Theil des Kopfes ist zur Aufnahme der Stösse fester Körper geeignet..
Am schwächsten werden sie durch die Weichtheiie des
Kopfes fortgepflanzt, wenn man den Stab, der den tönenden
Körper berührt, an sie anlegt *) Stärker ist diese Leitung, wo
die Kopfknochen dünn bedeckt sind, noch stärker, wo sie frei
liegen, wie an den Zähnen. Wird eine Uhr an die Zähne angelegt*,
so ist ihr Schlag ungemein deutlich, am stärksten an den
Zähnen .des Oberkiefers, 'von wo die Leitung bloss durch harte
Theile durchgeht Schwächer ist die Leitung bei Berührung der
Zunge, am schwächsten, wenn die Uhr nur in die Luft der Mundhöhle
gehalten wird. Ebenso stark, und noch stärker ist die
Leitung durch die Wände des äussern Gehörganges, wenn dieser
verstopft ist und ein Stab zwischen Uhr und Stopfen oder die nächste
Umgegend des Gehörganges angelegt.wird. In diesem Fall kommen
die Wellen fester Körper statt durch''die Kopfknochen ins Labyrinth,
vielmehr unmittelbar durch eine Kette von festen Wänden
und zunächst von den Wänden des Gehörganges auf das Trommelfell
und die Gehörknöchelchen. Die Wirkung des Hörrohrs
der Schwerhörigen beruht, zum Theil auf der ungeschwächten
Fortleitung der Luftwellen, zum Theil auf der Resonanz der
Luftsäule des Hörrohrs, zum Theil aber auch auf der Com-
muöication der resonirenden Wändp des Rohrs mit den festen
Theilen des Gebörganges. Dass auch letztere von Wichtigkeit
ist, kann man an einem Beispiel , sehen, wo die Condensation
der Euftwellen wegfällt. Lässt man nämlich in ein Rohr sprechen,
und fasst, bei verstopften Ohren, das Rohr von der
Seite zwischen den Zähnen, so hört man einen ausserordentlich
starken Schall, Welcher von der Resonanz des.Rohrs abhängt, die
man durch die Luft allein zum Ohr gelangend kaum hören würde.
< Die unmittelbare Leitung fester Theile zu dep festen Thei-
len des Gehörorgans wird auch in Anspruch genommen, beim
Hören durch Auflegen des Ohrs auf den .Erdboden. -Ist das Ohr
dabei verstopft und berührt der Stopfen die Erde, so ist die Leitung
noch viel stärker. Natürlich können hiebei nur solche Töne
stark vernommen werden, welche primär im Erdboden entstehen
oder in festen Theilen entstehend,, durch feste Theile dem Erd-'
boden zugeleitet werden, wie die Fusstritte der Menschen und
Pferde; dagegen primäre.Luftwellen viel schwerer dem Erdboden
sich mittheilen und in diesem keinen geeigneten Leiter für das
anliegende Ohr haben.
Bei der Stethoskopie geschieht ganz dasselbe. Töne in, festen
Theilen erregt, oder durch feste Theile durchgehend, werden, von
diesen ab in die festen Theile des aufliegenden Ohrs geleitet. DasSte-
*) Nach den Erfahrungen 'von Pemer und LARREY an Trepanirlen sollte
man glauben, dass die Schallwellen leichter aus der Luft durch bloss
weiche Thetle zum Gehörnerven, als durch den von der Haut bedeckten
Schädel geleitet werden. Bei verstopften Ohren sollen Trepanirte
den Schall über der überhäutet<;n Trepanalionspffnung besser hören.
De r Erfolg, der mir nicht hinreichend constatirt scheint, soll aber nur
stattfinden, wenn die Oeffnung an dem vordem Theile des Kopfs sich
befindet. Larrey Clinique chirurgicale. P a ris 1836. '33. -
thoskop selbst leistet wenig mehr als das aufliegende Ohr seihst, ausser
durch -seine Resonanz. Bei seiner gewöhnlichen Einrichtung findet
eine, doppelte Leitung, statt, von den festen Theilen des tönenden
Körpers durch das Holz zu den festen Theilen des Gehörorgans,
und zweitens von den festen Theilen des tönenden
Körpers an die Luftsäule im Stethoskop und 'sofort durch die
Luft auf das Trommelfell. , Die letztere Leitung ist viel schwieriger,
da die Schallwellen von der Oberfläche des festen menschlichen
Körpers schwer an die Luft übergehen, ist aber doch
durch Resonanz nützlich. Daher ein blosser Stab-nicht dieselben
Dienste thut wie ein Stethoskop. Dagegen kann man den Ton
auch durch einen blossen Stab stark hören, wenn man sich das
Obr durch einen Papierstopfen ausstopft, und den Stab, zwar
nicht an den Stopfen (denn die Reibungen' stören das Beobachten).,
sondern an die w*eiche Umgebung des äussern^ Ohrs hält.
In d iesem Falle theilt sich die Leitung fester Theile durch den
Stopfen vollständiger den Wänden des Gehörganges und sofort
dem Trommelfell mit.
Bei Schwerhörigen, welche die Luftwellen selbst durch ein
Hörrohr nicht mehr vernehmen, ist es zuweilen nützlich, die
Luftwellen in Wellen fester Körper zu verwandeln, und diese
durch Berühren des festen Körpers hörep zu lassen. Am zweck-
massigsten ist hierzu, wenn es sich um das Hören der Stimme
Anderer handelt, in ein Becken sprechen zu lassen, von dem ein
Stab ausgeht, der zwischen die Zähne gefasst oder einen Stopfen
im Ohr gehalten wird.
Die hieher gehörigen Erfahrungen über das Hören Schwerhöriger
durch feste Theile. finden sich gesammelt in Chladwi’s
Akustik p. 262. 286. und L incke a. a. 0. p. 530.
III. Akustische Eigenschaften des Labyrinthes.
L a b y r i n t h w a s s e r .
Unter den akustischen Einrichtungen des Labyrinthes nimmt
das allgemeinste und nie fehlende zuerst die Aufmerksamkeit in
Anspruch, das Labvr,inthwasser. In allen Fällen werden nämlich
die-Schwingungen inpner erst auf Schwingungen des Wassers re-
ducirt, ehe sie de« Gehörnerven treffen. Warum hat es die Natur
bei den meisten Thieren vermieden, die den Kopfknochen mitge-
theilten Stosswellen von diesen selbst aus ohne Labyrinthwasser
auf den Hörnerven zu verpflanzen? ' Bei den Luftthieren lässt
sich sogleich als Grund anführen, dass die Miltheilung der Stosswellen
aus der Luft an die festen Theile des Kopfes zu schwierig
ist, während sie hingegen aus der Luft an Wasser durch
Vermittelung einer gespannten Membran leicht ist, mag diese
selbst das Wasser berühren oder erst durch einen beweglichen frei
begrenzten festen Körper auf dasselbe wirken. Aber bei den im
Wasser lebenden Thieren reicht diese Erklärung nicht aus. Die
Mittheilung von Schwingungen aus dem Wasser an feste Körper,
und also an die Kopfknochen (wje bei den Knochenfischen) ist leicht,