
gangen des Darmcanals sind Beispiele, die p. <22. erläutert worden
sind. .
Sehr gewohnte Bewegungen erfolgen zuletzt hei der geringsten
Intention, wie die mimischen Bewegungen det Hände heim
Sprechen. Aus allem diesem folgt, dass sich die Leitungsfähigkeit
der Nervenfasern mit der Häufigkeit ihrer Erregung ausbildet.
Daher dunkle Vorstellungen ohne deutliches Bewusstseyn oft ganz
Bestimmte und zweckmässige Bewegungen hervorrufen, wenn sie
nur öfter in dieser Folge dagewesen sind.
II. Capitel. Von d e n z u s a m m e n g e s e t z t e n w i l l k ü h r l i e h e n
Bewegungen»
Wir verstehen hierunter alle Verbindungen von Bewegungen
zu bestimmten Gruppen unter Mitwirkung des Seelenorganes.
Die im vorigen Capitel abgehandelten Arten der Bewegung können
hier als Elemente in die Zusammensetzung eingehen. Namentlich
gehören hieher die gleichzeitigen Keihen der willkühr-
lichen Bewegungen nach mehreren Reihen von Vorstellungen,
die Associationen der Bewegungen und der Vorstellungen mit
den Bewegungen, die instinctartigen Bewegungen, die coordinir-
ten Bewegungen bei der Ortsverändernng.
1) Gleichzeitige Reihen von Bewegungen.
Die willkührliche Bewegung für einen gewissen Zweck kann
an den verschiedensten Theilen des Körpers zugleich stattfinden;
aber es können auch willkührliche Bewegungen für ganz verschiedene
Zwecke zugleich ausgeführt~werden. Es schreibt einer
und raucht zugleich; man liest die Noten unter Bewegungen der
Augenmuskeln, sowohl die für den Gesang, als die für das Spiel,
und singt und spielt zugleich. Wie soll man sich die Gleichzeitigkeit
dieser Thätigkeiten erklären? Sind wir in der That im
Stande, verschiedene Reihen von Vorstellungen, die keinen Zusammenhang
haben, zu gleicher Zeit zu verfolgen, oder kann zu
einer Zeit immer nur eine Vorstellung ins Bewusstseyn fallen,
und entsteht eine so zusammengesetzte Action, wie das scheinbar
gleichzeitige Notenlesen, Singen und Spielen, doch durch ein beständiges
schnelles Abspringen der Intention auf die verschiedenen
Reihen von Acten, die zu jener Action gehören? Das Erste
ist zu erfahren, oh überhaupt die Seele zwei Reihen von Vorstellungen
nebeneinander verfolgen kann. Wenn sie diess kann,
so werden auch die zweckmässigen Bewegungen beiden entsprechend
hervorgebracht werden können. Die willkührliche Bewegung
verschiedener motorischer Apparate, z. B. der Stimmmuskeln
und der Finger zugleich, hat überhaupt keine Schwierigkeit
der Erklärung. Denn es ist gleich, ob mehrere zugleich bewegte
Muskeln an einem und demselben Gliede liegen oder sehr entfernt
von einander sind; in beiden Fällen ist die Intention des
Nervenprincips auf eine-gewisse Summe von Nervenfaserursprüngen
gerichtet. Die Schwierigkeit liegt darin, zu entscheiden, ob
die zwei.Reihen von Vorstellungen als Ursachen der Intention der
Nervenfasern zugleich stattfinden können. Ein einfaches Beispiel
zur nähern Zergliederung ist das gleichzeitige lebhafte Durchdenken
einer Angelegenheit bei einem damit gar nicht in Verbindung
stehenden Gang. Wir wollen Jemand besuchen, sind
I auf der Strasse so vertieft in anderen Gedanken, dass wir die Betonenden
nicht einmal bemerken und die Grussenden nicht sehen,
und doch kommen wir an dem Orte an, an den wir uns
deich anfänglich begeben wollten. Während der Vertiefung in
einer besonder« Reihe von Gedanken folgten wir doch zugleich
der Reihe von Bildern der Häuser und Strassen, durch welche
wir uns fast unbewusst in Hinsicht der aufzusuchenden Wohnung
orienUrten-este zur Auflösung dieser Frage liefert aber
der Unterricht in den Bewegungen. Hieü sind sie noch so langsam,
ihre Verbindung noch so schwer und ungeschickt dass wir
die Natur bei ihrem Vorgänge belauschen können. Soll ein Anfänger.
im Spiel der Guitarre oder des Claviers zugleich singen
und spielen, so sieht man deutlich, dass er die Gesang- un
I Spielnoten nicht zugleich lesen kann. Ist die Gesangnote aulgefasst
und soll sie gesungen werden, so fehlt oft noch die Clavier-
note und das Spiel des Claviers stockt, während der Gesang bereit
ist und umgekehrt. Es liegt hierbei weniger am Lesen als
am Transponiren des Gelesenen in Bewegungsideen. Jede Note
wird in unserm Sensorium zur Bewegungstendenz dieser oder jener
Muskeln der Finger und des Kehlkopfes transpomrt, und neben
diesen zweien gleichzeitigen Reihen von Transpositionen der
gelesenen Noten in Bewegungsintentionen, läuft noch die dritte nebenher,
die Umsetzung der gelesenen Wörter in Bewegungsin-
tentionen für die Sprachwerkzenge. Die letztere macht uns keine
Schwierigkeit beim Gesänge, weit wir darauf von Jugend auf eingeübt
sind; aber die Schnelligkeit der ersteren Transpositionen
wird erst durch Uebung erlangt. Aus dem vorher erwähnten
Beispiel sieht man sehr deutlich, dass die von mehreren Vorstellungen
abhängigen willkürlichen Bewegungen zwar gleichzeitig
ausgeführt, aber nicht gleichzeitig concipirt werden können.
Auch der Geübte liest fast mit Blitzesschnelligkeit dann die-
Gesangnoten, dann die Musiknoten; dadurch entsteht die Vorstellung
von ihrem Zeitverhältniss zu einander,, und die nun im
Sensorium entstandene Transposition in Bewegungsintentionen,
wird dann gleichzeitig ausgefirhrt. Man könnte^ einwerfen,
dass da zur verschiedenen Ausdauer der den zweierlei Noten
entsprechenden Bewegungen die volle Erinnerung an ihren
Werth gehöre, während sich das Sensorium schon mit den
folgenden Noten beschäftigt, , also, das Sensorium zweierlei
Dinge zugleich im Gedäebtniss festhalten und ein drittes conci-
piren könne, auch die gleichzeitige Conception von mehreien.
Bewegungsreihen, die von verschiedenen Vorstellungen abhängig
send, zugleich möglich seyn müsse. Dieser Einwurf ist jedoch
nur scheinbar richtig,; denn die Ausdauer einer Bewegung,
dem Werthe einer Note entsprechend, erfordert keine Intention
des Sensoriums; es wird vielmehr hierbei jede Bewegung solange