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 Weide  für  unzählige  Rinderheerden.  Gerade  in  
 diesem  Augenblick,  als  wir  bei  Sonnenuntergang  auf  diesem  
 eigentümlichen  Boden  längs  der  Dünen  dahinzogen,  war  
 die  ganze Landschaft  in  dicke Staubwolken eingehüllt,  welche  
 durch  die  von  ihren  Triften  heimkehrenden  Heerden  der  
 Kel-n-Nokunder  aufgewirbelt  wurden.  So  erreichten  wir  das  
 Lager  und  wurden  hier  von  den  vorausgezogenen  Anhängern  
 des  Scheichs,  die  schon  mehrere  Tage  auf  uns  gewartet  
 hatten,  höchst  freudig  empfangen,  und  besonders  mir  
 selbst  ward  ein  überaus  herzlicher  Empfang  zu  Theil  von  
 meinem jungen  Freunde Mohammed ben Chottär,  dem  Neffen  
 des  Scheichs,  den  ich  seines  hellen  Verstandes  Und  ritterlichen  
 Charakters  wegen  sehr  hoch  schätzte  E r  schilderte  
 mir,  wie  ängstlich  sie  meinetwegen  gewesen  wären  in  Folge  
 der  so  langen  Verzögerung  unserer Ankunft. —  Da  ich  kein  
 Zelt mitgebracht  hatte,  ward  ein  grosses von Leder  für mich  
 aufgeschlagen  und  man  bewirthete  mich  gastlich mit Milch  
 und  Beis 
 Die  Kel-n-Nokünder  bilden  eine  Abtheilung  des  zahlreichen  
 Stammes  der  I'denän,  und  obgleich  sie  in  politischer  
 Beziehung  nicht  die  Privilegien  voller  Freiheit  und  
 angeborenen Adels, gemessen,  ist  es  ihnen  doch  vermöge  des  
 Schutzes  der Kunta  und  insbesondere  des Scheichs El Bakay  
 gelungen,  sich  den  Besitz  ansehnlicher  Rinderkeerden  zu  
 wahren.  Sie  sind  insgesammt  „tolba”  (d.  h.  Lernbeflissene)  
 und  können  Alle  den Kurän  lesen,  ja   einige Wenige  sind  sogar  
 im  Stande,  etwas  Arabisch  zu  schreiben;  aber Keiner  
 unter  ihnen  hat  sich  in  neuerer-Zeit,  auch  nur  nach  den  he*  
 schränkten  Ansprüchen  an  Gelehrsamkeit  in  diesem  Lande;  
 zu  dem  Range  eines Gelehrten  aufgeschwungen,  wiewohl  sich  
 der  Stamm  in  früheren  Zeiten  ausgezeichneter Männer  rühmen  
 konnte. 
 Die  Bemerkung,  welche  ich  schon  früher  gemacht  hatte, 
 dass  alle  die  Leute,  welche  unter  die  Kategorie  der  „tolba”  
 fallen,  sich  durch ihre helle Hautfarbe  auszeichnen  und  nicht  
 die  muskulöse  Stärke  besitzen,  welche  man  gewöhnlich  bei  
 den  freien  Imö-scharh  vorfindet,  ward  auch  hier  bestätigt.  
 Ihre  helle,  ja   bleiche  Hautfarbe  ist  um  so  auffallender,  als  
 die  Leute  fast  ohne  Ausnahme  weisse  Hemden  und  eben  
 solche  Lithäme  tragen.  Insgesammt  nahmen  sie  grosses  Interesse  
 an  mir  und  betrachteten  mit  grosser Aufmerksamkeit  
 und  Neugierde  die  wenigen  Europäischen  Artikel,  welche  
 ich  noch  bei  mir  hatte;  sie  flössten  mir  aber  weniger  
 Interesse  ein,  als  ihre  wilderen  Brüder,  die  freien  Imö-  
 scharh; 
 Wir  blieben  hier  nicht  lange,  sondern  verliessen nach kurzem  
 Aufenthalt  am  nächsten  Morgen  diese  Stätte  mit  zahlreichem  
 Tross,  indem  nun  unsere  ganze  Reiseschaar  vereinigt  
 war;  auch  Niemand  blieb  zurück.  Ich  hatte  zur  Zeit  
 keine  Ahnung  davon,  dass  ich  schon  binnen  Kurzem  diese  
 Stätte ,  welche  „Ernesse”  oder  „Nukkaba  el  keblra” —  „die  
 grosse  Sanddüne”  —1  heisst,  zum  zweiten  Male  besuchen  
 sollte.  Diesmal  hatten  wir  vortreffliche  Führer  bei  <uns,  
 welche  . mit  dem  schwierigen  Böden  vollkommen  vertraut,  
 waren,  und  so  nahmen  wir  denn,  als  wir  die  Sanddünen  
 verliessen,  unseren  Weg  gerade  durch  den  sumpfigen  Wiesengrund  
 und  erreichten  unser Lager  auf der  anderen  Seite  
 von  Amalelle  in  viel  kürzerer  Zeit,,  als  auf  unserem  Hinmarsch, 
   indem  wir  durch  fortwährende Windungen  die  wirklichen  
 Sümpfe  fast  ganz  vermieden;  aber  ohne  einen  guten  
 Führer  kann  Niemand  diese  wassererfüllten  Flachlande  betreten, 
   welche  einen  so  beraerkenswerthen  und  eigentümlichen  
 Oharakterzug  der  Gegenden  am  Niger  b ild en .U n ter  
 den  Führern  der  Kel * n - Nokünder  zeichnete  sich  ein  
 Mann Namens  Ayöba  aus,  den  ich  gelegentlich  in  der  Stadt  
 gesehn  hatte  und  den  seine  Redseligkeit  nicht  minder  bemerkbar  
 machte,  als  seine  Thätigkeit;  ich  gab  ihm  . ein