wird; die Wimperbewegnng an den Räderorganen hingegen erfolgt
durch offenbare Muskelaction und ist dein Willen unterworfen,
also jedenfalls vonvdem Nervensystem abhängig; sie-wird
aucli, wie E hrenberg bewiesen, durch Strychnin ge'tödtet.
h entsteht nun die Frage: ist die Wimperbewegung, in der
ganzen Tbieryvölt auch duren muskelartige , Zusammenziebungen
eines sehr feinen contractilen Gewébes an der Basis der Wimpern,
wie an den Räderorganen der Räderthiere bedingt? ! Bildet
dieses contractile Gewebe der Räderorgane, das E hrenberg entdeckt
hat, ein eigenes System, dessen mikroskopische Structur
sich bis durch die flimmernden Schleimhäute der höheren Thiere
erstreckt, so dass wenn die übrigen Gewebe der höheren Thiere
eine gröbere Structur besitzen, die viel feinere Gewebebildung
und Anatomie der Infusorien sich gleichwohl bei, den höheren
Thieren wenigstens in der Structur der Whmperörgane erhält;
oder gehört nur die Bewegung der Räderorgane der Räderthier-
chen in eine Kategorie mit den Muskelbewegungen aller höheren
Thiere, und ist die Wimperbewegung der übrigen Thiere ihrem
Wesen nach ganz von der. Muskelbewegung verschieden. : Ich
kann nicht umhin, in Hinsicht des Mechanismus: dér Wimperbewegung
der Räderorgane E hrenberg’s eigene'Worte hier anzuführen.
„Betrachtet man Thierchen, wenn sie: die Bewegung
anfangen, so sieht man immer deutlich ein Ausstrecken und Anziehen,
ein wahres Greifen der gekrümmten Wrmpercilien, das
aber alsbald in das Wirbeln übergeht, welches eine andere Art
vom Bewegung ; ist als jenes Greifen. Das Greifen sieht man
auch, wenn man die Thferchen durch Streuen von Strychnin in
Wasser im Tetanus sterben lässt und die Thätigkeit der Räderorgane
alhnählig erlöscht. In diesem Falle hört -vorher schon
das -eigentlich radmachende Wirbeln auf.“ . E hrenberg .suchte
sich die Erscheinung bisher auf folgende- Weise - zu erklären:
„Jede- einzelne Wimper wird durch den unter ih r; liegenden
Muskel besonders bewegt, und leicht können einzelne Muskel-
streifen an viele, vielleicht alle Wimpern :derselben Reihe rgileich-
gehen und dieselben in eine einseitige Bewegung setzen.
Wirkt nun diesem Muskelstreifen ein anderer:; auf dér andern
Seite der verdickten Basis der Härchen auf gleiche Weise-entgegen,
sind dieselben in etwas verschiedener Höhe dfen-i Härchen
angèheftet, und wirken sie abwechselnd, so wird-eine nach
vipr Richtungen schwankende Bewegung entstehen, welche die
Spitze .jeder einzelnen Wimper in eine Kreisbewegung;versetzt,
und die ganze Spitze wird einen Kegel beschreiben, dessen Spitze
an deren Rasjs ist. Bei dieser Bewegung der einzelnen Wimpern
sind /sie, wenn man die Organe ‘etwas oder ganz vön der Seite
betrachtet, bald, dem Auge etwas näher, bald etwas ferner, und
werden mithin bald etwas deutlicher, bald etwas undeutlicher an
sich erkannt. Diese Abwechselung der Deutlichkeit des Wahrnehmens
der einzelnen Wimpern' bei ihrer conischen - Kreisbewegung
erscheint mir, sagt E hrenberg, als' die Ursache des Rad-
förmigen im Ganzen, denn jedenfalls muss dadurch eine Täuschung,
eine gewisse scheinbare Lebendigkeit, in den ganzen
Kreis kommen.Dass durch die von E hrenberg supponirte Thätigkeit
der Muskeln ein kegelförmiger Raum von der Wimper
umschrieben werden müsse, lässt sich sehr gut an den Augenmuskeln
der höheren Thiercerläutern, wovon die geraden in der
That das Auge gleichwie auf einem Stiele auf diese Art bewegen
können. In der That ist es bei dem willkührlichem Einfluss der Räderthiere
auf ihre Räderorgane, und bei dem von E hrenberg nachgewiesenen
Muskelapparat kaum zu bezweifeln, dass diese Art von
Betvegung in die Kategoriq der Avahren Muskelbewegungen gehöre.
Wie verhält es sich aber mit den Wimperbewegungen
der Schleimhäute, die von dem Willen nicht abhängig sind und
von der narcotischen Vergiftung der Thiere nicht modificirt werden
? Das Strychnin bringt die Räderorgane nach E hrenberg’s
Beobachtungen zur Ruhe, dasselbe hat, wie alle übrigen Narco-
tica, auf die WimperbeAvegungen der Schleimhäute keinen Einfluss.
Wie soll man ferner erklären, dass die Wimperbewegung
an den Eiern der Corallen vorkommt? Haben diese
noch einen Rest von Lebensenergie von der Zeit her, avo sie
dem Lebenseinflusse des, Eierstocks -ausgesetzt Avaren; und behalten
sie ihn und äussern ihn eine Zeit lang, wie die abgeschnittenen
Schleimbaritstückchen der höheren Thiere? Gehören
ihre Lebenserscheinungen in eine Reihe mit den Bewegungen
der Eierbehälter der Cercarien, die Bojanus und v. Baer beobachtet
haben? Siehe oben Bd. I. p. 17. Viel wahrscheinlicher
sieht man diese Eier als befehle, aber noch unentwickelte Embryonen
an. Jedenfalls, scheint es uns, ist es nöthig, die Wimperbewegungen
an den Räderorganen der Räderthiere von den
Wimperbewegungen der Schleimhäute vorläufig zu trennen. Die
ersteren sind willkührlich veränderlich, die letzteren dem Einflüsse
des Willens, ja dem directen Einflüsse des JVer\'ensystems entzogene
^Erscheinungen. Bei den Piäderorganen ist die Wimper, wie es
scheint, passives Bewegungsorgan, das active der musculösc Apparat.
Bei den Wimperbewegungen der Schleimhäute und auch denen der
Oberfläche des Körpers der Infusorien sind die Muskeln noch
unbekannt; noch weiss man nicht, ob die Wimper selbst sich bewegt,
krümmt, oder ob sie auch bloss als Ruder Avirkt und das
contractile GeAvebe an ihrer Basis ist. Meten hat die abgelösten Wimpern
derLeucophrys sol sich noch bewegen gesehen. Auf der andern
Seite giebt es wiederbei den Thieren noch andere, wie Ruder Avirkende
Organe, die in ihren urnvillkührlichen, unaufhörlich Avirkenden Bewegungen
eine grosse Aehnlichkeit mit Wimpern haben, und doch
durch ihre Gestalt sich davon entfernen, und deren Bewegung
kaum anders, als durch contractiles Gewebe an ihrer Basis er-
kl ärt werden kann. Die Beroen sind nach Grant’s Beobachtungen
vom ,Mund bis zum After mit Bändern Avie von Meridianlinien
besetzt. Jedes der Bänder ist mit 40 Plättchen besetzt;
diese Plättchen sind die zur Bewegung bestimmten Cilien. Die
Plättchen bestehen aus parallelen Fasern, welche durch eine Haut
verbunden sind. Ja selbst die gewiss nur durch Muskeln beweglichen,
beständig schlagenden, grossen, mit blossen Augen sehr
Mu l l e rV Physiologie. 2i^ßd, 1.