' Nun kehrte ich in meine Wohnung zurück, um mich mit
einer Tasse Thee zu erquicken, und traf Vorbereitungen
für den -Fall eines Angriffes auf mein Haus, indem ich
den werthvolieren Theil meiner. Habe versteckte. . Nachdem
dies geschehen war, kehrte ich gegen Mitternacht in
die Wohnung El Bakäy’s zurück und fand den heiligen Mann
in eigener'Person mit' einter Doppelflinte bewaffnet, im Begriff,
das, gtossè Vorzimmer („ssegïfa”)V das er seinem treuen
und umsichtigen Schatzmeister T äleb • el Uäfi angewiesen
hatte, zu betreten. Hier setzten wir uns nieder, und bald hatten
sich" etwa ^0 Männer um uns versammelt, theils mit
Speëren, theils mit Flinten bewaffnet, und nach vielelcf unnützen
Geschwätz üher die Frage, was nun zu ’ thü’n sei, ward
beschlossen, einen Boten zu den Tuäreg-Häuptlingen Rummän
und Muschtäba zu senden , - deren Bekanntschaft ic h ' bei
einer früheren Gelegenheit gemacht hatte fand- Welche eben
in MuSehérrek gelagert waren, einer Stätte im "Süden
Timbuktu’s, reich an Weidegründen und von drei Flussarmen
wohlgeschützt, und einen zweiten Boten 'an unsere Freunde,
die Kpl-ülli, um diese Leute zu unserem Beistände anzurufen.’
Mittlerwéile unterhielt der Scheich von Seinem Sitze auf
der erhöhten Thonplatform aus, welche den Winkel zur Linken
der Vorhalle einnahm, die schläfrige Versammlung mit
Geschichten von den Propheten, vorzüglich Mü-ssa und Mohammed,
und von den Siegen, die der grosse Prophet seiner
Nation im Anfänge seiner vielbewegten Laufbahn über seine
zahlreichen Gegner erkämpft hatte. Die Ruhe der lautlos horchenden
Versammlung ward nur eine Zeitlang gestört durch
einen vom nördlichen Stadttheile herkommenden Schrei;
ein Jeder ergriff seine Feuerwaffe und eilte hinaus, aber man
fand bald, dass der Alarm von unseren Boten veranlasst
worden war, welche, als sie die Stadt verliessen, die Ruhe
der Bewohner der Vorstadt — des „äberas” •— gestört hatten,
indem die Letzteren meinten, dass jene einem. Raubzuge
der unternehmenden und beutelustigen Ueläd Alüsch angehörten,
welche damals gerade A'sauäd heimsuchten.
Nachdem ich so in eigentümlichen Betrachtungen über
diese tragi-komischen Scenen die ganze Nacht beim Scheich
hingebracht hatte, kehrte ich uni 5 Uhr Morgens in mein
Quartier zurück und suchte meine erschöpften Lebensgeister
vermittelst einer Tasse Kaffee wieder aufzufrischen. Unsere
Vorkehrungen, so ungenügend sie auch immer einem Europäer
erscheinen mochten, hatten ihre volle Wirkung gehabt;
der Pullo-Bote betrat die Stadt nicht vor Mittag und selbst
da wagte er es nicht, unser kriegerisches Quartier zu durchziehen,
.obwohl etwa 60 Reiter von den Einwohnern zu ihm
gestössen waren.
Mittlerweile hatten Ssidi Mohammed und Alauäte die Stadt
mit einem Trupp Bewaffneter unter dem Vorwände verlassen,
die Bewegungen des Feindes beobachten zu wollen, aber
fieUpicht auch in der Absicht, ihm zu zeigen, dass sie persönlich
nicht mit allen Ansichten des Scheichs übereinstimmten,
Als ich dann nach dem Wohnsitz des Scheichs ging,
fand ich dort an 200 meist bewaffnete Leute versammelt,
unter, ihnen auch den Pullo Mohammed ben cAbd-Allähi, der
die .grössere Freundschaft, die er im Vergleich mit seinen
Landsleuten für den Scheich fühlte, gegen die Fulbe von
Hamd-Allähi keineswegs verleugnete. Während ich dort verweilte,
ward Mohammed SsäTd, der bei einer früheren Gelegenheit
mit dem Aufträge ausgesandt war, mich gefangen zu nehmen,
von F&redji, dem neuen Kommissär, als Bote abgeschickt,
und unter den gegenwärtigen Umständen hielt er es für ge-
rathen, alle feindlichen Absichten zu verbergen, und begehrte
nur zu wissen, was der Grund dieser offenen Entfaltung von
Waffengewalt sei, da das doch nicht mit des Scheichs früherem
Charakter übereinstimme und es eher seine Pflicht sei,
seinen alten Freund El Ferredji freundschaftlich zu behandeln.