Kaum warén wir am Zeltlager angekommen, als der kleine,
untersetzte und lebensvolle Uórhda plötzlich mit .Einem
Satze -ans seinem Zelte hervorsprang, um seinen Freund, den
Scheich, willkommen zu heissen; es war wohl der Mühe
werth, seine Gewandtheit zu beachten. Wir lagerten uns
im Schatten der grossen Baume, hart am Rande des Wassers,
und erhielten hier bald den Besuch mehrerer Sonrhäy-Leute,
die einen -kiemen Weiler" auf der Insel Köra bewohnen und
daselbst Tabak bauen. Dieser Artikel bildete in früheren
Zeiten den Hauptzweig des Anbaues längs des ganzen Flusses
; aber heutzutage, seit der Eroberung des- Landes durch
die Fulbe, ist er zu einem Gegenstände der Gontrebahde-geworden,
so dass die Leute von Timbuktu heimlich hierher
kommen, um diesen Anwohnern ihre Erzeugnisse mit Baumwollenstreifen
— „täri” — abzukaufen. Dieseischlbehtere
Sorte Tabak, -welche hier in der Umgegend gebaut wird und:
die der „t&boë” von Egedesch, ja selbst der „scherikle”
von Bamba und Rhërgo an Güte bedeutend nachsteht, heisst
„schauäda”. w
Der kleine, lebhafte, freundliche Uórhda war mir auch in
anderer Beziehung interessant. .Er war nämlich in seiner
Jugend mit bei dem- Angriff zugegen gewesen, welchen * die
Iguädaren hei Égedësch auf Mungo Park gemacht hatten;
denn Letzterer ist, wenn auch natürlich-nicht-unter-^seinem
wahren Namen, so doch nach seinem grossen, séltsam ausseienden
Boote mit dem weissen Segel, seinem längen, Rock,
seinem Strohhut und seinen grossen Fausthandschuhen, allen
alten. Leuten am Eghirrëu entlang noch heutzutage wohl im
Gedäohtniss. Der geheimnissvolle Bootsmann - hatte bei
Bamba Halt gemacht, nm Hühner zu kaufen, wie er sich
denn in jeder ansehnlichen Ortschaft längs des -Flusses bemüht
zu haben scheint, einiges Geflügel zu erhalten. Uórhda
behauptete auch, dass die Tuareg damals zwei -der zur Bemannung
des Bootes gehörigen Christen getödtet hätten, aber
dies ist offenbar ein Irrthum, da es gewiss ist, dass zwei voxi
den vier muthigen Männern , welche allein und verlassen in
ihrem wohlverschanzten Boote — ihr Alles, ihre Wohnung,
ihre Festung, ihre einzige Rettung diesen gewaltigen,
aber oft schwierigen Fluss so viele hundert Meilen weit inmitten
dieser feindlichen Stämme befuhren, viel weiter abwärts
ihrem Heldenmuthe zum Opfer fielen.
Die Leute UörhdaV hatten augenblicklich Überfluss an
Eseln, und für eine Schwertklihge aus Solingen oder der ersten
besten anderen Deutschen Fabrik bekömmt man überall
zwei solche Thiere, die dann in der Stadt für wenigstens 6000
Muscheln das Stück wieder verkauft werden. Aber die Gewissenhafteren
unter den Arabern lassen sich mit den Tuareg
nicht auf Handel ein, da sie wohl--wissen, dass das Eigem,
thum" der Letzteren, - weil durch Gewalt erworben, zum grössten:'
Theile „haräm” (d. h.-verboten) ist.
•Es-war.-uns angezeigt worden, dass wir am Nachmittag
wieder auf brechen sollten,-Und-wir hatten daher unser-Zelt
nicht gleich bei unserer Ankunft aufgeschlagen; aber es war
kein-Grund vorhanden, unsere Abreise zu beschleunigen, und
w ir ‘nahmen daher hier ruhig unser Nachtlager. Wir erhielten
nun zahlreiche Besuche von den Ueläd Molük, deren
Lager sich in nur geringer. :Entfernung von dem unsri-
gen..befand;. Es waren kleine, untersetzte Leute von-heller
Hautfarbe, mit hoher Stirn —-wie sie dem Berber - Stamme
eigen ist -und,ausdrucksvollen, einnehmenden Zügen; aber
Mehrere unter ihnen litten schrecklich an den Folgen .einer,
ekelhaften Krankheit, die sie der. schlechten Beschaffenheit
des Wassers zuschrieben. Bei einem oder zwei von ihnen
waren Nase und ein Theil des Gesichts vom Krebs, ganz
weggefressen, was einän wirklich scheusslichen Anblick ge-*
währte.
Ungleich angenehmer war mir ein Besuch, den ich vom
Tuäreg-Häuptling Ssäül, dem Anführer der Kel-Tämuläit, er-
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