
ben und zugleich hassen» Dieses Schwanken verhält sich zu der
Gemütsbewegung,' wie das Zweifeln zur Vorstellung.
Der Mensch wird von der Vorstellung eines vergangenen
oder künftigen Dinges mit derselben Gemüthsbewegung der Lust
und Unlust erregt; als von der Vorstellung eines gegenwärtigen
Dinges. Denn- die Vorstellung des Dinges, bloss »für sich betrachtet,
bleibt dieselbe, mag sie auf Zukunft oder Vergangenheit gehen.
Aus dem eben Gesagten erkennen wir, was Hoffnung, Furcht,
Zuversicht,' Verzweiflung, Freude und Leid sei. Hoffnung ist
unstete Lust, entsprungen aus der Vorstellung eines künftigen
oder vergangenen Dinges, über dessen Ausgang wir zweifelhaft
sind. Furcht hingegen ist unstete Unlust, auch entsprungen aus
der Vorstellung eines zweifelhaften Dinges. Ferner wenn das
Zweifeln in diesen Gemüthsbewegungen aufhört, wird aus der
Hoffnung Zuversicht, und aus der Furcht Verzweiflung, nämlich
Lust oder Unlust, entsprungen aus der Vprstellung eines Dinges,
welches wir gefürchtet öder gehofft haben. Freude ist Lust
entsprungen aus der Vorstellung eines vergangenen ■ Dinges, über
dessen Ausgang wir zweifelhaft waren. Leid endlich ist der
Freude entgegengesetzt.
Wer sich vorstellt, dass das, was er liebt, zerstört werde,
wird Unlust haben, stellt er sich aber vor, dass es besteht,' wird
er Lust haben. Denn was das Daseyn des geliebten Dinges aus^
schliesst, hemmt das Bestreben 1'des Geistes ; nach Beharrung in
dem Zustande der Lust. ; tinj
< Wer sich vorsteilt, dass das1, was er hasst, zerstört-werde,
wird Lust haben. Denn der Geist Sucht dasjenige vorzustellen,
was das Daseyn der Dinge1 ausschliesst, wodurch das Vermögen
der Thätigkeit des Körpers gehemmt wird.
■ Wer sich vorstellt, dass das, was er licht, mit Lust oder Unlust
erfüllt wird, wird auch mit Lust oder Unlust erfüllt werden.
Bedauern, Theilnahme. Denn die Vorstellungen der Dinge, die
das!Däseyn des geliebten Dinges setzen, unterstützen das Bestreben
des Geistes, : wodurch er das geliebte Ding selbst sich vor-
zustelleü sucht, und umgekehrt. Die Lüst setzt aber das Daseyn
des lusthabenden Dinges vöräus> und ist eine Bejahung und Vervollkommnung
des geliebten Dinges.
Daraus folgt weiter: Wenn Wir uns vorstellen»,- dass Jemand
das Ding, welches wir lieben, mit Lust erfüllt; werden wir init
Liebe zu ihm erfüllt werden. Wenn wir dagegen uns vörstellen,
dass er ■ es mit' Dnlusf erfüllt, werden wir mit Hass: gegen1 ihn
erfüllt Werden. Beifall, Unwille.
Wer sich'vorstelltj dass' däs; was er hasst, mit Unlust erfüllt
werde, wird Lust haben, Wenn er dagegen sich vorstellt, dass’ es
mit Lust erfüllt werde, wird er Unlust, haben. Schadenfreude1,
Neid. Denn so fern das verhasste Ding mit Unlust erfüllt wird,
wird es zerstprt und wir suchen, was das Daseyn Von Dingen
ausschliesst, die uns ausschliesSen.
Wenn wir uns vorstellen; dass Jemand ein Ding;1 das wir
hassen, mit Lust erfüllt; werden wir auch gegen ihn mit Hass
exfüllt werden. Wenn wir dagegen uns vorstellen, dass er dasselbe
Ding mit Unlust erfülle, werden wir mit Liebe zu ihm erfüllt
werdén.
Wir streben alles das von uns und vom geliebten Dinge zu
bejahen, wovon wir uns vorstellen, dass es uns oder das geliebte
Ding mit Lust erfüllt und dagegen alles das zu verneinen, wovon
wir uns vorstellen, dass es uns oder das geliebte Ding mit Unlust
erfüllt. Eingebildeter Hochmuth, Selbsttäuschung, Ueber-
schätzung - der Freunde und Liebenden. . 1 1
Insofern wir hochmütbig sind in Lust über eine träumerische
Vorstellung von uns Selbst vermögen wir Alles, was wir durch
dié'blosse Vorstellung erreichen.
Wir streben alles das von dem Dinge, das’ wir hassen, zu
bejahen, wovon wir uns vorstellen, dass es dasselbe mit Unlust
erfülle, und dagegen das zu verneinen, wovon wir uns vorstellen,
dass-es dasselbe mit Lust.erfülle. Verachtung, Geringschätzung,
VerkleinerungsSueht. UH '
Dadurch dass wir uns vorstellen, dass ein uns ähnliches Ding,
in Beziehung auf welches wir keine Gemüthsbewegung gehabthaben,
von einer Gemüthsbewegung, erregt werde, werden wir
von einer ähnlichen Gemüthsbewegung erregt. Mitfreude, Mitleid.
Denn diese Vorstellung hat im Gefolge diejenige, dass wir
Selbst dieser Gemüthsbewegung ausgesetzt seyn können.
Wenn wir uns. vorstellen, dass Jemand, in Beziehung auf welchen
wil* keine Gemüthsbewegungen gehabt haben, ein uns ähnliches
Ding mit Lust erfülle, werden wir mit Liebe zu ihm erfüllt
werden. Wenn wir dagegen uns vorstellen, dass er es mit
Unlust erfülle, werden wir mit Hass gegen ihn erfüllt werden.
Rührung j Abscheu.
Ein Ding, das wir bemitleiden, können wir nicht deshalb
hassen, weil es uns mit Unlust erfüllt. Denn wenn wir es dess-
lialb hassen könnten, dann würden wir Lust haben an seiner
Unlust; Mitleid besteht aber aus Unlust wegen Unlust des uns
ähnlichen.
*- Wir werden uns vielmehr bestreben das Ding, das wir bemitleiden,
soviel wir vermögen, von seinem Leiden zu befreien.
Denn dadurch entfernen wir unsere eigene Unlust und dasjenige,
was ünserm eignem Daseyn entgegengesetzt ist. Wohlwollen,
Grossmuth.
Wir suchen alles das; wovon wir uns vorstellen, dass es zur
Lust führe, zum werden zu bringen,'aber alles widerstrebende
und'zur Unlust führende suchen wir zu entfernen und zu zerstören.
Wir werden uns bestreben auch alles das zu thun, wovon
wir uns vorstellen, dass die uns ähnlichen Menschen es mit Lust
ansehen und dagegen vermeiden das zu thun, wovon wir uns-
vorstellen, dass jene es vermeiden. Denn dass Andere Lust oder
Unlust über uns empfinden, macht auch uns Lust oder Unlust.
Gefallsucht, Leutseligkeit.
Wenn wir loben, so bejahen wir die That, die Uns Lust erregt.
Wenn Jemand etwas gethau hat, wovon er sich vorstellt, dass
es die Aehnlichen mit Lust erfülle, wird er mit Lust erfüllt werden,
verbunden mit der Vorstellung seiner selbst als Ursache