
rung des farbigen und weissen Lichtes, oder auf den physiologischen
Erscheinungen des Contrastes basiren.
Eine Erklärung aus objectiven Ursachen in dem eben angedeuteten
Sinne versuchte v. Münchow. Seine Ansicht beruht auf
der von ihm aufgest'ellten Hypothese_, dass farbiges Licht in dem
■Raum, den es einnimmt, die Eigenschaft besitze, von anderem
diesen Raum durchdringenden farblosen Lichte den ihm selbst
homogenen Antheil unwirksam zu machen, und nur das comple-
mentäre Licht durchzulassen. Siehe P ohi.mann a. a. 0. p. 323.
Aach dieser Hypothese von Münciiow würde das blaue Liebt mit
weissem Liebt zusammentreffend, sich mit dem blauem Lichte
das im Weiss enthalten'ist, neütralisiren, so dass die' complemen-
tare Farbe des blauen Lichtes Orange übrig * bliebe, v. Münchow
berief sich in Hinsicht der Möglichkeit dieser Einwirkung des
von verschiedenen Seiten kommenden Lichtes aufeinander auf den
Versuch von F rauenhofer, wonach ein Lichtstrahl einen ändern von
seiner Bahn ablenken kann. P ohlmann widerlegt jene Hypothese
durch einen Versuch. Das farbige Licht einer Glasscheibe beleuchtete
eine weisse Fläche innerhalb eines Kastens, auf der Scheibe lag
ein Streifen, welcher den Schatten auf die weisse Fläche des. Kastens
warf. Statt aber den Schatten vom farbigen Lichte durch
das Tageslicht zu beleuchten, liess er dieses nur mittelst eines
Rohres auf den Schatten zu, so dass das Rohr bis in den Schäften
reichte. Freilich kann auch in diesem Falle durch Reflexion
von den Wänden des-Kastens farbiges Licht in den Schatten gelangen,
und hier dieselbe Wirkung auf das Tageslicht hervor-
briagen.
Die gewöhnlichste Erklärung der farbigen Schatten ist die
aus dem physiologischen Contrast, so dass die complementäre
Farbe des Schattens für bloss /subjectiv gehalten wird. Sie ist
von R umforp, Goethe, Grotthuss, B randes, T ourtual'und P ohlj'
mann vorgetragen und die meisten Physiker theilen sie.
Für diese Erklärun g lässt sich an führen, was schon R umford
beobachtete^ dass die Farbe des Schattens- von einem farblosen
Schatten nicht unterschieden werden kann, wenn man den Schatten
allein ohne den farbigen Grund durch ein Rohr ansieht.
Diese -Erklärung wird aus den im vorhergehenden Artikel
betrachteten Erscheinungen sehr Wahrscheinlich, bei welchen alle
irreführenden'Elemente des Versuchs fehlen, die bei den farbigen
Schatten vorhanden sind. Ein kleines graues Feld auf einem hellen
weisslich grünen Grunde hat einen rothen Schein, wenn dje
Farbe des Grüns viel Licht hat. Ist das Grün nicht licht und
weisslich, so behält das graue Spectrum sein einfaches-Grau. Um
lichte Farben zu erhalten, kann rpan folgendermassen zu Werke
gehen. Man halte ein grünes Glas dicht vor eine Lampe, auf
dem grünen Glas ist ein. kleiner Papierstreifen aufgeklebt, dieser
wird durch ein farbloses Licht matt beleuchtet; er erscheint
roth. Hier ist das Phänomen auf die einfachsten Bedingungen
reducirt.
G. A n g e n e h m « W i r k u n g d e r p h y s i o l o g i s c h e n C o n t r a s t c , p h y s
i o l o g i s c h e G r u n d s ä t z e d e r F ä r b e n h ä rm o n ie.
Goethe Farbenlehre.
Die in den vorhergehenden Artikeln beschriebenen Erscheinungen
beweisen deutlich, dass die Nervenhaut des Auges durch
eine einzelne Farbe in einen einseitigen Zustand versetzt wird
und dass sie selbst zur Entwickelung der Gegensätze tendirt, welche
diesen einseitigen Zustand complementiren. Wir dürfen uns
daher nicht wundern, wenn diejenigen Zusammenstellungen von
färben einen angenehmen und woblthätig'eh Eindruck auf das
Auge und auf die Seele machen, welche diese Gegensätze schon
vollständig enthalten. Alle complementären Farben machen daher
auch einen angenehmen Eindruck, und alle grellen nicht coniple-
mentaren Farben einen Unangenehmen Eindruck, wenn sie herrschen.
In diesem Sinne können die complementären Farben
auch die harmonischen,- die nicht complementären die disharmonischen
heissen. Eine Zusammenstellung von complementären
färben ist eine harmonische, und andere. Zusammenstellungen
sind disharmonisch, je einseitiger und greller sie sind. Ein vor-
Herrschendes brennendes Roth ist so unangenehm, als ein grelles
herrschendes Gelb, ein uniformes herrschendes Blau. Daher schon
der Sinn der Menschen, wo diese Farben allein in grösserer Ausdehnung
angebracht werden sollen, sie durch Beimischung von Weiss:
oder Grau mildert und erträglicher macht. Dagegen wird das reinste
ttoth angenehm neben seinem complementären Grün, das Blau
angenehm neben prange oder Gold, das Gelbe angenehm neben
Vmlet. Dergleichen harmonische Zusammenstellungen liegen in
der p. 368. befindlichen Figur gegenüber, wie die complementä- .
ren färben und man sieht aus der Figur, welche Mischung har-
momsch ist zu einer bestimmten andern Mischung. Geschmack-'
volle Frauen mildern die Farben ihrer Kleider , wenn sie einfarbig
sind, durch Wahl der trüben Farben, oder ,stellen in ihren
Kleidern, wenn sie reine Farben tragen, .harmonische Farben zu-
sammen z B. ein rothes Tuch auf einem grünen Kleide, Lila
mit Gelb Blau mit Orange. Welche Pracht und Aiimuth liegt
m der Verbindung von goldenem Orange und Blau, einer gold-
orangenen Frange an einer blauen Drapperie. Dagegen würde
leder die Tracht einer Trau, welche reines Gelb Und Roth
J f - yemel„ Ge),J BIau> oder reines Blau und reines Roth’
enthielte, für hässlich und abgeschmackt halten. Nur in den
bei den -Trachten der “Soldaten sieht man
oicoe aimailende Verbindungen gewählt.
Am auffallendsten und unangenehmsten sind die Zusammenstel-*
" y ? von 2wei reinen Farben,: denen die dritte fehlt, wenn sie
^ompJementar sollen, z. B. Gelb und Roth, oder Blau und
oth, oder Gelb und Blau. Diess sind reine Disharmonien. Eine
■ Sdmmenstellung von zwei Farben, wovon die eine den Ueber-
g ng zui-andern bildet, ist weder harmonisch noch disharmonisch,
flliiller’s Physiologie. 2* Bd, II, 25