400 XV. Kapitel. |
rakter dieses Menschen überzeugte mich, dass, wenn ich dem
Befehle nicht gehorchte, ich mich allen Arten grober Beleidigungen
tön Selten dieses verächtlichen Schurken aussetzen
würde, ich'müsste mich denn seiner auf gewaltsame
und gesetzlose Weise entledigen. So hielt ich es denn für
besser, wie kläglich es immerhin sein mochte, mich in
Gehorsam dem tyrannischen ^Willen dieser Leute zu fügen.
Es war bei alledem noch ein günstiger Umstand, dass« Ssidi
Ahmed-, der Vornehmste-■ unter den Boten des Soheichs von
Timhuktu, sich zur Zeit bei mir im Lager befand.
Ich sandte also meine Leute in mein altes Quartier voraus
und ging selbst zürn Scheich ‘Omar, ihm meine Aufwartung
zu machen. Da legte ich» nun gegen ein solches Verfahren
einen förmlichen Protest ein, aber der Scheich selbst sprach
kein Wort, sondern ein jüngerer Bruder desselben, Namens
Abba vOthmän, leitete die Unterhaltung und erklärte mir, dass
es dem Scheich unmöglich sei, mich auf diese Weise abreisen
zu lassen. Aus Allem schien mir hervorzugehen, dass es vornehmlich
dieser Mann war, der seinen älteren Brüder überredet
hatte, mich nicht unbefriedigt gehn zu lassen, sondern
zuvor meinen Ansprüchen zu genügen, abgesehen von den
ernsten Gefahren des Weges. Aber der Hauptgrund war
wahrscheinlich die Ankunft eines Têbu-Boten aus Norden
mit Briefschaften für den- Scheich. Zur Zeit erfahr ich
allerdings den Inhalt dieser Schreiben nicht, aber ich: hörte
später, dass dieser Bote die Nachricht vom Herannahen
einer S Karawane gebracht habe, und es war ganz natürlich
\ dass der Scheich-den Wunsch hegte, ihre Ankunft
abzuwarten.
Für mich selbst war dieser Bote nur der Überbringer
einer Depesche von Lord Clarendon, datirt vom 10*®“ Juni
1853 und folglich mehr als 20 Monate alt. Das Gerücht
von- meinem Tode schien in Tripoli und Fesän vollen Glauben
zu finden; mein.'von Känö aus abgesandter Brief war natür-
Ankunft einer Kafla von Fesän. 401
lieh zur Zeit des Abganges dieses PacketeS noch nicht in
Fesän angekommen.. Das Einzige, was mir in meiner unerfreulichen
Lage Genugthuung gewährte, waren einige Maltesische
Blätter von viel jüngerem Datum als die Briefschaften,
welche mir Nachricht von den vor vier Monaten in Europa
stattgehabten Vorgängen gaben.
Genug, unter den gegenwärtigen Umständen blieb mir nichts
Anderes übrig, als mich in Geduld zu fassen; aber der Aufschub
lastete mit unbeschreiblicher Schwere auf mir und
ich hatte kaum Energie genug, um mir Mühe zu geben,
meine Zeit nützlich anzuwendem Jedoch ereignete sich ein
sehr erfreuliches Intermezzo, das zugleich eine der Bedingungen
erfüllte, von denen mein» Reise abhängig war. Dies
war die Ankunft der Araber-Kafla aus Norden, und am
23sten März machte ich mich aufi um sie in ihrem Lager in
Däuerghü zu besuchen; der dahin führende Pfad war voll'
von Leuten jeden Standes, die ihren Freunden entgegen
gingen, um zu hören, was für Nachrichten die neuen Ankömmlinge
mitgebracht hätten. Die Kafla bestand aus
mehr als 100 Arabern, hatte aber nur 60 Kameele. Der
Vorstand der Reisenden war ein Mann Namens Hadj Djäber,
ein alter erfahrener Fesäner Kaufherr, und es befand sich
ausserdem dabei eine einflussreiche junge Person mit nicht
unbedeutenden Geistesanlagen; dies war Abba Ahmed ben
Hamma el Känemi.
Die Kafla war von Fesän aufgebrochen unter dem Eindrücke,
dass- ich todi sei, und die Leute waren daher nicht
wenig erstaunt, als sie mich sahen, vornehmlich jener
Mohammed ei'Akerüt, der mir in Sinder die 1000 Dollars
überbracht hatte und der während der Dauer unserer Expedition
nun schon zum dritten Male den Sudan auf einer
Handelsreise besuchte. Der Vorstand der Kafla hatte auch
eine höchst wichtige Bedeutung für uns, indem er 1000 Dollars
für die Mission bei sich führte; aber die Sendung war nicht
Barth’a Reisen. V» 8 1 'öl