68 III. Kapitel. .
denen einige zwischen 4 und & Fuss im Durohmesser hatten
und nur van sechs Personen getragen werden konnten, be^
zeugte ihren starken Appetit; eine dieser ungeheueren Schüsseln
ward umgeworfen und ihr ganzer Inhalt auf den Sand
geschüttet. ; *
Aber dié Gäste hatten nicht viel Müsse, ihr Festgelag zu
gemessen; denn gerade in der Zeit, wo sie ihren Leib pflegten,
zog ein Trupp Kël-hekïkan vorüber, von dem Stamme,
der mit den Guanin blutige Fehde führte, und brachte das
ganze Lager in die grösste Verwirrung. Nachdem sich endlich
die Gemüther wieder beruhigt hatten, nahmen die Festlichkeiten
ihren Fortgang' und Mohammed el ‘Aisch ritt mit
Einigen seiner Landsleute von Tauät den Abhang der Dünen
nach den Zelten hinauf, worauf sie ihre Flinten abschossen;
aber diese Leistung war im Ganzen etwas armselig. Auch
Waren Einige von ihnen schlechte Beiter und hatten wahrscheinlich
nie vorher zu Pferde gesessen, da sie. Kinder der
Wüste waren, wo das Kameel vorwiegend ist. Diejenigen
unter den Einwohnern Timbuktu’s, welche Pferde besitzen,
werden beständig mit dem Gesuch belästigt, sie'Fremden zu
leihen (überhaupt herrscht daselbst in Bezug auf diese Thiere
ein gewisser Kommunismus); aber die Pferde Timbuktu’s
sind von höchst elender Beschaffenheit; nur der Seheich
selbst besitzt einige gute Pferde, die von der Gibleh (dem
westlichen Theile der Wüste) eingeführt sind.
Die räuberischen Kël-hekïkan bildeten auch am Abend
wieder einen Gegenstand unserer Besorgniss und nach langer
und umständlicher Berathung ward endlich beschlossen, ein ige
Leute abzusenden, welche die Bewegungen dieser Freibeuter
beobachten sollten. Man fand sie auf und sie erklärten,
dass sie zufrieden sein wollten, wenn der Scheich darein einwillige
, ihnen die Person auszuliefern, welche zuerst einen
ihrer Gefährten erschlagen hätte; denn dies war der Anfang
der. Fehde zwischen den Kël-hekïkan und Guanïn gewesen,
Die Kel-hekikan. 69
obwohl der Mörder dem Stamme der Turnus angehörte;
aber die verwandten. Guanin hatten den Zwist aufgenommen.
In Folge dieser eigentümlichen Verhältnisse hatte ich eine
interessante Unterhaltung mit dem Scheich und Fandaghüm-
me, dem schon früher erwähnten Häuptlinge der Tademekket,
der sich gleichfalls zum Feste eingestellt hatte, über das Blutgeld
— die „fedi” oder, wie die Imö-scharh das Wort gebildet
haben, die „töffedaut” —-; ich erfuhr bei dieser Gelegenheit,
dass manche Tuäreg-Stämme die Annahme irgend einer
„fedä” verweigern und unbedingt Blut verlangen. Schon bei
einer früheren Gelegenheit habe ich diese Freibeuter, die
Kel-hekikan, erwähnt, und es ist auffallend, dass eben dieser
Stamm, der jetzt durch seine gesetzlosen Sitten und seine'
Blutgier am meisten hervorragt, die schönsten Beispiele
männlicher Kraft und stattlicher Haltung aufweist, die man
überhaupt in dieser ganzen Gegend finden kann; aber in Folge
der fast ununterbrochenen Fehden, in die sie verwickelt sind,
war der Stamm zur Zeit auf etwa 40 erwachsene Männer
beschränkt..
Ungeachtet der Wichtigkeit, von welcher dieser Tag für
meinen Beschützer war, wurde der Aufenthalt im Zeltlager
immer unerträglicher für mich, da ich ganz ohne Bücher
oder irgend eine andere Quelle der Unterhaltung, ja selbst
ohne die geringste Europäische Bequemlichkeit war. Auch
meine materiellen Entbehrungen waren nicht gering, besonders
da ich diesmal nicht einmal Kaffee mitgenommen
hatte, um mich am frühen Morgen erfrischen zu können.
Ich bemühte mich jedoch, meine Zeit so angenehm als möglich
zu verbringen, und nahm einiges Interesse an der Erscheinung
eines Mannes, der sich gleichfalls eingefunden
hatte, um die Gastfreundschaft des Scheichs zu gemessen.
Dies war der Soherlf Mülfii Issai, der wegen seiner hellen
Hautfarbe von den Eingeborenen mit einem gewissen Argwohn
betrachtet wurde, gleichsam als wäre er von Europäi