
 erreichen',  Dinge  sagte,  die  der Wahrheit  nicht-ganz  geüfäss  
 waren.  Die  Erbitterung  der  herrschenden Partei'  gegen mich’  
 war  so" gross,  dass  mich  Ferredji,  als  er  am  folgenden  Tage,  
 dem  Scheich  einen  Besuch  a b s ta tte te a ls   einen  Kriegs:  
 hauptmann  und  Freibeuter-1-  „mehärebi” -darsfellte,  dem  
 der  Aufenthalt  in  der  Stadt  nicht  länger  gestatte# werden  
 dürfte.  - So  war  eä  denn-  recht  gut,  dass  sich,El  Bakäy  für  
 den  schlimmsten  Fall  vorgesehen  hatte,, -indemver-  die  Kefc-  
 ülli  zu Hilfe  rufen  liess,  die-sich» dentf. auch;  etwa  60 AlaMr  
 stark* im Laufe tfes Nachmittags  eimStellten  und  ihren  
 mit  grossem  kriegerischen  Geräügch  und« Züsainmenschlagön  
 der  Schilde  kielten.  Bei  diesem Gelegenheit  machte- ich^zuib’.  
 Arsten Male Bekarintschaft  mit 'diesem  kleinen,  äbfer  kriegerischen  
 - Stamme.  Ungeachtet  ' ihrer  Erniedrigung  als  Im-  
 hräd  haben sich die Kel-ülli  durch  die'gänzliche'Vernichtung  
 der  in  früheren  Zeiten  sehr  beträchtlichen Macht-, .dfer»' Fgbläd  
 und  I'medldderen  ausgezeichnet,  welche" einst  über-'Timbuktii-.  
 herrschten  und  den Kunta feindlich waren.  DieKel-ülM zeabhV  
 nen  sich'unter  allen  Stämmen  der ,-Umgegend  durch  dr'eiEi-  
 genschaften.  aus,  deren  Vereinigung  hp ,einer  und  derselben