Der Fluss hat hier einen sehr gewundenen Lauf und schlän«
gelt sich zwischen steilen Ufern hin.; wir liessen ihn wie»
deruxn in einiger Entfernung zu unserer Rechten, indem wir
von einer sumpfigen Niederung auf höheren Boden anstie-
gen. Hier zogen wir an einem TuAreg-Lager vorbei und stiegen
dann, als die Dunkelheit einbrach, wieder abwärts nach
dem grünen Ufer, wo der Fluss von Inseln eingehemmt zu
sein schien. Parallel mit dem Ufer dehnte sich ein seichter,
grasdurchwachsener Sumpf aus und jenseits des südlichen
Ufers, ein wenig höher aufwärts, liess sich ein Dorf
blicken. Auf der grössten Insel, welche zugleich die nächste
an unserer Seite war, stand die Wohnung Kära’s , des
Vaters eines jungen Mannes Namens Ssfila, der sich unter
den Schülern El BakAy’s befand. Dies war der Grund, wess-
halb meine Gefährten ungeachtet der Dunkelheit des Abends,
und obgleich die Insel zur Zeit durch einen tiefen Kanal
vom Ufer getrennt war, die abgeschmackte Idee hatten, ohne
Boot nach der Insel vorzudringen. Nur nach langer Unentschiedenheit
und nach vielem Hin» und Widerreden , entschlossen
wir uns, auf dem schmalen Landrücken zwischen
dem Sumpf und dem Flusse für die Nacht zu lagern.
Hier in Tin-scherifen blieben wir die vier folgenden Tage
liegen, da mein Beschützer erst am dritten Tage von
seinen Kameelheerden zurückkehrte. Allerdings war das
wiederum eine kleine Probe für meine Geduld, aber Alles in
Allem genommen, war der Aufenthalt an diesem Platze nicht
so uninteressant, da wir recht viele Besuche von den Bewohnern
dieses und der benachbarten Gaue erhielten. Zuerst
kam der oben erwähnte k ä ra , der Amtmann der Insel, ein
stattlich aussehender Mann, angethan mit feiner weisser Tobe
und einen weissen Shawl um den Kopf gewunden, und ich
liess mich leicht bewegen, ein Gespräch mit ihm zu eröffnen,
wo er mir dann sogleich erzählte, ohne dass der Gegenstand
von mir in irgend welcher Weise berührt'worden
?
wäre, dass etwa vor 50 Jahren ein Christ in einem grossen
Boote mit weissem Zelt den Fluss herab gekommen
und dass er, da derselbe zur Zeit voll Wasser gewesen,
ohne Unfall die felsige Passage vor uns passirt hätte. Aber
er fügte hinzu, dass die Kel-terärart, eben die Anwohner des
oben beschriebenen grossen nördlichsten Hinterarmes des Flusses
ihn kurz vorher bei Samgoi angegriffen hätten. Diese
Landschaft von Tin-soherifen hatte Park am Morgen passirt,
während er, Kära, mit seinen Leuten auf den Sanddünen von
A'ribinda gelagert war.
Kära war für mich eine ganz interessante Erscheinung^
und wiewohl er sich keineswegs gastfreundlich zeigte, hätte
doch in der That sein ganzes Benehmen etwas, was eine
Abkunft von einem edleren Stamm anzeigte; dagegen bot
der übrige Theil der Einwohner der Insel ganz dasselbe
Aussehen wie die weniger edlen Stämme der TuAreg im Allgemeinen.
Jedoch kann es nicht zweifelhaft sein, dass der
Name des ganzen Distriktes Tin-scherifen von dem angenommenen
Ursprünge dieser Leute von Schenfen — hër-
zuleiten ist. • Und gewiss müssen wir in diesem Distrikte,
sowie im benachbarten Gaue Burrum, wo der grosse
Fluss, nachdem er diesen auffallenden bedeutenden Bogen
in’s Herz der. Wüste hinein gemacht hat, seinen östlichen
Lauf in einen südöstlichen verwandelt, die ältesten ' Mohammedanischen
Ansiedelungen längs der Ufer des - Niger
suchen.
Hier in Tin-scherifen war ;ës auch, wo ich zuerst in intimere
Beziehung zu dem eigenthümlichen Stamme der Kel-'
e’-Ssük trat, welche unter diesen nomadischen Stämmen viel-
Aufmerksamkeit verdienen, wiewohl ich noch nicht im Stande
bin, alle auf ihre Geschichte sich beziehenden Punkte zu erklären;
denn sie selbst nehmen sehr wenig Intéresse an histoxiJt
sehen Verhältnissen, und wenn auch geschriebene Urkunden
vorhanden sein sollten, sind sie doch nicht allgemein bekannt.