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 Tisch, den ich von Tripoli aus mit mir herum getragen und der  
 mir  die  grössten  Dienste  geleistet  hatte,  zerbrochen  und  ich  
 sah  mich  genöthigt,  dieses  Kartenblatt,  auf  meiner  Matte  
 sitzend,  auf  einem  über  die  Kniee  gelegten  Stück  Bret  zu  
 vollenden;  denn  ich  besass  damals  weder  eine  Kiste  noch  
 einen  Stuhl*). 
 Nachdem ich diese Arbeit vollendet hatte, machte ich in Begleitung  
 des Scheichs den Kel e’ Ssük meine Aufwartung.  Die  
 beiden Häuptlinge Chosematen und Hanna nahmen zumal meine  
 Aufmerksamkeit  in  Anspruch.  Beide  waren alte,  ehrwürdige  
 Leute,  aber es waltete der  sonderbare Umstand ob, dass beide  
 blind  waren  oder  wenigstens  nicht  weit  davon.  Hanna,  um  
 2  Jahre  älter  als  sein Amtsgenosse,  hatte  nur  ein.Auge und  
 Chosematen  war  völlig  blind;  dennoch aber erwartete er  von  
 mir,  dass ich ihn heilen könnte.  Es war gut,  dass  beide einige  
 ihrer Söhne bei sich hatten, und unter den 4 Söhnen Chosema-  
 ten’s waren ein paar sehr aufgeweckte junge Leute ; ihre Schwester  
 Nässaru  hatte  ich  schon  in Tin-scherlfen kennen gelernt. 
 Ausser, den  Verhandlungen mit diesen Leuten,  deren. Wohlwollen  
 zu erwerben,  für  mich  besonders wichtig war,  weil sie  
 die öffentliche Meinung in  diesen Nigergegenden  beherrschten,  
 gingen  die Vorbereitungen  zu  meiner Heimreise,  wiewohl  nur  
 langsam,  vor  sich  und  der  Scheich  verfasste  zu meinen Gunsten  
 ein  Schreiben  an  die  Häuptlinge  auf  der  Strasse,  über  
 die  meine  Reise  führen  sollte.  Dasselbe  war  mit  viel  Gelehrsamkeit  
 abgefasst  und  suchte  meine  Stellung  in  das  
 günstigste Licht zu stellen;  so versprach es denn, in der Folge,  
 nach  der  Trennung  von  meinem  .Beschützer,  mir  vom  
 grössten Nutzen  zu  werden**).  Im  Ganzen  war  der  Aufent-. 
 *)  Dieses  Blatt  von  der  Flussstrecke  zwischen Timbuktu und  Gögö  ist  erst  
 im  vorigen Herbste  in  Buropa  angekommen  und  Herrn Dr. Petermann  bei  der  
 Niederlegung  des  Flusses  vom  grössten  Nutzen  gewesen.  Das  Blatt  von  der  
 Niger-Strecke  zwischen  Gögö  und  Ssai war  schon  viel' früher  eingetroffen. 
 »»)  Eine  Übersetzung  dieses  Briefes  findet  man  in  Anhang  IV. 
 Der  Stamm  der  GA-bëro. 
 halt  hier  nicht  bo  einförmig, 1 aber  die  Örtlichkeit  ward  mir  
 lästig  wegen  der  grossen  Hitze,  die  hier  vorwaltete;  denn  
 der  Schatten,  den  die  schönen  Sykomoren  in  der  Nähe  des  
 Flusses  gewährten,  war  von  meinem  Zelte  zu  weit  entfernt  
 und  von  Vögeln  zu  sehr  gesucht,  um  von  Nutzen  zu  sein.  
 Es  war  mir  daher  ganz  recht,  dass  der  Besuch  einiger  anderer  
 Leute  meinen Beschützer  bewog,  unseren Aufenthalt  an  
 diesem  Platze  durch  eine  kleine  Exkursion  zu  Unterbrechen. 
 Diese  Leute  waren  die  Gä-bero,  wie  sie  gewöhnlich  
 genannt  werden,  oder  mit  ihrem  eigentlichen  Namen  
 Sstidu- kämil,  ein  zahlreicher  Stamm  der-  Fulbe,  der  in  
 diesen  Gegenden  seit  mehreren  Jahrhunderten  angesessen  
 ist  und  aus  Furcht  vor  der  Verfolgung  der  Asskiä  oder  
 Ssikkiä  seine  eigene  Sprache  gegen  diejenige  der  Landeseingeborenen  
 vertauscht  hat.  Si®  haben  in  früheren  Zeiten  
 fast  ungestörte  Freiheit  genossen,  Während  sie  in  nomineller  
 Abhängigkeit  vom  Statthalter  von  Ssai  waren;  aber  
 vor  nicht  langer  Zeit  waren  sie  gezwungen  worden,  dié  
 Oberhoheit  von  Hómbori  anzuerkennen,  indem  der  Statthalter  
 dieses  Platzes  einen  Heereszug  gegen  sie  unternommen  
 und  einige  80  aus  ihrer  Zahl  getödtet  hatte.  
 Sie  baten  daher  den  Scheich,  zu  ihnen  zu  kommen,  seinen  
 Schutz  über  sie  auszudehnen  und  ihnen  seinen  Segen  zu  geben. 
   Wir  Verliesen  jedoch  vor  dem  Nachmittag  des  25atf®  
 diesen  Platz  nicht. 
 Nachdem  wir  das  Areal  der  alten  Stadt  hinter  uns  gelassen  
 und  dann  eine  mit  kleinen Talhabäumeii  und  Düïnger  
 büschen  bewachsene Ebene  durchzogen hatten,  erreichten  wir  
 nach  einem Marsche  von  ungefähr  4 Meilen  den  grasreichen  
 Rand  des  Flusses  und  betraten  kühn  dén Sumpfboden;  denn  
 inmitten  dieser  Flachlande,  wo  sich  der  Fluss  zurückgezogen  
 hatte,  lagen mehrere  Gruppen Mattenhütten,  bewohnt  
 von  GA-bêro  und  Rumä,  und  neben  ihnen  wählten  wir  
 unser  Nachtlager.  Da  wir  nun  keine  Zelte'  mitgenommen 
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