
Es zeigen sich hier abermals, wie in allen vorher beschriebenen
Phänomenen, die Bewegung der Iris und die Veränderung
des Refractionszustandes auf das innigste mit einander verbunden,
und doch sind wir nicht berechtigt, der Bewegung der Iris selbst
einen mittelbaren Einfluss auf die Accomodation zuzuschreiben.
Man hat schon vermuthet, das.s die Bewegung der Iris auch auf
das Corpus ciliare und so auf die Stellung der Linse wirken
könne, in sofern das Corpus ciliare mit dem äussern Umfang der
hintern Fläche der Iris stark verwachsen ist. Indess lässt sich
doch diese Hypothese bestimmt widerlegen. Denn die Veränderungen
der Iris werden auch durch das Licht bestimmt. Wir
sehen aber dasselbe Object deutlich, mag es hell beleuchtet und
demgemäss die Pupille enger, oder das Auge dabei beschattet und
die Pupille weit seyn. Vergl. V oukmakn a. a. 0. p. 156. Es
bleibt daher immer noch am wahrscheinlichsten, dass die Accomodation
von einem Organ abhängt, das Sich zwar leicht mit der
Iris zugleich bewegt, aber auch eine gewisse Unabhängigkeit davon
behaupten kann. In der Tbat lässt-sich per exclusionem am
wahrscheinlichsten machen, dass das Corpus ciliare diese Beweglichkeit
besitze und auf die Stellung der Linse. einwirke, aber an
positiven Beweisen für die Contractilität des Corpus ciliare fehlt
es gänzlich.
Nach der Extraction der Linse durch die Stäaroperation ist
das Accomodationsvermögen, sowohl nach Y oung’s als V olkmanm’s
Beobachtung, vermindert.
IV. Von der Myopie und Presbyopie, den Mitteln sie zu
verbessern und von den Augengläsern.
1. U n d e u t l i c h k e i t d e r n ä c h s t e n Ob j e c t e . W i r k u n g
d e r D i a p h r a gm e n .
Das deutliche Sehen in der grössten Nähe dicht .vor dem
Auge hat bei allen Manschen eine Grenze. Gegenstände, welche
nur 1—3 Zoll oder noch weniger , vom Auge entfernt sind, bringen
kein deutliches Bild mehr hervor, weil die Vereinigung ihrer
Lichtstrahlen bei allen Menschen hinter die Netzhaut fällt. Sind
die Gegenstände klein, so erzeugen sie nur einen Schimmer, und
die entfernten Gegenstände werden durch diesen Schimmer hin-
durcbgeseheh, obgleich der vor das Auge gehaltene kleine Gegenstand
den, mittlern Theil der Pupille verdeckt. Das Sehen
der entfernten Gegenstände, durch den Schimmer des nächsten,
erklärt sich daraus, dass wenn auch der. vorgehaltene kleine Körper
diejenigen Strahlen des entfernten Körpers abhält, welche
durch den mittlern grössten Theil der Pupille durchgehen sollten,
doch noch am Rande des vorgehaltenen Körpers,' Strahlen des
entfernten Körpers Vorbeigehen, welche ins Auge gelangen. Hieraus
ergiebt sich als Bedingung, dass wenn ein entfernter Gegenstand
durch den Schimmer eines nabe vor das Auge Gehaltenen
hindurch gesehen werden soll, der letztere kleiner als die Pupille
sein müsse, der entferntere wird dann durch die Randstrahlen
gesehen. Selbst in dem Falle, dass der nächste Körper die Pupille
fast ganz deckt, werden doch noch die peripherischen Strahlen der
Lichtkegel des entfernten Körpers', durch Beugung an den Rändern
des vorgehaltenen Körpers ins Auge gelangen und ein Bild
hervorbringen.
. Man sieht einen entfernten Gegenstand auch durch die im
äussern Umfange der Linse durchgehenden Strahlen oder Randstrahlen,
wenn man ihn am Rande eines andern vorgehaltenen
Körpers vorbei sieht. Es ist bekannt, • dass wenn man einen fernen
Körper betrachtend, 'einen zweiten nähern von der einen
Seite vorschiebt, der entferntere Körper sich etwas verschiebt
und zu erweitern scheint, so bald ihm der Rand des nächsten
nahe kommt. Diess ■ scheint theils von dem Sehen des fernen
Körpers durch Randstrahlen der Linse, theils auch von der Beugung
des Lichtes am Rande des vorgehaltenen Körpers abzuhängen.
Der Schimmer, welchen ganz nahe'' kleine Gegenstände statt eines
Bildes hervorbringen, wird um so'grösser seyn, je weiter die
Pupille ist. Denn da der Zerstreuungskreis für jeden Punct des
Gegenstandes” ein Durchschnitt durch den Lichtkegel ist, welcher
durch die Pupille durchgeht, I so wird auch der Zerstreuungskreis
für jeden Punct des Gegenstandes um so grösser seyn, je weiter
die Pupille ist. Der Schimmer eines ganz nahen, vor das Auge
gehaltenen Gegenstandes, z. B. einer Nadel entsteht aber durch
die sich deckenden Zerstreuungskreise aller Puncte des Bildes.
Hieraus erklären sich einige interessante Phänomene. Hält man
eine Stecknadel in der Entfernung vom Auge, dass sie zwar noch
ein Bild, aber ein nebeliges hervorbringt, so ist die Grösse dieses
Schimmers grösser oder kleiner, je nachdem man das Auge beschattet
oder beleuchtet, d. h. je nachdem die'Iris sich erweitert
oder zusammenzieht. Hieran hat man eine herrliche Gelegenheit
die Bewegung der Iris des eigenen Auges in einem Gesichtsphänomen
zu sehen.
Unter gewissen Bedingungen sieht man aber auchjnoch in
der grössten Nähe vor dem Auge deutlich, und die Gegenstände
sehr vergrössert, ohne dass Augengläser angewendet werden.
Diess geschieht jedesmal, wenn man ganz nahe Gegenstände durch
eine feine Oeffnüng eines Kartenblattes betrachtet. H enle , der
sich viel mit dieser Erscheinung beschäftigt, hat mich auf das
Phänomen und seine Ursachen aufmerksam gemacht. L ecat,
Monro und P riestlev hatten das Phänomen gekannt. Sieht
man z. B. die ganz dicht vor das Auge gehaltene Schrift eines
Buchs an, so erkennt man keinem Buchstaben mehr, sieht man
sie aber in derselben Nähe durch die mit Nadel gemachte Oeff-
nung eines PapierblätteS, das inan dicht vor das Auge hält, an,,
so erscheint sie sogleich sehr deutlich und die Buchstaben und ihre
weissen Zwischenräume sind stark vergrössert. Es - könnte daran
gedacht werden, dass das Deutlichsehen von der Isolirung der Centralstrahlen
der nahen Objecte'durch die enge Oeffnüng abhänge,
und dass die .Centralstrahlen,, wegen grösserer Dichtigkeit des
Kernes der Linse, früher zur Vereinigung gebracht würden,