
arte» geläufig und. eingeübt sind. Bei den Castraten, die vor der
Pubertätsentwickelung der Hoden beraubt worden,'bleibt die Umwandlung
der Stimme aus und sie bebalten die weiblichen Stimmen.
Von der Existenz des Keim bereitenden Geschlechtsteils
und von der Bildung des Samens bängt diese, wie die ganze
übrige männliche Entwickelung ab. Die Alt- und Sopranstimmen
der Knaben und Castraten gleichen in Hinsicht der Höhe denen
der Weiber, unterscheiden sich aber einigermassen im Klang und
sind gellender. Liscovius bemerkt,, dass die Castratenstimme auch
noch von der Knabenstimme verschieden klinge, und feitet es davon
ab, dass die resonirenden Wäncfe der Mund- und Nasenhöhle
so geräumig wie beim Mann werden, während doch das
Stimmorgan auf dem Knabenzustande verharrt. Sie sind indess
beim Weibe auch geräumig, und die veränderte Festigkeit der
Knorpel und Bänder mag wohl noch von grösserrn Einfluss seyn.
3. Stimmarten eines und desselben Menschen. Brust - und Fal-
setstimme. Die meisten Menschen, besonders die Männer, sind ausserdem,
dass ihre Stimme mehr oder weniger zu einer der erwähnten
Stimmarten gehört, wenn sie nicht zum Gesang ganz untauglich
ist, auch noch fähig, den Klang ihrer Stimme nach einem
doppelten Register von Tönen zu modificiren. Es ist das Register
der Bruststimme und Falsetstimme. Die Bnpststimme ist voller
und erregt ein deutliches Gefühl viel stärkerer Schwingung
und Resonanz, als die Falsetstimme, Fistelstimme, Kopfstimme,
welche mehr summend ist. Die tieferen Töne der männlichen
Stimme sind nur mit der Bruststimme möglich, die höchsten nur
mit cIct Fistelstimme, die mittleren kann man sowohl mit der
Brust- als Falsetstimme angeben; beide Register grenzen daher
nicht aneinander, so dass das eine anfinge, wo das andere aufhörte,
sondern laufen zum Theil nebeneinander her. Der Tenorist
fängt in der Regel schon am a an in die Fistelstimme überzugehen,
während darunter liegende Töne, mit beiden Stimmen
angegeben werden können; der Bassist schon früher. Bei den
Frauen giebt es selten einen hinreichend deutlichen Unterschied
zwischen Bruststimme Und Falsetstimme.
Die Brusttöne werden, wde Lehfeldt zuerst entdeckte, nnt
stärkerm Ansprucn gegeben hei ganz schwingenden abgespannten
Stimmbändern, die Fisteltöne mit schwachem Anspruch bei
bloss schwingenden Rändern der mehr gespannten Stimmbänder.
Bei massiger bestimmter Abspannung sind beide Töne am ausgeschnittenen
Kehlkopf möglich, der Brustton ist immer um
mehrere Töne tiefer, als der Falsetton bei gleichbleibender
Spannung der Stimmbänder, und ist um so tiefer als der Falsetton,
je schwächer der Anspruch zum Brustton ist, oder je stärker
der Anspruch zum Falsetton ist, dieser Unterschied kann eine
ganze Octave betragen. Die Brusttöne wachsen an Tiefe durch
stärkere Abspannung der Stimmbänder,v an Höhe durch das Ge-
gentheil, und bei gleicher Abspannung der Stimmbänder an Höhe
tlicils durch stärkern Anspruch, thcils durch Zusammendrücken
des untern Zuganges-der Stimmritze. Siebe oben p. 197. Die
Fälsellöne wachsen an Höhe durch stärkern Anspruch, 1 theils
durch stärkere Spannung der Stimmbänder. Bei einiger Spannung
der letztem sind, keine Brusttöne mehr möglich. Da der
Brustton am ausgeschnittenen Kehlkopf bei'bestimmter Abspan-
nun<r der Stimmbänder, unter möglichst gleicher Stärke des blasen»
schon viel tiefer als der Falsetton, und ihm nur durch Zusammendrücken
des Aditus glottidis inferior oder stärkeres Blasen
sich nähert, so erklärt sich daraus, warum es an der Grenze de»
Brusttöne beim Vertausch des Brustregisters .mit dem Faisetregi-
ster oft schwer ist, den richtigen Falsetton zu treffen.
Da die Brust- und Falsettöne am ausgeschnittenen Lveli.kopI,
ohne Gaumenbogen, ohne MoBGAGiu’sche Ventrikel, ohne: obere
Stimmbänder möglich sind, so sind alle diese Thede bei der Erklärung
beider Stimmarten auszuschlieffsen. Die GaumenJ.oge».
nähern sich zwar immer mehr, je höher man in der Fistelstimme
singt, aber-sie nähern sich schon sehr bedeutend bei den lieberen
Brusttönen, und die Annäherung ist eben so gross als beim
entsprechenden Fistelton. Man kann es am besten mit dem fin-
Cer fühlen. Nur die Töne beim Räuspern und Sebnarchen ?ind wahre
Töne der Gaumenbogen und des Gaumensegels. Wären die Gäumenbogen
die Ursache der Fisteltöne, so wugde ihre Berührung
mit dem Finger den Ton aufheben, was nicht geschieht.
Die Annäherung der Gaumenbogen und das Zuruckziehen des
Zäpfchens bei den höheren Tönen Scheint eine blosse Mitbewegung
zu seyn, veranlasst durch die Anstrengungen der Muskeln
des* Kehlkopfs,- wie oft ein Muskel unwdlkuhrlich mitbewegt
Wird, wenn sich ein anderer willkührlieli bewegt. Siehe, o.ien
p 85. Sollten die Gaümenbogen bei den höheren Brusttönen
und bei den Fisteltönen irgend eine Bedeutung haben so konnte
es nur etwa die seyn, durch ihre Anspannung die Resonanz zu
verstärken. Man kann die Falsettöne in sofern, als b lagcole.tlone
der Brusttöpe, betrachten, als zwar nicht aliquote Tliedi: der Lange
der Stimmbänder, aber aliquote Theile der Breite der St.mmban-.
der dabei schwingen, während die anderen bloss von dm Luit
ausgedehnt werden. Bei den Brusttönen schwingen dm . nmm-
bänder nicht länger, aber in ganzer Breite unter Mitscvu mgung
der Membran des Aditus glottidis inferior. .
4. Besondere Klangarten' der Stimme. Kaseustunme. liielier.
ist der jedem Menschen eigene besondere Klang der Summe zu
rechnen. Er hängt offenbar von der Form der Luftwege und
den Membranen und ihrer Resonanz ab, da dieser besondere
Klang sich nachabmen lässt. Manche Menschen können d,e Summen
der verschiedensten Individuen naehahinen. tlieher ist .mell
das Näseln der Stimme zu rechnen. B iot erklärt es so. bei der
gewöhnlichen Erzeugung der Stimme lege sich das Gaumensegel
an die hintere Oeffnung der Nasenhöhlen an und verschl.esse s c,
so dass die Luft nur zum Münde heraustreten kann. vUun c ie
Luft dagegen zu Mund und Nase zugleich heraus-!rote, so entstehe
das durch* die Nase sprechen. Ich kann diese Erklärung des ie-
rühmten Physikers nicht theilen. Den» gerade hei der gewöhnlichen
Erzeugung der Stimme sind die hinteren Nasenhöhlen offen
iund die Stimme ertönt durch das Mundrohr und Nasenrohr zu