
alle Theilchen desselben in der Richtung des Stosses successiv
durch diese Grade der Verdichtung und Verdünnung durch.
Da die Verdichtung durch Annäherung der Molecule, die
Verdünnung durch Entfernung derselben von einander hervorgebracht
wird, so durchlaufen alle Theilchen der Welle gleichzeitig
eine .gewisse Bahn des Stosses. Diese Bahn ist am Anfang
der Welle gering, denn der Stoss ertheilt den Theilchen eine
um so geringere Bewegung, je entfernter sie von der unmittelbar
gestossenen Stelle liegen. Im Hintertheil der Welle schwingen
die Theilchen wieder zurück, und es findet derselbe Unterschied
ihrer Geschwindigkeiten statt. Beim Durchgang der Welle
durch einen Punct des Mediums, erhalten die an diesem Ort befindlichen
Theilchen successive eine steigende, dann wieder abnehmende
Verdichtung, und gerathen wieder im Hintertheil der Welle
in Verdünnung. Zugleich wird die Geschwindigkeit, mit welcher
ein Theilchen des Mediums beim Durchgang der Welte durch
diesen'Punct sich bewegt, successive schneller, erreicht ein Maximum
wird wieder langsamer. Während des Durchgangs des Wellenthals
durch diesen Punct macht das Theilchen seihe rückkehrende
Schwingung mit anfangs zunehmender’, dann wieder abnehmender
Geschwindigkeit. Alles diess ist auf den Hörnerven abwendbar.
Die Dicke der Wellen bleibt sich hei der Fortpflanzung des
Schalles in alle Entfernungen gleich, aber die Bahn der schwingenden
Theilchen nimmt mit dem Quadrat der Entfernungen ab.
Von der Grösse der Rahn der schwingenden Theilchen hängt
allein die Intensität oder Stärke des Schalls oder Gehörs- ab.
Der Umfang der Wellen in der Luft ist kugelförmig. Auf
das Gehörorgan trifft nur ein Stück -dieser Kugel, welches man
die Breite oder Flächenausdehnung der Welle nennen kann. Die
Breite der Welle, welche zum Gehör benutzt wird, "hängt von
der Breite ab, in welcher der Gehörnerve von der Welle getroffen
wird. Die von der Trommelhöhle aus zum Labyrinth gelangenden
Wellen haben' beim Eintritt in das Labyrinth nur die
Breite des ovalen und runden Fensters, von hier aus aber breiten
sie sich aus. , .
2. Unterscheiden der Töne.
Zur Empfindung des Schalls scheint eih einfacher StosS auf
denGeRörnerven hinzureichen, wie eine Explosion, die Theilung der
Luft, das Zusarnmenfahren zweier getrennter Luftschichten beim
Peitschenknall u. dergl. Dieser Ansicht steht wenigstens nichts entgegen,
und auch C h l a d n i findet sie wahrscheinlich, obgleich zugegeben
werden muss, dass auch ein einfacher Stoss-in der Luft leicht Wellen
errege. Am häufigsten liegen allerdings dem Eindruck des
Stosses als Schall mehrere Wellen zu Grunde. Doch kann die
Frage entstehen, ob nicht heiklem Schall, der aus einer Succession
von Stössen entsteht, jeder einzelne Stoss von der Stärke
seyn muss, dass er allein schon als Schall gehört würde, und oh
eine Succession von so schwachen Stössen, wovon jeder einzelne
3. Wahrnehmung des Schalls. 471
wenn er allein stattfände, keinen Eindruck auf das Gehör hervorbrächte,
noch gehört wird. Diese Frage ist bis jetzt nicht
untersucht worden, und die Mittel scheinen zu fehlen sie zu beantworten.
Durch die schnelle Succession mehrerer Stösse von ungleichen
Zwischenzeiten entsteht ein Geräusch oder Gerassel, durch die
schnelle Succession mehrerer Stösse von gleichen Zwischenzeiten
ein bestimmter Ton, dessen Höhe m it der Zahl der Stösse in bestimmter
Zeit zunimmt. Mittelst der Sirene von C a g n ia r b L a t o u r
und des SAVART’schen Rades kann man, smh diess zur Anschauung
bringen. Ein bestimmter Ton entsteht auch, wenn jeder einzelne
der regelmässig folgenden Stösse selbst wieder aus mehreren Stössen
zusammengesetzt ist, die fü r, sich allein schon ein Geräusch
hervorbringen würden, oder aus einer hinreichend schnellen regelmässigen
Folge von Geräuschen. Diess findet gerade hei dpn
Tönen statt, die dürch die erwähnten Apparate hervorgebracht
werden. Denn hier ist jeder einzelne Stoss schon ein zusammengesetztes
Geräusch, welches man. auch leicht dürchhört, wenn durch die
Summirung der, Geräusche der Eindruck des Tones von bestimmter
Höhe entsteht.
Nun entsteht zunächst die Frage, wie viele Stösse mindestens
hintereinander erforderlich sind, um als bestimmter vergleichbarer
Ton gehört zu werden. Nach S a v a r t ’s Untersuchungen reichen
selbst 2 Stösse (das Aequivalent von 4 Schwingungen) dazu hin.
Werden nämlich die Stösse dur ch das Anschlägen der Zähne eines
Rades an einen Körper hervorgebracht, so kann man successiv
alle Zähne des Rades bis auf 2 wegnehmen, ohne dass der Ton
als bestimmter in der Scala aufgehoben wird. Wird ein Rad mit
2000 Zähnen,, das sich einmal in der Secunde umdreht, auf die
Hälfte der.Zähne reducirt, -indem man sie an der ganzen einen
Hälfte des Rades wegnimmt, so wird das Intervall der Stösse natürlich
nicht gestört, aber man kann mit dem Wegnehmen der
Zähne fortfahren, bis auf 2 und dreht sich das Rad noch mit
derselben Geschwindigkeit, nämlich einmal in der Secunde um,
so kann der aus beiden Stössen resultirende Ton noch mit dem
Ton eines Instrumentes verglichen, und der Einklang dazu aufgesucht
werden.
Werden hingegen die Zähne des Rades bis auf einen reducirt,
so wird nicht mehr der bestimmte Ton, sondern nur das
Geräusch gehört, welches der eine Zahn hervorbringt, es sey
denn, dass das Rad so schnell gedreht werde, dass das Intervall
von dem .einem bis zum nächsten Stoss des einen Zahnes nicht
grösser ist, als das Intervall der Stösse des bestimmten Tons es
erfordert.
Werden die Töne durch Schwingungen- erregt, wovon die
nächste regelmässig anfängt, wenn die vorhergehende aufgehört
hat, so kann es zweifelhaft seyn, ob nicht die Höhe des Tons von
der Länge der Welle oder einer andern Eigenschaft derselben
abhängig ist. Aus den Versuchen mit dem SAVART’schen Rad
folgt hingegen, . dass die Eigenschaft der Höhe des Tones in keiner
Weise von der Beschaffenheit der Wellen abhängig ist. Bei
Mi iller ’s P hysiologie, 2r Bei« II. 31