ergriffen von dem Schauspiel dieser wunderbaren und ge-
heimnissvollen Völkerwogen in diesem erst halb erschlossenen
Welttheile, die einander unaufhaltsam folgen und verschlingen
und kaum eine Spur ihres Daseins zurücklassen, ohne dem
Anscheine nach einen Fortschritt im .Gesammtleben zu bezeichnen.
Da war das Reich GMnata im Westen, gross und
mächtig, es ward verschlungen von Melle; aber das war ein
Fortschritt, Melle war organisirend, es schuf neue Regierungs-
forüfen und stellte ein Reich auf sicheren Grundfesten dar;
da tauchte Sonrhay auf und besass bald nationale Kraft genug,
sich nioht allein von Melle wieder unabhängig zu machen;
^ sondern auch gegen dasselbe erobernd aufzutreten; als es seine
höchste Blüthe erreicht, schien es eine mächtige, grossartige
Masse, aber es fiel durch innere Auflösung und ward einem
fremden Eroberer zu leichter Beute. So war denn das na-
tionale-Leben am ganzen Laufe des Niger entlang gebrochen
und bald folgten den Berberhorden mit ihren Verheerungen
die Schaaren der Fulbe und andere Stämme. Ist die Lebenskraft
dieser Völker schon erschöpft, oder findet sich hier
noch ein frischer Keim zu neuen Schöpfungen und' neuen
Reichen ? Die grösste Kraft liegt hier jetzt offenbar im
Stamme der Mö-ssi, aber wie weit diese bildungsfähig sind,
habe ioh keine Gelegenheit gehabt, zu erforschen.
Als ioh von diesem meinen ersten Ausfluge naoh dem
Zelte zurückgekehrt war, fand ich da eine grosse Menge Menschen
versammelt, war aber nicht im Stande, die Bekanntschaft
eines einzigen Individuums zu machen, das mir einige Auskunft
in Betreff des Ortes hätte geben können; es gelang
mir nun einmal nicht, ein freundschaftliches Verhältniss mit
den Bewohnern von Gögö anzuknüpfen. Ihr unfreundliches
Benehmen scheint seine Erklärung in dem Umstande zu finden,
auf den ich später zurückkommen werde, dass sie sich
gegen Mungo Park verrätherisch bewiesen haben.
Ich bemühte mich auch vergeblich, von den Einwohnern
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Gögö’s einen kleinen Vorrath von Durra zu kaufen; aber
es war vielleicht mehr die Furcht vor den Tu®, wesshalb
sie leugneten, dass sie davon besässen, als ihre wirkliche
Armuth. So fand ich mich denn gezwungen, einen Vorrath
von „enlti” oder „üsak" einzulegen, d. h. von der Saat des
Pennisetum distichum, das von den Tuareg ganz allgemein
als Nahrungsmittel benutzt wird. Meine Pferde hatten
schon längere Zeit nur sehr spärliche Kost gehabt
Erst am zweiten Tage nach unserer Ankunft stiess mein
Beschützer zu uns. In seiner Gesellschaft befanden sich
Hanna, Chosematen, Hammaläba und Andere der angesehensten
Leute der Kei e’ Ssük, die gekommen waren, um sich mit
uns zu bereden. Diese Herren waren theils zu Kameel, theils
zu Pferde und trugen nicht wenig zur Belebung des grossen offenen
Platzes bei, der sich zwischen meinem Zelt und der Moschee
ausbreitete. Es dauerte auch nicht lange, so kamen die
an Alküttabu, den Oberherrn der Auelimmiden, abgesandten
Boten mit der Antwort zurück, dass er binnen 8 Tagen hier
beim Scheich eintreffen werde. Fast schien es, als solle
Gögö noch einmal eine kleine historische Bedeutung erlangen,
als der Vereinigungspunkt zwischen den eingeborenen
Häuptlingen dieser beunruhigten Landschaften und einem
Europäer, dessen Bestreben es war, die Anwohner dieses
grossen Stromes, den die Natur selbst als grosse Völkerstrasse
geschaffen, mit frischer Energie zu beseelen und so
hier einen regelmässigen Verkehr zu eröffnen.
Gerade im Augenblick der Ankunft dieser lebensvollen
Schaar war ich emsig beschäftigt gewesen, meine Marschroute
von Timbuktu nach Gögö, so gut es die Umstände
erlaubten, in einer kleinen Kartenskizze niederzulegen; denn
mir lag sehr viel daran, dieses Stück zu vollenden, um es
von hier fortzusenden und so die Hauptresultate meiner Forschungsreise
zu sichern, wenn ich selbst etwa von einem
Unfall getroffen werden sollte. Damals war mein kleiner