
erwarten, dass auch scheibenförmige dünne Metallstücke noch den
Gesetzen für die Scheiben schwingend, als Zungen dienen können,
wenn sie in der Mitte fixirt sind - und die Luft zwischen dem
scharfen Rand eines peripherischen Rahmens -und dem Rand der
dünnen, Scheibe - durch strömt. Gewisse von Clement, und H achbtte
angestellte Versuche, die von S avart bestätigt worden,äscheinen
hieker zu gehören. Schweigg. J. ;51. 314. Clement hat nämlich
entdeckt, dass, wenn ein Luftstrom durch eine Oeflnung in einer
ebenen Wand geht und eine dünne Platte dieser Oeffnung genähert
wird, diese in Schwingung gerät!), wobei sehr tiefe dumpfe
Töne entstehen. Die Töne, entstehen zunächst durch die Eigenschwingungen
der Platte und werden wahrscheinlich durch
die Luft, wie bei den Zungenpfeifen, verstärkt. Denn wenn
man vor die Oeffnung Kreisscheiben von gleicher Dicke,-aber von
verschiedenen Durchmessern hält, so verhalten sich die Schwingungszahlen
umgekehrt als die Quadrate der Durchmesser, wie
bei tönenden Rreisscheiben. Die Höhe der Töne -ist auch dieselbe,
wie wenn man dieselben Kreisscheiben mittelst des, Violinbogens
in Schwingung bringt. Wahrscheinlich werden sich auch,
wie bei den Tönen, die unmittelbar an scheibenförmigen festen
Körpern hervQrgebracht werden, eben so gut glockenförmig gekrümmte,
als ebene Kreisscheiben benutzen lassen.
Wir haben scheibenförmige Zungen nach dem Princip.der gewöhnlichen
Zungenwerke verfertigen lassem Eine messingene Kreisscheibe
von -g- Millim. Dicke und 35 Miilim. Durchmesser ist,in ihrer
Mitte durch eine Stange so gegen den scharfen Rand eines- entsprechenden
Rahmens gehalten, dass die Luft durch das mit dem
Rahmen verbundene Anspruchsrohr zwischen dem Rahmen und
dem Rande der kreisförmigen Zunge durchgetrieben wird. Die
‘Töne erfolgen leicht, wie bei .gewöhnlichen Zungenpfeifen. Oft
hört man aber mehrere Töne, tiefe und hohe Töne zugleich, z.
B. den Grundton und die Quinte,und noch höhere. Durch Einziehen
der Luft entstehen auch Töne, wie hei den gewöhnlichen
Zungen. Ein ebenso gebautes ' Instrument mit glockenförmiger
Zunge spricht nicht, an, wahrscheinlich weil die Zunge: durch die
Krümmung der Scheibe zu steif geworden und nun nicht gross
genug ist.
Eine ganz dünne metallene Kreisscheibe, - die in der Mitte
■eine Oeffnung hat und an einem , ganz kurzen Anspruchsstück
durch ihre Peripherie befestigt; ist, könnte auch unter den
Gesichtspunct einer Zunge kommen. Es wäre der umgekehrte
Fall, wie der vorhergehende; dort findet der Anspruch am
Rande, hier an der centralen Oeffnung statt; der Durchgang
der Luft durch die Oeffnung würde hier so wirken, wie
der Stab, der durch die Mitte eines an der Peripherie gespannten
Felles hin und her getrieben wird und Töne erzeugt.
Diess scheint sogar auf den ersten Blick auf die früher p. 141.
beschriebene Jägerpfeife anwendbar, welche Savart nicht-unter
die Zungenpfeifen rechnete. Damit würde übereinstimmen,
dass diese Pfeifen mit einem Rohr verbunden werden können
und dass die Töne nach dem Ansatzrohr sich verändern.
Dagegen spricht aber, dass die Oèffnung hei diesem Instrument0
viel weiter ist, als die Spalte an Zungen von Metall
seyn muss, wertn Töne entstehen sollen; zwar geben sehr
dünne lange Zungenblättchen der Mundliarmonica, wie oben gezeigt
wurde, selbst ohne Rahmen in der freien Luft ihren Ton
schwach an, wenn ein starker Luftstrom aus einem feinen Röhi-
üheh an ihrem Rande vorbeigetrieben wird. Indessen hat doch
die von S avart beschriebene Jägerpfeife mehr Aehniichkeit mit
einer Labialpfeife. Ich erhalte schon Töne, wenn ich eine dicke
Elforibeinscheibe mit einem Centrallbch mit den Lippen umfasse
und die Luft einziehe. Diese Scheibe kann so dick seyn, dass
ihre Ränder nicht mehr schwingen können und also nicht als
Zunge wirken.
Z w e i t e C l a s s e d e r Z u n g e n w e r ke.
Z u n g enw e rk e m it e in e r m em b ran ö sen o d e r d u rch .
Spannung e la stisch en Zunge.
(Nach eigenen Untersuchungen^) •
Das Studium dieser Art von Zungen ist bisher vernachlässigt
worden, und diéss ist um so niehr zu bedauern, als in
der Kenntniss dieser Art der Znngenwerke der Schlüssel zur
Theorie dar menschlichen und Vogelstimme liegt. B iot und
Cagisiard la T our haben die membranösen Zungenblätter des
Kehlkopfes, die Stimmbänder durch elastische Membranen von
Käütschuck, die sie1 über eine Röhre spannten, nachzubilden gesucht
und auf diese Art einen künstlichen Kehlkopf gemacht:
HeNle hat,thierische Membranen mit Erfolg zu demselben Zweck
benützt. Bis jetzt ist dieser Gegenstand nicht weit genug verfolgt,
um eine vollkommene. Parallele zwischen diesen Zungenwerken
und dem Stimmorgan zu begründen. Ich habe mir das
Verhalten der Bänder und Membranen, wenn sie als Zungen
wirken, zum besondern Studium gemacht, und werde hier die
Beobachtungen mittheilen, die ich darüber gemacht. Den Leser,
dem die spätere Anwendung auf die menschliche Stimme und
die am Kehlkopf des Menschen angestelltén Versuche verständlich
werden sollen, muss ich angelegentlichst ersuchen, den ganzen
nun folgenden Abschnitt wohl zu beachten; eben so sehr muss
ich den geneigten Leser bitten, die vorhergehende Zusammenstellung
der Hauptpuncte der Theorie der musikalischen Instrumente
zu berücksichtigen , weil ohne das' Vorhergeschickte das
Nächstfolgende nicht verständlich ist.
Dass es Zungenwerke oder sogenannte Mundstücke mit membranösen
Zungen geben wird, lässt sich schon von vorn herein
erwarten. Das Zungenwerk beruht darauf, dass ein Körper,
der für sieh durch Änstösse entweder gar keine oder schwache
Und klanglose Töne hervorbringt, durch den cöntinuirhchen
Stoss der Luft einen seiner Elasticität und Länge entsprechenden
Ton erzeugt. Die bisher betrachteten Zungen waren feste,
metallische oder hölzerne Blättchen, die bei ihrer Kürze an und
für sich klanglos schwingen, während ihre Schwiugungsgesetze