Die genannten Wirkungen bedingen sich gegenseitig, selbst
wenn ein Auge verdeckt ist, und dadurch lässt sich eben beweisen,
wie sie von einander abhängig sind.
In beistehender Figur sei a das freie,
b das geschlossene Auge, %, d, e, ƒ seien die
in der Sehachse des Auges a gelegenen
Gegenstände verschiedener Entfernung.
Sieht nun a den Punct x deutlich, so ist
die Sehachse, auch des verdeckten Auges
b, unwillkührlich auf den Punct x gerichtet,
und wird das verdeckte Auge
frei, so erscheint x einfach im Con-
vergenzpuncte beider Sehachsen. Geht
nun das Auge a aus dem Refractions-
zustande für x , in andere Refractionszu-
stände für fernere Gegenstände der Linie
a f über, z. B. für e, für ƒ, so wird
stillschweigend das verdeckte Auge auch
aüf e oder ƒ gerichtet.
Umgekehrt vermag man willkührlich,
durch Veränderung der Neigung der Sehachsen,
die Accomodation zu verändern,
und diese Veränderungen sind so gleichzeitig, wie die Verengung
und Erweiterung der Pupille mit der grossem oder aeririgern
Neigung der. Augenachsen. Sind z. B. die Augenachsen von a
und b auf den imaginären Punct des Raums d gerichtet, und erscheint
also x doppelt, für das Auge a in d^r Richtung af, für das Auge
b in der .Richtung bc, so sind die Doppelbilder x auch undeutlich,
weil der Refractionszustand für d ist. , Bleibt die Augenachse
a f unverändert, bewegt sich dagegen die Augenachse bd
in die Stellungen be, b f u. s- w., so dass die Neigung der Sehachsen
abnimmt, so verändert sich auch der Refractionszustand
für e, f u. S. w. während die Doppelbilder x immer undeutlicher
werden. Die eine Augenachse, nämlich die des offenen Auges
kann unverändert bleiben, ändert sich aber die des geschlossenen
Auges, heimlich, so ändert sich auch der Accomodationszustand
des offenen Auges. Vergl. P ortebfiei.d a ireatise on the eye.
Edinb. 1759. I. p. 410. Volkms^ n a. a. 0. p. 144.
Bei grossen Entfernungen der Gegenstände können, da
die Veränderung des Refractionszustandes zuletzt eine Grenze
hat, den Augen aber jede beliebige Stellung zu einander gegeben
werden kann, Ungleichheiten zwischen beiden eintre-
ten. Z. B. wenn man den Mond mit nur einem Auge tixirt,
das andere aber durch einen vargehaltenen Gegenstand verdeckt
ist, so trifft die Achse des verdeckten Auges, trotz
der Accomodation für die Entfernung des Mondes, nicht genau
in ihrer Stellung mit der Achse des offenen Auges im Monde
zusammen. Denn wenn das verdeckte Auge frei wird, sieht
es ein Doppelbild, worauf sehr schnell die Doppelbilder beider
Augen sich vereinigen, indem das Schwanken der Augenachsen,
schnell corrigirt wird. Dieser Versuch, den ich angab,
ist einem Beobachter nicht gelungen. Ich erwähne ihn nochmals,
weiler mir immer dasselbe Resultat giebt. T revirahus Erklärung
davon ist ungenügend.
Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, dass die Veränderung
der Augenachsen gegeneinander, Veränderung der Accomodation
bedingt, selbst dann, wenn nur das geschlossene Auge seine Stellung
gegen das offene verändert. Es ist gerade so mit den Bewegungen
der Iris, bleibt das eine offene Auge unveränderlich
nach einem Punct gerichtet, bewegt sich aber das geschlossene
Auge, so ändert sich die Grösse der Pupille auch in dem offenen
Auge durchaus, wie es die Convergenz der Sehachsen erfordert,
und dadurch hat man eine scheinbare Willkühr über die Pupille,
wovon im 1. Bd. gehandelt worden. Die Bewegung der Iris mit den
Augenachsen sahen wir als eine Mitbewegung an, da sie nur eintritt
bei der Wirkung der vom N. oculomotorius versehenen Muskeln,
welcher auch die Bewegungsnerven der Iris durch die kurze
Wurzel des Ganglion ciliare abgiebt. So mag auch die Accomodation
eine Mitbewegung mit der Bewegung der Augenmuskeln
nach innen seyn, die entweder durch einen nähern organischen Zu*
sammenhang in der Nervenwirkung, oder durch Gewohnheit*eingetreten
ist. Die Mitbewegung der Iris mit der Bewegung der
Augenachsen hat indess schwerlich ihren Grund in einer angewöhnten
Verbindung.
Es giebt auch einigen geringen Einfluss der Willkühr auf
die Accomodation,' ohne dass die Achsen der Augen sich nöth-
wendig verstellen, und dieser Umstand zeigt eben, dass jene Verbindung
secundär, aber nicht eines die constante Ursache des
Andern ist. P lateau hat eine Beobachtung an sich mitgetheiit,
dass das Undeutlich werden der Gegenstände- durch Abänderung
des, Refractionszustandes auch ohne Veränderung der Stellung der
Augen erzwungen werden kann, durch eine willkührliche Anstrengung
des Auges. ’Auch ich bemerkte schon früher, dass manchmal
bei gi’osser Anstrengung uns wirklich das Undeutlichsehen
ohne Doppelbilder, jedoch nur Sehr flüchtig zu gelingen scheine,
erinnerte aber, dass auch bei dieser Art des Undeutlichsehens,
ohne örtlich getrennte Doppelbilder diese doch vorhanden seien,
nur zum Theil sich decken. Versuche, die ich seither an mir
anstellte, bestimmen mich mit P lateau vollkommen übereinzustimmen,
dass man nämlich, so sehr auch der Refractionszustand
des Auges an die Veränderung der Neigung der Sehachsen ge-
' knüpft ist, doch mit grosser Uebung bei unveränderter Stellung
der Sehachsen aut einen Gegenstand, diesen durch willkührliche
Veränderung des Refractionszustandes undeutlich sehen kann, indem
man den Refractionszustand für eine andere Ferne ändert.
Die Iris verändert sich auch, wie P lateau zeigt, bei diesem Undeutlichsehen,
indem die Pupille Weit wird bei dem Refractionszustand
für das deutliche Sehen in der Ferne und umgekehrt.
Diess wäre ein Beispiel von fhst rein willkührlicher Bewegung
der Iris, in sofern in diesem Falle die Bewegung wenigstens nicht
an die willkührliche Bewegung der Augenmuskeln nach innen und
oben geknüpft ist. Muell. Archiv. 1837. CL,