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 Rumä  schienen  auch  ein  Dorf  auf  einer  Insel  im  Flusse  
 zu  haben  und  ziemlich  wohlhabend  zu  sein.  Eine  Menge  
 Reis  wird  in  der  Umgegend  gebaut;  ich  kaufte  davon  
 eine  Quantität  und  liess  ihm  von  zwei  Sklavinnen  stampfen.  
 Diese  waren  von  sehr  verschiedenem  Naturell;  denn  während  
 die  Eine  ihre  Arbeit  mit  Lust  verrichtete  und  fast  
 ohne  Unterbrechung  lachte,  war  die  Andere  von  mehr  mür-'  
 rischem  Wesen  und  machte  sich  auch  eines  Diebstahles  
 schuldig. 
 Fast  alle  Sklaven  dieser  Tu®  tragen  nichts  weiter  als  
 einen  Lederanzug,  die  Frauen  einen' langen Schurz,  die Männer  
 gewöhnlich  ein  enges  Hemd  von  demselben  Stoffe.  Ans  
 Allem,  was  ich  sah,  muss  ich  schliessen,  dass  der  moralische  
 Zustand  dieser  Tuäreg-Sklaven  ein  sehr  niedriger  
 ist,  zumal  derjenige  der  Kel-e’-Ssük.  Diese  waren  nämlich  
 .früher  die  Bewohner  fester  Wohnsitze  an  der  Grenze  
 der Wüste,  wo  viel  fremder Handelsverkehr  getrieben  wurde,  
 und  haben  durch  diesen  Umstand  Sitten  angenommen,  .welche  
 ihnen  ursprünglich  fremd  waren.  Aber  wir  müssen  uns  
 daran  erinnern,'  dass  von  den  ältesten  Zeiten  her  Prostitution  
 als  ein  Beweis  von  Gastfreundschaft  bei  mehreren  Berber 
 Stämmen  Nord-Afrika’s  üblich  war. 
 •  [Mittwoch,  14*™  JunQ  Wir  blieben  hier  den  ganzen  
 Vormittag  liegen  und  brachen  erst  spät  am  Tage  auf.  Mein  
 Beschützer  blieb  zurück,  um  irgend  ein  Geschäft  abzumachen, 
   während  ich  mit  den  Zuverlässigsten  von  seinen  Schülern  
 vorauszog.  Zuerst  hielten  wir  uns  längs  des'Flusses,  
 der  hier.ganz  nahe  am Ufer  eine  bedeutende Tiefe  zu  haben  
 schien;  aber  weiterhin  wandten  wir  uns  in  einige Entfernung  
 von  ihm  ab.  Die  Ebene  war  hier  dicht mit  kleinen  Talha-  
 häumen  besetzt.  So  erstiegen  wir  denn  nach  einem Marsche  
 von  ungefähr  4 Meilen,  von  unserem  Lager  an  gerechnet,  
 eine  Reihe  von  Sanddünen,  hinter  denen  sich  ein  breiter  
 Gürtel  sumpfigen  Wiesenlandes  in  einer  Entfernung  von 
 Lager  bei  Ieeäbegen. 201 
 mehr  als  2 Meilen  vom Flusse  entlang  erstreckte.  Der höhere  
 Boden  ward  bald  felsiger  und  war  mit  schwarzen Kieselsteinen  
 bestreut,  zwischen  denen  zahlreiche  Fusstapfen  von  Giraffen  
 sichtbar  waren.  Das  Land  war  anmuthig  gewellt  und  
 von  einem  aufspringenden  Riff  von  Sand-  und  Kalkstein  wie  
 von  einer Mauer  durchschnitten.  Hier  hörten  wir  von  einem  
 Schaafhirten,  der  gerade  seine  Heerde  an  einem  kleihen,  
 vom  neulichen  Regenfalie  gebildeten  Teiche  tränkte,  dass  
 sich  in  geringer  Entfernung  ein  Lager  befände;  wir  gaben  
 daher  unserem  Marsche  eine  mehr  südliche  Richtung  und  
 erreichten  bald  ein  hart  am  Rande  des  steilen  Ufers  gelegenes  
 Dorf  Es  bestand  aus  Mättenhütten  und  war  von  
 einigen  Arabern  vom  Stamme  der  Bü-Ali,  sowie  von  einigen  
 Kël-e’-Ssük  bewohnt.  Die  Mattenhütten  hatten  ein  
 sehr  reinliches  Aussehen  und  waren  gut  gelüftet,  indem  
 jede  zwei  Thüröffnungen  hatte,  die  eine  auf  der  Nord-  und  
 die  andere  auf  der  Südseite,  aber  allerdings  eben  nicht  von  
 besonderer  Grösse. 
 Es  war  spät  am  Abend*  als  wir  hier  ankamen,  und  da  es  
 gänzlich  an  Bäumen  fehlte,  hatten  wir  grosse  Schwierigkeit,  
 etwas  Brennholz  aufzutreiben;  auch  fehlte  es  an  gutem  
 Bjfrgu  für  die  Pferde,  da  der  Fluss,  der  sich  hier  in  zwei  
 Arme  theilt,  zu  tief  ist,  um  das" Gedeihen  dieses  Sumpf-,  
 grases  in  irgend  bedeutender Ausdehnung  zu  gestatten.  Ausserdem  
 konnte  auch  die  Armuth  der  Bewohner  keineswegs  
 den  Ansprüchen  meiner  Gefährten  Genüge  leisten;  denn  die  
 Télamïd sehnten sich sehr nach  einem guten Abendessen.  Dies  
 #ar  auch  der  Grund,  wesshalb  El  Bakäy  selbst,  dem  dieser  
 Umstand  wohlbekannt  war,  diesen  Platz  zur  Seite  liegen  gelassen  
 und  seine  Schritte  ungeachtet  der  späten Tagesstunde  
 einem  anderen  Lager  zugewandt  hatte.  Letzterer  Umstand  
 trug  auch  die  Schuld,  dass  sich-unser  nächster  Tagemarsch  
 auf  eine  Strecke  von  nicht  ganz-  1  fyleile  beschränkte,  indem  
 wir. unseren  Lagerplatz  bei  Issäbegen  nur. gegen  denje